Wie Matthias Moser den Sachsenring-GP retten will
Matthias Moser: Früher Investment-Banker, heute Motorrad-verrückt
Im Rennsport wurde Matthias Moser als Teamchef in der IDM und später der Superstock-1000-EM bekannt, Sohn Marc fuhr selbst. Seit 2018 ist sein Kind Triple-M für Hondas Satelliten-Team in der Superbike-WM verantwortlich.
«Motorräder sind meine große Leidenschaft, da bin ich mit dem Herz dabei», sagt der Eigentümer von Ducati Frankfurt, der als Investment-Banker zu Geld kam. Bis April 2016 war Moser einer der wichtigsten Manager von Immobilieninvestor Patrizia, für das Augsburger Unternehmen hat er mehrere Milliarden-Übernahmen eingefädelt. Diese Geschäfte brachten Patrizia Gewinne im dreistelligen Millionen-Bereich.
Vor seinem Job bei Patrizia war der heute 54-Jährige Deutschland-Chef des New Yorker Finanzinvestors Fortress, dessen Mitgründer und damaliger Europa-Chef Robert Kauffman 2011 wegen eines Immobilienskandals bundesweit in die Schlagzeilen geriet. Davor arbeitete Moser für die Deutsche Bank.
«Seit 2000 habe ich knapp 20 Milliarden Euro investiert», sagt der Hesse. «Das ist ein Geschäft, das ich sehr gut verstehe. Da gibt es in Deutschland sonst keinen, der das geschafft hat.»
Zum Stichtag 30. September 2018 plant Moser 75 Prozent Anteile an der Sachsenring Management GmbH (SRM) zu übernehmen. Die Firma, die sich zu 100 Prozent in öffentlicher Hand befindet, veranstaltete seit 2012 den Sachsenring-GP und trug das alleinige finanzielle Risiko. Doch den Vertrag mit WM-Promoter Dorna für den deutschen Grand Prix hat der ADAC, er läuft bis einschließlich 2021.
Ob die SRM auch 2019 und möglicherweise darüber hinaus den Sachsenring-GP ausrichten wird, entscheidet sich Ende Juli.
SPEEDWEEK.com führte mit Matthias Moser ein Exklusiv-Interview.
Matthias, warum willst du Anteile an der SRM kaufen?
Der Sachsenring-Grand-Prix war immer schon die absolute Super-Veranstaltung. Als sich mir die Chance eröffnet hat mich dort zu engagieren, habe ich genauer hingeguckt und das über das letzte Jahr hinweg intensiv geprüft. Auch mit Hilfe einer großen Rechtsanwaltskanzlei und Wirtschaftsprüfern, die Gesellschaft hat auch alles offengelegt. Dann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sich mein Engagement durchaus lohnen könnte.
Die Veranstaltung läuft sehr gut, von der Organisation ist alles in Ordnung, da muss ich mich nicht groß drum kümmern. Aber bei der Vermarktung gibt es Potenzial. Und es gibt relativ viele Trittbrettfahrer, die in Zukunft auch einen Beitrag leisten müssen.
Wenn man das alles zusammennimmt und sich die Kostenstruktur anguckt, dann kann sich das wirtschaftlich rechnen – sonst würde ich das nicht machen. Insofern bin ich in der Lage, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, und eine Trauminvestition für mich persönlich zu machen, die sich mittel- und langfristig auf jeden Fall rechnen kann.
BILD berichtete, du würdest dich mit 300.000 Euro einbringen, was 75 Prozent der Anteile entspricht. Stimmt das?
Die 300.000 kann ich nicht bestätigen, die 75 Prozent Anteile schon. Für mich ist ganz wichtig, dass die jetzigen Anteilseigner auch langfristig engagiert bleiben. Diese Sache lebt mit der Region, es war immer meine Bedingung, dass die vier Gemeinden Hohenstein-Ernstthal, Gersdorf, Oberlungwitz, Bernsdorf und der Landkreis Zwickau weiterhin beteiligt bleiben.
Im Moment ist die SRM GmbH zu 100 Prozent im öffentlichen Besitz, es handelt sich um eine Privatisierung der Gesellschaft.
Wirst du die Stammeinlage der Gesellschaft erhöhen?
Nein. Wenn ich die Gesellschaft finanziere, dann gibt es viel günstigere und flexiblere Methoden, als die Erhöhung der Stammeinlage. Mit so etwas kenne ich mich gut aus, das habe ich meiner Lebtage gemacht.
Wie stellst du dir vor, den angehäuften Schuldenberg der SRM abzutragen?
Was für ein Schuldenberg? Ich habe keinen Schuldenberg gefunden, als ich das geprüft habe.
Woher will jemand diese Zahlen kennen, sie sind nicht veröffentlicht. Es gibt keine Schulden in der Gesellschaft.
Die SRM hat ein Plus auf dem Konto?
Das hängt ganz davon ab, wie der Grand Prix 2018 ausgeht. Das sieht ganz gut aus.
Zum heutigen Datum ist die Gesellschaft nicht überschuldet und ich übernehme auch keine Schulden.
In den letzten Jahren wurde Gewinn gemacht. Ob die Gesellschaft Gewinn macht oder nicht, hängt stark von den Zuschauerzahlen ab. Dieses Jahr waren sie sehr gut, letztes Jahr nicht. Dieses Jahr waren es über 30.000 Zuschauer mehr als letztes Jahr, das ist sehr ordentlich.
Der Business-Plan sieht so aus, dass wir versuchen die Zuschauerzahlen konstant zu halten und zu steigern, obwohl die Auslastung letztes Wochenende schon sehr gut war.
Außerdem werde ich etwas an der Kostenstruktur machen und die Trittbrettfahrer zur Kasse bitten. In der kommerziellen Vermarktung gibt es auch Potenzial.
Wo siehst du Ansatzpunkte, die Kosten zu senken?
Auf jeden Fall bei den Trittbrettfahrern. Ankerberg, Campingplatz, da muss sich etwas ändern. Da sind Leute, die leisten keinerlei Beitrag und profitieren enorm. Da müssen wir eine einvernehmliche Lösung finden, damit ein Beitrag geleistet wird.
Dass Privattribünen wie Besico zu den Trittbrettfahrern gehören, ist Käse. Sie leisten einen sehr ordentlichen Beitrag zum Grand Prix. Da werden wir auch noch mal über einen höheren Beitrag sprechen, aber das sind nicht die übelsten Trittbrettfahrer, auf keinen Fall.
Wer sind sie dann?
Das gehört nicht hierher.
Ein Insider sagte SPEEDWEEK.com gegenüber, am Rennsonntag wären es nur 57.000 zahlende Zuschauer gewesen.
Ich weiß es nicht.
Woher wisst ihr das? Das könnt ihr gar nicht wissen. Das sind irgendwelche Typen vom ADAC Sachsen, die euch so etwas sagen, die überhaupt keine Ahnung haben. Diese Zahl weiß nur eine, Frau Pohlers. Den einzigen Zugang zum Abrechnungssystem für die Auswertung hat Frau Pohlers. Ich kann dir sicher sagen: Diese Zahl ist noch keinem mitgeteilt worden.
Die ganzen Zahlen, die genannt wurden, haben mit der Realität nichts zu tun. Überhaupt nichts.
Bei wieviel zahlenden Zuschauern liegt der Break-even?
Das hängt von der Kostenstruktur und den anderen Einnahmen ab.
Die Veranstaltung ist auch ohne Subventionen vom Freistaat Sachsen gewinnbringend?
Absolut. Ich habe noch nie eine Investition gemacht, die nur von Subventionen abhängt.
Du hast diesbezüglich von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer auch keine Zusicherungen bekommen?
Ich habe die Zusicherung bekommen, dass die Landesregierung immer hinter diesem Grand Prix steht und alles tun wird, den Grand Prix auf dem Sachsenring zu halten und zu unterstützen. Das hat er mir und Carmelo Ezpeleta in die Hand versprochen.
Vom Ministerpräsidenten halte ich extrem viel, das ist ein direkter Typ, der klare Aussagen macht, auf die man sich auch verlassen kann. Diese Erfahrung hatte ich mit anderen Politikern nicht. Er beschäftigt sich mit den tatsächlichen Problemen der Leute.
Er hat die Eröffnungsrede gehalten, eine ganz kurze Rede. Das war kein Blabla, er sagte gleich im ersten Satz: «Ich bin hier, weil ich den Grand Prix auf dem Sachsenring retten will.» Das fand ich super. Genau so hat er bei Ezpeleta agiert.
Nach finanzieller Unterstützung habe ich nicht gefragt und er hat sie mir auch nicht angeboten.
Hattest du persönliche Gespräche mit Dorna-Boss Ezpeleta?
Nur das zusammen mit dem Ministerpräsidenten.
Wie ist deine Einschätzung vom Personal der SRM?
Frau Pohlers ist die Geschäftsführerin. Ich bin letzten Mittwoch zum Sachsenring angereist, um mir einen genauen Überblick zu verschaffen, wie und ob das funktioniert. Das Team von Frau Pohlers funktioniert super, ich bin begeistert. Die haben die Organisation perfekt im Griff, es gab keinerlei Probleme.
Alles hat reibungslos funktioniert, sie hatten die Veranstaltung super im Griff. Ich saß bei denen mitten im Büro, hatte meinen eigenen Schreibtisch und konnte alles genau verfolgen. Das Team der SRM ist höchst professionell, ich bin froh, dass ich so ein Team habe, wenn ich denn die Gesellschaft kaufe.
Der Sinn der SRM steht und fällt mit der Zusage des ADAC.
Das sehe ich nicht so.
Die Dorna hat den Vertrag für den Deutschland-GP mit dem ADAC und nicht mit der SRM.
Wenn der ADAC keinen Kurs liefern kann, dann muss er den Vertrag zurückgeben.
Das wäre der nächste Schritt. Aber Stand heute ist es so, dass die Dorna für die kommenden drei Jahre einen Vertrag mit dem ADAC hat.
Das ist richtig. Aber der ADAC muss bis Ende Juli eine Rennstrecke für nächstes Jahr nominieren. Wenn er das nicht macht, dann gibt es keinen Vertrag mehr zwischen der Dorna und dem ADAC.
Ist es mittelfristig dein Ziel, den Vertrag direkt mit der Dorna zu machen?
Nein, ich hätte den ADAC sehr gerne dabei.
Der ADAC gibt dieser ganzen Veranstaltung zusätzliches Prestige und zusätzlichen Status, aus diesem Grund hätte ich den ADAC sehr sehr gerne dabei. Für mich wäre das unangenehm, wenn wir den Vertrag direkt machen müssten.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das der ADAC wollen kann. Der Name ADAC ist in der Vergangenheit vor allem mit Begriffen wie Rettung, Förderung und Hilfe verbunden. Jetzt auf einmal wird der ADAC-Vertreter, der den Pokal übergibt, von den Fans ausgepfiffen und es gibt am Samstagabend eine Demonstration von fast 800 Leuten. Das kann der ADAC doch nicht wollen. Ich kann nicht verstehen, wie man so etwas anbrennen lassen kann. Deshalb glaube ich immer noch daran, dass es eine gemeinschaftliche Lösung gibt und ich arbeite auch dafür.
Ich will den ADAC gerne dabei haben. Wenn der ADAC aber aus internen Gründen beschließt, dass er keinerlei Risiken eingehen und keinerlei Kosten übernehmen will und er sich nur mit seinem Namen und sonst mit gar nichts engagiert, dann müssen wir es halt direkt mit der Dorna machen. Da habe ich auch kein Problem damit.
Ist es vorstellbar, dass der ADAC mit der SRM in der Vergangenheit sogar Geld verdient hat?
Das ist vorstellbar, ja.
Die Gebühr, welche die Dorna vom ADAC verlangt hat, muss ja nicht identisch sein mit der Gebühr, welche der ADAC bei der SRM aufrief.
Das ist eine Vermutung, die nicht von der Hand zu weisen ist.
Gibt es von ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk Signale, die dich vermuten lassen, dass es zwischen ADAC und SRM weitergeht?
Nein.
Wir haben das Ende März mit dem ADAC besprochen, mit Herrn Tomczyk direkt. Da war ich dabei, ich erinnere mich an ein extrem angenehmes und freundliches Meeting. Als Herr Tomczyk noch involviert war. Inwiefern er jetzt noch involviert ist, weiß ich nicht. Wir haben danach mit ihm persönlich keine Gespräche mehr geführt, sondern nur mit dem Team, das sich darum kümmert.
Dass das Tuch zerschnitten ist, ist totaler Quatsch. In allen Gesprächen war der Ton sehr freundlich, wir haben überlegt, was die eine und was die andere Partei machen kann. Die Kommunikation ist weiter zu 100 Prozent gegeben.
Trotzdem ist es möglich, dass der ADAC einen anderen Partner als die SRM wählt. Dass der ADAC selbst als Promoter auftritt, dass es wieder der ADAC Sachsen macht oder der Freistaat Sachsen.
Der Freistaat Sachsen ist nicht möglich. Der Ministerpräsident hat klar zum Ausdruck gebracht, dass die einzige Option am Sachsenring die SRM ist. Andere Promoter wird er nicht unterstützen.
Ein anderer Promoter könnte es ohne Unterstützung vom Freistaat Sachsen machen.
Sofern er die Lärmtage bekommt. Die Lärmtage für 2019 hat die SRM. Ich glaube nicht, dass es tatsächlich eine Option ist, dass es jemand anders am Sachsenring macht. Da sind die vertraglichen Verhältnisse zu klar.
Das war ein Schwerpunkt meiner Prüfung: Ob es einfach ist, an der SRM vorbei den Grand Prix zu veranstalten. Das Ergebnis meiner Prüfung war, dass das auf dem Sachsenring eigentlich nicht möglich ist.