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Steueraffäre Sachsenring-GP: Ein Schildbürgerstreich

Von Günther Wiesinger
Die Steueraffäre dürfte sich bald in Luft auflösen

Die Steueraffäre dürfte sich bald in Luft auflösen

Beim Katar-GP drohten etliche Teambesitzer und Teammanager mit einem Boykott des Sachsenring-GP – wegen ungerechtfertigten Steuerbescheiden. Jetzt dürfte sich das Problem in Wohlgefallen auflösen.

SPEEDWEEK.com berichtete am vergangenen Freitag exklusiv, dass sich die Teamvereinigung IRTA im Zusammenhang mit dem deutschen Motorrad-GP erhebliche Sorgen mache, weil das Finanzamt Zwickau von etlichen ausländischen GP-Teams die Ausländersteuer nachträglich einforderte. Und zwar teilweise rückwirkend bis ins Jahr 2010, obwohl durch ein Erkenntnis des Bundeszentralamts für Steuern in Bonn als oberste deutsche Steuerbehörde längst feststeht, dass diese Steuer nur für den «Performer» anfällt, also für den Künstler, Sänger, Artisten oder Sportler und so weiter, der die Performance vollführt, also nicht für die Teams.

Die Beteiligten wunderten sich, dass der Freistaat Sachsen einerseits 900.000 Euro für die Verbesserung der Infrastruktur des Sachsenrings freigibt und anderseits ein paar übereifrige Finanzbeamte aus Zwickau auf die Teams losgehen lässt, die danach ernsthaft über einen Boykott des GP von Deutschland nachdachten.

Denn einzelne MotoGP-Teams sollten bis zu 1 Million Euro an Steuern nachzahlen, es gab gültige Bescheide, die Teams waren im Dezember 2018 und Januar 2019 aus Zwickau angeschrieben und eingeschüchtert worden. Sie fürchteten, bei Nichtbezahlung der angeblichen Steuerschuld würden sogar bei Durchfahrten in Deutschland Trucks und Rennmaterial beschlagnahmt werden.

Nach der Berichterstattung von SPEEDWEEK.com war in Sachsen und beim ADAC vielfach von einem Schildbürgerstreich die Rede. Offenbar weiß in Sachsen die rechte Hand nicht, was die linke tut.

Die Sachsenring-Fans bangten um den Fortbeststand des Grand Prix, denn für manche Teams ging es um die Existenz. Sie überlegten wegen dieser delikaten Steueraffäre ernsthaft, künftig einen weiten Bogen um Deutschland zu machen.

Seit letzter Woche liefen die Telefondrähte heiß. Die Dorna wandte sich als Inhaber der kommerziellen MotoGP-Rechte und Vertragspartner an den ADAC und bat ihn um Hilfe in dieser leidigen Angelegenheit.

«Die Dorna hat uns über die Angelegenheit informiert, nachdem verschiedene Teams entsprechende Bescheide erhalten haben. Die betroffenen Teams haben in Deutschland rechtliche Beratung eingeholt und stehen aktuell im Dialog mit den Behörden. Wir unterstützen diese Gespräche mit unserer Expertise und versuchen zu vermitteln, mit dem Ziel, dass sich das Thema im Sinne aller Beteiligten unkompliziert klärt. Nach aktuellem Kenntnisstand gehen wir davon aus, dass sich die die Angelegenheit zwischen Teams und Finanzbehörde klärt und es keine Auswirkungen auf die Veranstaltung geben wird», erklärte ein ADAC-Sprecher heute gegenüber SPEEDWEEK.com.

Der deutsche GP-Veranstalter unternimmt alles, um die Teams zu beschwichtigen. «Das ist eine unnötige Aufregung, denn der Veranstalter bezahlt seit Jahren die Ausländersteuer für die Einnahmen der Teams. Und jetzt hätten die Teams noch einmal bezahlen sollen? Da war sicherlich ein übereifriger, nicht informierter Finanzbeamter am Werk», ist aus dem Umfeld der SRM GmbH zu hören, die von 2012 bis 2018 als Sachsenring GP-Promoter auftrat.

Die besagte Steuer wird seit Jahren vom GP-Promoter an das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn abgeführt. Warum sich plötzlich das Finanzamt Zwickau zuständig sah, kann letztendlich nur die Behörde selbst beantworten.

«Diese Forderungen an die Teams sind in unseren Augen ein totaler Irrläufer», meint ein deutscher Steuerexperte mit motorsportlichem Background. «Diese Problematik wird sich in Wohlgefallen auflösen. Irgendein Finanzbeamter hat Bescheide an die Team rausgeschickt, ohne zu wissen, dass es diese Regelung mit dem Bundesamt für Finanzen gibt und der Veranstalter dies Ausländersteuer bezahlt – genauso wie in der Formel 1.»

Unseren Informationen handelt es sich beim MotoGP-Event um einen sechsstelligen Betrag, der an die Behörde in Bonn bezahlt wird.

Wie es zu diesem heillosen Durcheinander kam, ist schwer nachzuvollziehen. Jedenfalls hielt sich das Finanzamt Zwickau nicht an die Vorgaben aus Bonn.

Klar, gemäß dem deutschen Einkommensteuergesetz müssen alle Einkünfte, die bei Events auf deutschem Boden erzielt werden, versteuert werden. Das gilt auch für «Performer», die keinen deutschen Wohnsitz haben.

Die International Road Racing Team Association (IRTA) hat in Bonn die Höhe der Auszahlungen an die Teams (Startgeld, Prämien, TV-Geld, Spesenzuschüsse) offengelegt. Und plötzlich wurden den Teams im vergangenen Winter Bescheide zugestellt, die Teambesitzer fielen aus allen Wolken, weil ja längst mit Bonn geklärt war, dass erstens nicht die Teams steuerpflichtig sind, sondern höchstens die Fahrer als «Performer», und dass zweitens der GP-Veranstalter seit Jahren diese Ausländersteuer pauschal entrichtet.

Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass ein einzelnes namhaftes MotoGP-Team in vorauseilendem Gehorsam die Steuern an das Finanzamt in Sachsen abgeführt und damit dieses Durcheinander ausgelöst hat.

Erschwerend kam dazu, dass das Finanzamt Zwickau im Vorjahr mit der bis dahin zuständigen benachbarten Steuerbehörde von Hohenstein-Ernstthal fusioniert wurde und offenbar mit der Thematik nicht ausreichend vertraut und deshalb überfordert war.

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