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Lin Jarvis (Yamaha): «Wir hätten gern ein Kundenteam»

Von Günther Wiesinger
Lin Jarvis

Lin Jarvis

Der französische Tech3-Rennstall wechselt nach 20 Yamaha-Jahren zu KTM. Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis bemüht sich um ein Ersatzteam, Marc VDS gilt als Frontrunner.

Maverick Viñales hat im Winter 2016/2017 alle Testfahrten dominiert und dann drei der ersten vier Grand Prix 2017 gewonnen, den letzten in Le Mans im Mai.

Danach riss die Erfolgsserie des Spaniers ab, er fiel in der WM-Tabelle auf dem dritten Gesamtrang zurück.

Über die Gründe, warum Viñales seit einem Jahr nicht gewonnen hat, ist viel spekuliert worden.

Yamaha habe das neue Chassis auf den Geschmack von Rossi maßgeschneidert, außerdem sei Viñales mit der neuen Reifengeneration von Michelin nicht zurechtgekommen, wurde ins Treffen geführt.

Aber: Honda und Ducati haben sich nach dem schwierigen Frühjahr 2017 deutlich gesteigert, bei Movistar-Yamaha stand die Entwicklung still – oder sie zielte in die falsche Richtung.

«Honda hatte im Frühjahr 2017 Probleme mit der Elektronik, die haben sie dann in den Griff bekommen», meint Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing.

Yamaha hat diese Entwicklung verschlafen. «Honda und Ducati haben letztes Jahr mehr Geld und Manpower in die Entwicklung der Motorsteuerung von Magneti Marelli investiert», ist Rossi überzeugt.

Bei Yamaha sind einige Elektronik-Spezialisten abhandengekommen – Andrea Zugna ging zu Repsol-Honda, Lorenzos Daten-Ingenieur Carlo Luzzi arbeitet jetzt bei HRC für Márquez. Ex-Yamaha-Mann Cristian Battaglia kümmert sich bei Pramac-Ducati um das ECU-Set-up Danilo Petrucci.

Yamaha hat zwar 2018 mit Johann Zarco in diesem Jahr schon zwei zweite Plätze herausgefahren, dazu einen mit Viñales und einen dritten Platz in Doha mit Rossi, aber die Niederlagen gegen Tech3-Yamaha-Privatfahrer Zarco nerven die Movistar-Mannschaft.

Außerdem könnte die unangenehme Situation eintreten, dass Yamaha nach 20 Jahren kein MotoGP-Kundenteam mehr findet, obwohl Zarco der stärkste Privatfahrer der Gegenwart ist.

Denn Marc VDS Racing liebäugelt mit Suzuki, auch wenn die Verhandlungen mit Yamaha noch weitergehen.

Bei Ducati Corse sagt General Manager Gigi Dall’Igna: «Ich gehe davon aus, dass wir nicht nur mit Pramac, sondern auch mit den Teams Ángel Nieto und Avintia weitermachen. Wir stehen kurz davor, die Verträge mit ihnen zu verlängern. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns innerhalb der nächsten zwei Rennen einigen.»

Welche Ducati-Kundenteams dann Desmosedici-Motorräder des Jahrgangs 2019, 2018 und 2017 verwenden werden, wird von den Fahrerbesetzungen abhängen. Dall’Igna: «Darüber reden wir noch.»

Marc VDS plant für Freitag in Le Mans noch einmal Gespräche mit dem Yamaha-Management.

Ist Lin Jarvis zuversichtlich, auch 2019 ein MotoGP-Kundenteam beliefern zu können? «Hm. Du hast deine Worte sehr sorgfältig gewählt. Bin ich zuversichtlich? Ich gebe dir eine politische Antwort. Wir würden gern eine Situation haben, wo wir wieder ein Satellitenteam haben, weil wir glauben, das wäre gut für uns und gut für den Sport. Es ist unser Ziel. Aber ich werde erst zuversichtlich sein, wenn ich einen unterschriebenen Vertrag in der Hand habe.»

Gibt es außer Marc VDS Racing einen zweiten ernsthaften Kandidaten? Lin Jarvis: «Wir führen Gespräche mit mehr als einem Team. Aber unser Ziel ist es, das konkurrenzfähigste Team an uns zu binden. Deshalb ist das Marc VDS Team im Moment bei uns der Frontrunner, unser Spitzenkandidat.»

Gab es auch Gespräche mit Pramac-Ducati? «Ich habe immer das Gefühl gehabt, Pramac sei sehr eng mit Ducati verbündet. Ihre Fahrer haben Ducati-Werksverträge», weiß Jarvis. «Also ist das eine sehr unwahrscheinliche Möglichkeit. Wir haben sehr hohen Respekt vor diesem Team, wir kennen Teambesitzer Paolo Campinoti sehr gut, er ist ein Freund. Ich wäre überrascht, wenn er zu einem anderen Hersteller wechseln würde.»

«Es gibt viele Gründe, warum wir gern weiter ein Satellitenteam beliefern würden. Wenn du vier Bikes auf dem Grid hast, bekommst du mehr Daten als bei zwei Maschinen», erklärte Jarvis im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com. «Wir wollen den Sport und Yamaha promoten, das spricht ebenfalls für zwei Teams. Es gibt uns auch die Gelegenheit, junge Fahrer in die MotoGP zu bringen. Zarco ist ein gutes Beispiel. Wenn einer unserer Fahrer aus dem Werksteam den Vertrag nicht verlängert hätte, hätten wir den Platz ganz sicher Johann angeboten. Daran gibt es absolut keinen Zweifel. Deshalb würden wir uns freuen, wenn wir weiter vier MotoGP-Fahrer im Yamaha-Pool hätten – wie in der Vergangenheit. Wir haben auch Ben Spies 2011 von Tech3 ins Werksteam geholt. Wenn du kein Kundenteam hast, fehlt dir diese Möglichkeit.»

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