KTM 2019: Was alles für Tech3 als Kundenteam sprach
Red Bull und Tech3 haben sich verbündet
Bei Red Bull KTM war von Anfang an geplant, so bald wie möglich nach dem MotoGP-Einstieg auch ein Kundenteam auszurüsten.
Doch Firmenchef Stefan Pierer, Motorsport-Direktor Pit Beirer, Teammanager Mike Leitner und allen Technikern fiel ein Stein vom Herzen, als sich für 2018 noch kein privates Team für einen Umstieg auf KTM interessierte.
Denn die KTM RC16 war noch nicht ausgereift, auch wenn seit Asen Ende Juni 2017 immer ein KTM-Fahrer zwischen Platz 9 und 11 landete und insgesamt fünf Top-Ten-Ergebnisse erzielt wurden.
Aber für 2019 stand die Belieferung eines MotoGP-Satellitenteams nie außer Frage.
Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender der KTM Group, hatte gegenüber SPEEDWEEK.com schon im Sommer beim Spielberg-GP und beim Valencia-GP im November versichert, dass ab 2019 vier KTM in die WM geschickt werden.
Und keine Vorjahresmaschinen – so ist es geplant.
Aber natürlich werden die neuen Entwicklungsteile zuerst dem Werksteam zukommen.
Es stand sechs prinzipiell sechs Kundenteams zur Auswahl.
Aber es wurde nur mit Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal ernsthaft verhandelt, und das hat triftige Gründe.
Erstens gilt der 62-jährige Franzose als Gentleman unter den Teambesitzern, er teilt die Leidenschaft mit dem Rennsport mit der «Ready to Race»-Mentalität der Mattighofener, er ist der geeignete Mann für den Betrieb eines MotoGP-Junior-Teams, in dem KTM und Red Bull Moto2-Talente wie Oliveira und Brad Binder zur Entfaltung bringen können, der Tech3-Rennstall blickt auf eine lange Liste von Erfolgen zurück – und er verfügt über eine respektable Technik-Crew. Der unverwüstliche Techniker Guy Coulon, ein Urgestein im Paddock, baut nebenbei sogar eigene Moto2-Maschinen!
Poncharal hat für Yamaha zwar auch schon Routiniers wie Colin Edwards und Andrea Dovizioso betreut, er hat aber schon viele Rookies in die Königsklasse gebracht – wie Cal Crutchlow, Bradley Smith, Pol Espargaró, Jonas Folger, Johann Zarco und jetzt Hafizh Syahrin.
Und bei Poncharal hatte sich der Groll gegenüber der teilweise fragwürdigen Politik der Japaner von Yamaha über Jahre hinweg aufgestaut.
Yamaha gewann zwar 2017 den 500. Grand Prix, aber selbst KTM ist heute wesentlich aktiver und ist deutlich mehr Meisterschaften vertreten als der zweitgrößte Motorradhersteller.
Warum wurden Teams wie LCR, Marc VDS, Reale Avintia, das Ángel Nieto Team und Gresini von KTM nicht ernsthaft in Betracht gezogen?
Nun, Fausto Gresini hat 2015 einen unterschrieben KTM-Moto3-Vertrag innerhalb von zwei Wochen widerrufen und ist auf Honda umgestiegen. Außerdem ist er mit Aprilia verbünde, auch wenn dieser Vertrag nach vier Jahren Ende 2018 endet.
LCR ist seit 2006 eng mit Honda und HRC verknüpft, Teambesitzer Lucio Cecchinello macht kein Geheimnis daraus, dass er diese Zusammenarbeit mit dem weltgrößten Hersteller fortführen will.
Marc VDS Honda stand zwar bei KTM zur Diskussion, weil dort das Budget bis Ende 2021 durch Bier-Milliardär Marc van der Straten (VDS) gesichert ist.
«Aber ich habe mit KTM und Pit Beirer nie verhandelt», sagt Marc VDS-Teammanager Michael Bartholemy.
Der Belgier hatte nach dem Flop von David Pickworth, dessen Übernahme des Kiefer-Teams vor Weihnachten scheiterte, am 21. Dezember bei KTM angefragt, ob er die Maschinen des Kiefer-Teams bekommen könnte. Aber er bekam keine Antwort und wunderte sich, warum KTM den damals auf wackligen finanziellen stehenden Teams Kiefer und CGBM den Vorzug gab.
Dass der VDS-Hauptsponsor die alkoholfreie Biermarke Estrella Galicia 0,0 ist, mag bei den KTM-Überlegungen auch eine Rolle gespielt haben – es ist eine Getränkefirma und passt nicht ideal zu KTM-Partner Red Bull.
Das Reale Avintia Ducati-Team war für KTM natürlich auch nicht die erste Adrese, denn dort herrscht Geldknappheit, weil Avintia die Zuschüsse von 2ß16 auf 2017 von 32 Mio auf 0,6 Mio gekürzt hat.
Deshalb treten dort jetzt mit Tito Rabat und Xavier Siméon gleich zwei Bezahlfahrer an.
Mit dem Ángel Nieto Team von Jorge «Aspar» Martinez arbeitet KTM zwar neu in der Moto3 zusammen, aber dieser Rennstall hat fast ausnahmslose spanische Sponsoren, er ist für KTM nicht international genug – und spielt in der MotoGP bisher nur die zweite Geige.
Deshalb war jedem, der eins und eins zusammenzählte konnte, seit Monate klar: Der KTM-Partner 2019 wird Tech3 heißen.
Dass Hervé Poncharal nebenberuflich noch einflussreicher und unumstrittener Präsident der Teamvereinigung IRTA ist, kommt als willkommener Bonus dazu.