Mike Webb: Vom Rennfahrer zum MotoGP-Renndirektor
Seit 2012 ist Mike Webb der Race Director der MotoGP-WM. Wie kam Webb zu diesem Job? Alles begann als Rennfahrer aus Neuseeland, der auch einen Wildcard-Einsatz bestreiten durfte, später Crew-Chief in der 500-ccm-Klasse für WCM und Wayne Raineys Team wurde, ein Jahr in der Superbike-WM verbrachte und zehn Jahre Techninal Director war.
Wie hat deine Karriere im Motorsport begonnen?
Vor 30 Jahren fuhr ich nationale Rennen in Neuseeland, brauste durch die Gegend und hatte eine großartige Zeit. Zu einem Zeitpunkt gehörten mir zudem drei Motorradgeschäfte.
Ich gewann die nationale Meisterschaft in Neuseeland ein paar Mal. In einem Jahr gewann ich die GP 250-Klasse. Ich siegte in jedem Rennen bis auf eines, als das Bike den Geist aufgab. Daher dachte ich: «Whoa, ich bin wirklich gut.» Ich durfte als Wildcard-Pilot beim Grand Prix von Australien 1989 starten. Zum ersten Mal auf Phillip Island mit meiner Standard 250er... Und ich war abgeschlagen Letzter. Tatsächlich gab dann die Maschine zwei Runden vor dem Ende den Geist auf.
Das war fast das Ende meiner Rennsportkarriere, denn ich wurde immer älter, hatte aber trotzdem noch sehr viel Spaß und dachte: «Ich kann das schaffen, ich bin ziemlich gut.» Aber dann den Unterschied zwischen nationalen Rennen in Neuseeland und dem Grand Prix-Sport zu erkennen... Es ist wie Tag und Nacht.
Der Wildcard-Einsatz war eine großartige Erfahrung, aber mit meinem Alter... Ich habe erst mit 25 begonnen, also war ich zu diesem Zeitpunkt bereits 35 Jahre alt. Da mir keine weitere Karriere winkte, war das ihr Ende.
Es bekräftigte nur, was ich schon wusste. Ich hatte eine wirklich gute Zeit bei den Rennen und liebte es, aber es war mir nicht bestimmt, Weltmeister zu werden. Daher fiel mir die Entscheidung ziemlich leicht, den Rennsport zurückzuschrauben.
Dann gründete Peter Clifford 1992 ein Rennteam, als die Dorna die Weltmeisterschaft übernahm. Durch die Übernahme durch die Dorna wurde es finanziell sinnvoll ein Rennteam zu führen, was es zuvor nicht war. Peter Clifford und Bob MacLean riefen aus diesem Grund WCM ins Leben. Das passierte, während ich in Neuseeland entschied, keine Rennen mehr zu fahren. Auf meinem Heimweg vom letzten Rennen schaute ich vorbei, um Peter Clifford zu sehen und einfach «Hallo» zu sagen und eine Tasse Tee zu trinken. Er sagte: «Wir gründen ein Rennteam. Komm mit nach Europa und hilf uns.» Ich sagte: «In Ordnung.» So kam es und ich war Crew-Chief für 500-ccm-Yamaha-Teams für die nächsten zehn Jahre.
Du hast direkt als Crew-Chief begonnen?
Ja, es gab nur zwei Mechaniker, wir teilten uns die Arbeit, aber einer musste das Klemmbrett halten. Wir hatten als Privatteam viel Spaß. Nach ein paar Jahren mit Peter und Bob bei WCM verbrachte ich ein Jahr in der Superbike-WM, weil ein guter Freund von mir – Simon Crafar – eine Werks-Kawasaki erhalten hat. «Bitte Mike, komm und hilf uns.» Also machte ich das ein Jahr lang, kam aber schnell zurück in den GP-Sport und hatte das Glück, von Wayne Raineys Team engagiert zu werden.
Wayne kam gerade nach seiner Verletzung zurück und führte das Yamaha-Team. Also wurde ich Teil von Team Rainey. Ab diesem Zeitpunkt bis zum letzten Jahr der 500-ccm-Klasse arbeitete ich mit dem Yamaha-Werksteam als Crew-Chief zusammen.
Mit welchen Fahrern hast du bei Yamaha gearbeitet?
Als ich bei Wayne anfing, arbeitete ich für Norick Abe. Als Wayne das Team dann an Yamaha verkaufte und nach Hause zurückkehrte, wurde es zu Marlboro Yamaha unter der Führung von Yamaha Japan. Ich arbeitete dann mit Carlos Checa.
Was sind deine besten Erinnerungen an die Arbeit mit Abe, Checa und Rainey?
Wayne, was für ein Privileg mit diesem Mann und seinem Team zu arbeiten. Das betrifft nicht nur seine Legende durch drei WM-Titel, das ganze Wissen und die Fähigkeiten, sondern auch die Tatsache, dass er ein ehrlicher guter Kerl mit großartigem Sinn für Humor ist. Ihn in der Box zu haben, war eine riesige Hilfe für die Fahrer. Der Teamgeist war unglaublich. Ich habe noch immer Kontakt zu ihm, er organisiert nun die nationale Serie MotoAmerica in den USA. Er ist noch so leidenschaftlich wie damals.
Norick war vielleicht der netteste Rennfahrer, den ich je getroffen habe. Ein wahrhaft netter Kerl. Sein Talent war unglaublich, im wahrsten Sinne des Wortes, manchmal war es kaum zu glauben. Manchmal war es aber auch frustrierend, vor allem für ihn, denn er hatte großes Talent, aber er fühlte sich auf dem Bike nicht immer wohl. Es war, als wäre er ein Künstler. An manchen Tagen war er unglaublich gut und sein Talent floss aus ihm heraus, aber es gab auch schlechte Tage, als nichts funktionierte. Wenn sich für ihn alles richtig anfühlte, dann war es großartig, ihm zuzusehen.
Carlos war auch ein super netter Kerl, aber man bemerkte auch immer den Kämpfer, den Matador in ihm. Er trainierte hart, fuhr hart und ein kleiner Sturz konnte ihn nie aufhalten. Sein Gefühl für die Maschine war bemerkenswert, bei schwierigen Bedingungen war er immer der schnellste Mann auf der Strecke. Wir erlebten aber manchmal Probleme dabei, ihm ein Bike hinzustellen, mit dem er sich wohlfühlte. Er gab immer hundert Prozent. Wenn alles stimmte, war er brillant.