Silverstone: Neuer Ärger? Neuer Asphalt erst im Juni
Silverstone: Tiefe Pfützen sogar auf den Geraden
Der Große Preis von Großbritannien für Motorräder hat bei der Teamvereinigung IRTA und Dorna Sports als Inhaber der kommerziellen Rechte in den letzten Jahren immer wieder für Ärger und Aufregung gesorgt. 2010 kehrte der Grand Prix von Donington Park auf den Silverstone Circuit zurück, aber der neue «Silverstone Wing» samt neuem Paddock fand bei den Teams wenig Anklang. Deshalb wurde Start/Ziel nach zwei Jahren wieder auf die Gerade zwischen Woodcote und Copse Corner zurückverlegt.
2015 sollte der «British Motor Cycle Grand Prix» auf den Circuit von Wales verlegt worden, aber dort wurde das pompöse 420-Mio-Euro-Projekt nie gebaut. Also blieb der WM-Lauf in Silverstone, zuerst mit den Circuit of Wales-Planern als Promoter, danach wurde ein neuer Vertrag mit der Silverstone Circuit Ltd. für 2018, 2019 und 2020 abgeschlossen. Vorher hatte die Dorna mit einem Ausweichen nach Doinington Park gedroht. Dort hatte der WM-Lauf von 1987 bis 2009 stattgefunden. Heute ist aber dort die Infrastruktur nicht mehr zeitgemäß.
Für 2018 wurde der 5,89 km lange Silverstone Circuit neu asphaltiert, doch der neue Belag erwies sich letztes Jahr am Samstag bei Regen als unbrauchbar. Er war von der Firma «Aggregate Industries» nach dem 23. Januar 2018 für 5,5 Millionen Euro aufgebracht worden. Die Silverstone Circuit Ltd. überlegte dann eine Schadenersatzforderung, weil die drei WM-Rennen am Sonntag nicht abgewickelt werden konnten.
Wegen tiefer Pfützen waren im Vorjahr im FP4 am Samstag in der Kurve 7 («Stowe Corner») Aleix Espargaró, Tito Rabat, Franco Morbidelli und Alex Rins gestürzt.
Der Engländer Stuart Pringle, Geschäftsführer der Silverstone Circuit Ltd., ließ seine Mannschaft die ganze Nacht auf Sonntag draußen an der Strecke durcharbeiten, um zusätzliche Entwässerungsanlagen zu schaffen und den neuen Belag mit Bohrlöchern so zu gestalten, damit bei Dauerregen nicht überall drei Zentimeter hohe Pfützen stehen blieben, was zum gefährlichen Aquaplaning führte. Doch die nächtlichen Umbaumaßnahmen trugen keine Früchte.
Danach forderten die MotoGP-Asse für 2019 dringend einen neuen Streckenbelag. «Mit Sicherheit brauchen sie noch einmal eine neue Asphaltschicht», forderte auch Safety Officer Franco Uncini am 26. August 2018, dem Tag der Rennabsagen.
«Durch die Bodenwellen sammelte sich das Wasser an Stellen an, an denen man nicht damit rechnen konnte. Dort kam es dann zu Aquaplaning», stellte Weltmeister Marc Márquez 2018 in England fest.
Neuer Belag erst ab Mitte Juni
Jetzt haben die Silverstone-Betreiber angekündigt, sie möchten den Belag erst kurz vor dem Formel-1-GP vom 12. bis 14. Juli erneuern. «Das wäre theoretisch für uns in Ordnung», heißt es bei der Dorna.
Aber von den GP-Funktionären versteht niemand, warum man in England nach dem Desaster von 2018 bis zum kommenden Juni wartet, um das Belagsproblem endlich zu lösen. Zuerst wollten die Briten den Asphalt erst nach dem Formel-1-GP aufbringen. Doch für diesen Fallsoll Vertragspartner Dorna Sports mit einer Absage des Grand Prix 2019 gedroht haben, der für 25. August vorgesehen ist. Portimão in Portugal wäre gern als Ersatz-Schauplatz eingesprungen.
Jetzt soll die Firma Aggregate Industries den Belag zwischen dem 14. Juni und Ende Juni erneuern. Zwei Wochen später soll der Formel-1-GP stattfinden – und diese Belastung soll der frische Asphalt ohne nachteilige Auswirkungen überleben? Aus dem MotoGP-Business glaubt nach den Erfahrungen der Vergangenheit niemand daran.
«Die FIA hat den termin für die Neuasphaltierung akzeoptiert», erklärte Safety Officer Franco Uncini. «Ich denke, sie sind zuversichtlich. Ehrlich gesagt, uns wäre es lieber gewesen, wenn sie den Belag früher erneuert hätten. Aber wenn sie es anständig machen, wird es in Ordnung sein. Ich finde es gut, dass diesmal Rennstrecken-Architekt Jarno Zaffelli mitwirkt, er hat viel Erfahrung im Bereich 'circuit construction'. Wir hatten beim Termin für den neuen Belag nichts mitzureden. Das war eine Entscheidung der Silverstone-Betreiber.»
Ohnedies stellt sich die Frage, welcher Pfusch beim neuen Belag 2018 in England passiert ist. Denn er ließ nicht nur kein Wasser mehr abrinnen, er offenbarte dazu dieselben Bodenwellen wie im Jahr zuvor. «Mit dem alten Belag konnte man jederzeit bei Regen fahren», wunderte sich die Race Direction.
Selbst auf dem Losail Circuit in Doha, wo Temperaturen von 40 und 45 Grad keine Seltenheit sind, hat der Asphaltbelag seit 2003 klaglos überlebt. Erst nach dem Grand Prix 2020 wird dort der komplette Belag erneuert, gleichzeitig wird dann die Drainage komplett und nachhaltig verbessert, obwohl 2019 in der katarischen Wüste weder bei den Tests noch beim Grand Prix ein Tropfen Regen fiel.