Colin Edwards: «Gewinnen ist nicht genug»
Der zweifache Superbike-Weltmeister Colin Edwards war von 2003 bis 2014 in der MotoGP-WM unterwegs: Zwölf Podestplätze und drei Pole-Positions stehen in den zwölf GP-Saisonen zu Buche, für den Sieg reichte es aber nie. «Ich kam mit 29 in den GP-Sport, dann sieht man Lorenzo, der mit 32 Jahren seinen Rücktritt erklärt hat. Ich kam viel zu spät in die MotoGP, aber ich habe es trotzdem genossen», blickte er zurück.
Danach war Edwards als Testfahrer für Yamaha und Michelin im Einsatz, außerdem eröffnete er das «Texas Tornado Boot Camp». Zudem ist der inzwischen 45-jährige Amerikaner TV-Experte für BT Sports. «Ich bin nicht im Ruhestand, ich bin nur als Rennfahrer zurückgetreten, aber mein Zeitplan ist jetzt noch voller», erzählte er im «Off Track Podcast» auf «motoamerica.com». Das habe aber nicht nur Nachteile, fügte der «Texas Tornado» mit einem Augenzwinkern an: «Versteht mich nicht falsch, aber meine Frau würde es mit mir auch nicht 365 Tage im Jahr aushalten.»
In der MotoGP-WM war Edwards auf Aprilia, Honda, Yamaha, Suter, FTR Kawasaki und Forward Yamaha unterwegs. Als er nach seinem Lieblingsmotorrad gefragt wurde, schickte er zunächst schmunzelnd voraus: «Es war sicher nicht die Aprilia von 2003, das Ding hat mehrmals versucht, mich in Brand zu stecken.»
Die Wahl fiel schließlich auf die Werks-Yamaha: «Ich würde sagen, die Yamaha von 2005 oder 2006, die waren ziemlich ähnlich. 2007 kamen die 800er, das mochte ich überhaupt nicht», ergänzte der Texaner.
Und wer war sein bester Teamkollege? «Es ist hart Valentino zu übergehen, er war ein großartiger Teamkollege und wir sind immer gut ausgekommen», erinnerte sich Edwards, der auch eine Anekdote zum Besten gab: «Es war einfach eine andere Welt. Ich komme aus dem Truck, das Tor vom Yamaha-Werksteam ging auf und alle jubelten – aber dann sahen sie mich und es kam nur noch ‚Oh‘… Weil sie gedacht hatten, Valentino würde kommen», lachte der zweifache Superbike-Weltmeister. «Es war trotzdem eine gute Zeit.»
Trotzdem kann Rossi nicht ganz mit Ben Spies, Edwards Teamkollegen bei Tech3, mithalten: «Mit Ben Spies hatten wir einfach eine Kameradschaft. Ich wusste, wo ich in meiner Karriere stand, und er wusste, wo ich und wo er stand. Es gab keine Feindseligkeiten, wir haben uns zusammengesetzt und über das Motorrad geredet. Das war eigentlich auch mit Valentino so, aber mit Ben gab es vielleicht ein bisschen mehr Texas-Verbindung», begründete Edwards seine Entscheidung.
Spies ist übrigens auch der letzte MotoGP-Sieger aus den USA. Er gewann 2011 in Assen, das liegt aber schon fast neun Jahre zurück. Dabei gingen in den 16 Saisonen zwischen 1978 und 1993 noch 13 WM-Titel in der «premier class» nach Amerika, heute steht hingegen kein US-Amerikaner mehr in der MotoGP-Startaufstellung. Einzig Joe Roberts hält in der Moto2-Klasse die Flagge hoch.
Was rät Edwards den Fahrern, die den Sprung von der MotoAmercia-Serie in die Weltmeisterschaft schaffen wollen? «Im Moment ist es hart, ich wünschte, ich wüsste die exakte Formel. Ich werde nicht lügen, das Geld und welchen Pass du hast, spielt auch eine Rolle. Alles, was ich einem jungen Kerl aus der MotoAmerica sagen kann, ist, dass es nicht genug ist zu gewinnen. Ich habe einmal mit Garrett Gerloff darüber gesprochen, als wir vom Flughafen nach Hause gefahren sind, vielleicht vor drei Jahren. Ich habe ihm gesagt: 'Du gewinnst, das ist großartig. Aber das ist nicht genug, leider. Damit du die Aufmerksamkeit auf dich ziehst, musst du sie zerstören – und nicht mit einer Sekunde Vorsprung im Cruise-Control-Modus fahren. Geh nach vorne und höre nicht auf – und gewinne mit zehn oder zwölf Sekunden Vorsprung. Was geht, lass sie schlecht aussehen.' Denn wenn jeder in einer halben Sekunde ist, sagt das nicht so viel aus. Aber wenn ein Fahrer den Willen hat zu pushen und jeden Tropfen aus sich herauszupressen, dann ist das jemand, auf den Teameigentümer und Teamchefs schauen werden. Und verfolge deine Träumen, das ist der Schlüssel: Zerstöre sie und folge deinem Traum. Sei nicht zufrieden, wenn du mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung gewinnst.»
«In der MotoGP- oder Superbike-WM fahren die Besten der Welt, aber wenn man auf nationaler Ebene weltweit gesehen werden will – was auch schwierig ist, wenn man dominiert – dann ist es zumindest ein Schritt dahin, um wahrgenommen zu werden», so Edwards.