Motocross: Neues Buch über den WM-Einstieg von KTM
KTM ist heute in der Welt des Motocross eine Supermacht. Doch vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt und so war auch der Weg der Mattighofener in den Grand-Prix-Sport steinig und hart. Die Buchstaben KTM stehen für die Gründer Kronreif, Trunkenpolz und Mattighofen, aber als KTM Anfang der 1970er Jahre in die WM einstieg, deuteten die Protagonisten das Kürzel um in Kavinov, Trofimets und Moiseev. Moiseev holte im Jahre 1974 den ersten WM-Titel für KTM und wurde 1977 und 78 zwei weitere Male Weltmeister auf KTM. Yuri Trofimets agierte als Trainer der legendären sowjetischen Motocross-Piloten der 1970er Jahre.
Vladimir Kavinov war der erste KTM-Werksfahrer, wobei die Situation der damaligen Werksfahrer sehr unterschiedlich im Vergleich zur heutigen Situation ist. Der 7. Mai 1972 war für KTM ein denkwürdiger Tag, denn Vladimir Kavinov rückte im niederländischen Markelo erstmals mit einer KTM aus und fuhr damit an die Weltspitze.
Ende der 1960er Jahre hatte KTM damit begonnen, eigene Motoren zu entwickeln, die sich auch im Wettbewerb behaupten sollten. Die frühen Mofas und Mopeds waren mit Motoren von Puch und Rotax ausgestattet. Der Österreicher Sigi Lerner war der erste WM-Fahrer, der KTM in die WM brachte. Im Jahre 1971 tauchte KTM erstmals in den Ergebnislisten der Motocross-WM auf. Der Österreicher wurde in jenem Jahr 21. der 250er WM.
Der Deutschland-Grand-Prix fand am 4. Juli 1971 im Talkessel von Teutschenthal statt. Der Kurs hatte damals eine sehr lange Startgerade, die direkt auf den ersten Sprunghügel zuführte. In diesem Video wird der ursprüngliche Streckenverlauf gezeigt. Lerners KTM soll hier ihr volles Potenzial ausgespielt haben und so kam es nach dem Rennen zu ersten Kontakten zwischen den sowjetischen Piloten - Kavinov, Moiseev, Rulev und Kibirin - und Lerner.
Im folgenden Jahr (1972) gab es erste konkrete Annäherungen. Der sowjetische Motorsportverband DOSAAF und KTM einigten sich nach zähen Verhandlungen auf eine Kooperation, doch der schwierige Deal schien zu platzen, noch bevor er in Kraft treten sollte. Erst am 7. Mai 1972 absolvierte eine KTM im niederländischen Markelo ihre ersten Führungsrunden – mit Vladimir Kavinov. Es war bereits der 3. Grand-Prix der Saison 1972.
Wie es zum Umstieg von Kavinov von CZ auf KTM mitten in der Saison kam, ist eine filmreife Story. In der Nacht vor dem Rennen in Markelo verschwanden die Motorräder der Sowjets vor dem Hotel. So stieg Kavinov quasi ohne offizielle Erlaubnis des Verbandes auf die KTM um, die die Sowjets noch am Vorabend heimlich im Wald getestet hatten. Doch das Unternehmen drohte zu scheitern. Vor dem Start lief der Vergaser über. Das Team erwirkte einen Aufschub des Starts. Der Motor war nach dem Schwimmerproblem komplett abgesoffen, so dass das Motorrad angeschoben werden musste. Das Bike sprang in letzter Sekunde an, Kavinov fuhr zum Startgatter, was sofort fiel und er absolvierte prompt die ersten Führungsrunden für KTM in einem WM-Lauf. Am Ende wurde er im ersten Lauf Dritter. Im zweiten Lauf führte Kavinov erneut, fiel aber nach einem Kolbenfresser aus. Der Defekt war das Ergebnis der konspirativen Testfahrt, bei der nach einem Crash ein gerissener Luftfilterkasten unentdeckt blieb.
Der Krimi ging danach direkt weiter: Am darauffolgenden Donnerstag, dem 11. Mai, gab es in Rhenen ein weiteres internationales Rennen, bei dem Vladimir Kavinov auf KTM vor 25.000 begeisterten Zuschauern den ersten großen internationalen Sieg für KTM holte. Wenige Tage später, am 14. Mai 1972, ging es im tschechischen Holice in die 4. WM-Runde der 250er WM. Vladimir Kavinov gewann den Grand-Prix, diesmal allerdings wieder auf der CZ.
Nach dieser Episode war erst einmal Schluss mit KTM und den sowjetischen Fahrern. Zunächst wurden bei den Sowjets Delegierte in Unehren entlassen, aber Moiseev schrottete in dieser Saison eine CZ nach der anderen. Besonders die Räder brachen bei seinem harten Fahrstil und weiten Sprüngen immer wieder zusammen. Zwischenzeitlich kam Pavel Rulev zum Zuge und zeigte, dass die KTM ein sehr zuverlässiges und leistungsfähiges Motorrad war. Beim Saisonfinale am 27. August 1972 im schweizerischen Wohlen kam Moiseev endlich zum Zuge. Er startete auf der KTM 250, während sein Helm noch mit CZ gebrandet war – eine absurde Situation. Moiseev wurde in diesem Rennen auf Anhieb Dritter.
Dazwischen gab es zahllose weitere Dramen, die in dem neuen Buch «Motocross – Kavinov, Trofimets, Moiseev» erzählt und illustriert werden. Die Anfänge von KTM in der Motocross-WM werden hier auf eindrucksvolle Weise dargestellt. Der Autor Alexey Nasonov entschuldigt sich im Vorwort für einige sprachliche Mängel, die aber angesichts der spektakulären Geschichten kaum ins Gewicht fallen und das Buch zu einer klaren Empfehlung machen.
«Motocross» ist in lesefreundlichem A4-Format gestaltet, hat 270 Seiten im Farbruck und kostet 50€. Das Buch wird im Direktvertrieb vermarktet.
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