Albesiano (Aprilia): «Wussten, es ist ein Risiko»
Das Aprilia Racing Team Gresini steckt vor dem Heimrennen in Misano in keiner beneidenswerten Lage. Aleix Espargaró kommt in der WM nach 12 von 18 Rennen nicht über den 13. Platz (43 Punkte) hinaus.
Und Rookie Sam Lowes hat bisher in zwölf Rennen erst zwei Punkte eingesammelt.
Ein Blick auf die WM-Tabelle muss die Aprilia-Manager erschaudern lassen: 13. Espargaró. 22. Lowes. Nur Suzuki-Erzsatzfahrer Sylvain Guintoli liegt hinter ihm.
Zur Erinnerung: Im Vorjahr hatte Álvaro Bautista um diese Zeit schon 41 Punkte gesammelt, Stefan Bradl 39. Am Jahresende landeten Bautista (insgesamt 82 Punkte) und Bradl (total 62 Punkte) auf den WM-Rängen 12 und 16. Dann mussten beide gehen.
Trotzdem spricht Aprilia Racing-Manager Romano Albesiano von einer «definitiv positiven Saison».
Auch wenn seine düstere Miene etwas anderes offenbart.
Denn Aprilia steht immens unter Druck, Piaggio Group-Chef Roberto Colaninno demonstrierte seine Ungeduld bereits vor einem Jahr, als Bautista und Bradl beim Österreich-GP Frühstarts hinlegten und Aprilia den Piloten mangelnde Professionalität vorwarf.
Nachfolger Aleix Espargaró legte aber 2017 auch schon einen Frühstart hin.
Und wenn der schnelle Spanier im Rennen gut unterwegs war, stoppte ihn gelegentlich ein Motor- oder Getriebeschaden.
«Wir haben für 2017 beide Fahrer getauscht. Wir wussten, dass wir damit ein Risiko eingingen. Uns war aber gleichzeitig bewusst, dass sich dadurch mehr Möglichkeiten ergaben», betont Albesiano. «Wir sind sehr, sehr happy mit dem Beitrag, den Aleix bisher bei der Entwicklung des Motorrads geleistet hat. Unsere Strategie basierte auf einem Rookie und einem erfahrenen Piloten. Der erfahrene Pilot erfüllt alle Erwartungen, auch wenn sich das in der WM-Tabelle nicht niederschlägt. Und Sam wollten wir mehr Zeit geben, um sein Potenzial zu zeigen.»
Aber sechs Rennen nach dieser Aussage wurde in Österreich bereits Scott Redding als neuer Aprilia-Fahrer für 2018 präsentiert – anstelle von Sam Lowes.
Die Schlagkraft der Aprilia RS-GP 17 hat sich verbessert, auch wenn die Standfestigkeit durch die Erhöhung der Motorleistung gelitten hat.
«Der schönste Teil an diesem Job ist, dass du fortwährend neue Teile kreierst», stellte Albesiano fest. «Die Motorrad-Balance, die Elektronik – das funktioniert recht gut. Unser größter Schwachpunkt ist die Motorleistung. Da müssen wir uns verbessern, da investieren wir den Großteil unserer Bemühungen. Die Resultate können sich sehen lassen. Aber wir machen weiter Druck.»
Manchmal scheint bei Aprilia wegen des Drucks des Eigentümers nicht genug Zeit zu sein, um neue Leistungskomponenten ausreichenden Ausdauertests auf dem Prüfstand zu unterziehen. Dadurch leidet die Zuverlässigkeit.
«Das ist frustrierend», wetterte Aleix Espargaró mehrmals über diese unbefriedigende Situation.
«Wir befinden uns in einer Lernkurve», sagt Albesiano über den 1000-ccm-V4-Motor, der im Februar 2016 erstmals auf der Rennstrecke getestet wurde und im Frühjahr 2016 auf dem Prüfstand nur 245 PS leistete, wie Bradls Data-Recording-Techniker Marcus Eschenbacher damals verriet.
«Wir reizen den Motor bis zum Limit aus. In dieser Lernphase müssen wir erkunden, wo ist der exakte Punkt, bis zu dem du gehen kannst. Wir haben auf diese Weise ein paar harte Lektionen lernen müssen. Ich hoffe, wir haben daraus unsere Lehren gezogen.»