Sachsenring-GP-Zukunft: Das unaufhaltsame Fiasko
Sachsenring: Bleibt er GP-Standort? Und wer veranstaltet?
Sachsenring-GP-Promoter SRM war vom ersten Tag an überfordert. Seit 2012 häufen sich die Verluste. Und jetzt hat der ADAC der finanziell auf wackligen Beinen stehenden SRM im Handumdrehen die Geschäftsgrundlage für die Zeit nach 2018 entzogen.
Dieses Szenario drohte seit 2016, aber die SRM hat sich keine Sekunde lang darauf vorbereitet. Dieses Versäumnis wird sich bitter rächen.
In Wirklichkeit war die Zusammenarbeit zwischen ADAC e.V. und der Sachsenring Rennstrecken Management Gmbh (SRM) für fünf Jahre geplant – von 2017 bis inklusive 2021.
Aber am Mittwoch hat der ADAC den Vertrag für 2019 und die folgenden Jahre gekündigt.
Im Mittelpunkt des Zerwürfnisses steht ein Disput um die Finanzierung des deutschen Motorrad-GP, der für die SRM GmbH 2017 mit einem Fiasko endete – der Verlust betrug 900.000 Euro. Für 2018 droht ein ähnlich dramatisches Ergebnis.
Kommt nach dem MotoGP-Event 2018 das Aus für den Sachsenring-GP, der 1998 nach Hohenstein-Ernstthal geholt wurde?
«Die SRM als unser Vertragspartner hat ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen können. Daher sind wir gezwungen, den Vertrag mit der SRM zu kündigen, da mögliche finanzielle Verpflichtungen nicht zulasten unserer Mitglieder gehen dürfen», teilte der ADAC mit.
SRM-Geschäftsführerin Nadin Pohlers dementiert, die SRM habe Schulden beim ADAC. «Wir sind immer allen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen», beteuerte sie im Gespräch mit der Freien Presse.
Aber einen Grund für die Kündigung nannten SRM und ADAC nicht.
Es geht auf jeden Fall ums Geld. Über die Gründe wird spekuliert.
Üblicherweise verlangt die Dorna eine Bankgarantie für die 4 Millionen Euro Austragungsgebühr. Eventuell will die Sparkasse Chemnitz für diesen Betrag nach den Verlusten von 2017 nicht mehr geradestehen.
Aber das hätten die nicht sonderlich umsichtig agierenden SRM-Gesellschafter bereits bei der Vertragsverlängerung nach 2016 alles berücksichtigen müssen.
«Der SRM war bei Vertragsschluss bekannt, welche finanzielle Verpflichtung auf sie zukommt», schreibt der ADAC genüsslich in seiner lapidaren Erklärung.
Doch die SRM bezeichnet diese Bedingungen als «nicht erfüllbar» und behauptet, dass die Vorgaben des internationalen WM-Promoters, der Dorna, stets eingehalten wurden, was aber mit der Kündigung nichts zu tun hat und nie bestritten wurde.
Im August 2016 hatten ADAC und SRM nach langwierigen Verhandlungen einen neuen Fünfjahresvertrag vereinbart. Von 2012 bis 2016 hat die SRM den Sachsenring-GP bereits fünfmal veranstaltet, weil sich der ADAC Sachsen als Promoter im September 2011 zurückgezogen hatte.
Die SRM möchte nun Gespräche mit der Dorna führen. Doch da wird Frau Pohlers auf Granit beißen und vor verschlossenen Türen stehen. Denn Vertragspartner der Dorna für den GP von Deutschland ist der ADAC e.V. – und zwar seit mehr als 20 Jahren.
Die Dorna hat dem ADAC-Funktionäre inzwischen sogar die Frist vom 30. Mai verlängert. Bis zum Sommer muss sich der ADAC jetzt überlegen, wo und mit wem er den WM-Lauf 2019 und in den Jahren danach austragen will.
Theoretisch kann der ADAC auch selbst als Promoter in Erscheinung treten – wie einst auf dem Nürburgring. Der ADAC Sachsen als sportlicher Ausrichter war auch für die SRM unverzichtbar. Er könnte auch dem ADAC München als Partrner zur Seite stehen.
Nadin Pohlers rechnet mit Unterstützung des Freistaats Sachsen. Die Frage, in welcher Form die Staatsregierung eingreifen will, wurde bisher beantwortet.
Eventuell kommt es sogar zu einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen Dorna, ADAC und dem Freistaat Sachsen. Auch bei vielen anderen Grand Prix hat sich die Dorna die staatlichen Behörden als verlässliche Partner ausgesucht.
Der Nürburgring verfügt momentan keine Grade-A-Homologation der FIM, die aber für einen Grand Prix zwingend erforderlich ist.
«Wir haben Gespräche mit verschiedenen Veranstaltern und Rennstrecken aufgenommen», lautet das Statement des ADAC.
«Unser Ziel ist es nach wie vor, die Zukunft des Motorrad-Grand-Prix von Deutschland über das Jahr 2018 hinaus langfristig sicherzustellen – idealerweise auf dem Sachsenring», ist vom ADAC zu hören.
Aber momentan ist für die Zeit nach dem Grand Prix 2018 alles in Schwebe. Inzwischen sind auch die Medien in Sachsen hellhörig geworden. «Der nächste Schritt zum Niedergang», lautete eine Schlagzeile in der Freien Presse.
Dass die SRM diesen Niedergang durch ihren langjährigen betriebswirtschaftlichen Dilettantismus, mangelhaftes Marketing und fehlendes Lobbying weitgehend selbst verschuldet hat, dämmert jetzt auch den hartnäckigsten Sachsenring-Befürwortern, die am liebsten die Wessies dafür verantwortlich machen würden.
Vor einem Jahr wurde der Belag auf dem Sachsenring für rund 3,5 Millionen Euro erneuert, im Bewusstsein, einen neuen Fünfjahresvertrag in der Tasche zu haben.
Was dieser Vertrag wert war, weiß die SRM-Geschäftsführerin Nadin Pohlers seit 24. Mai.