Poncharal: Folgen der Coronakrise für den Fahrermarkt
«Wäre dies eine normale Saison, wären wir sicher in der Hitze des Gefechts, was den Fahrermarkt betrifft. Aber jetzt ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen. Viele Teams und Fahrer wollten abwarten, wie die ersten vier oder fünf Rennen laufen würden, bevor sie darüber entscheiden wollten, wie es weitergehen soll. Aber wir sind noch kein Rennen gefahren und wir haben noch nichts gesehen», seufzt Hervé Poncharal.
Drei Fahrer haben ihre Verträge aber schon vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie unter Dach und Fach gebracht: Weltmeister Marc Márquez bleibt bis mindestens 2024 bei Honda, Maverick Viñales verlängerte um zwei Jahre bei Yamaha und bekommt im Werksteam Fabio Quartararo zur Seite gestellt.
Sie befinden sich in einer beneidenswerten Situation, denn nach dieser Krise werde der finanzielle Aspekt der Verträge nicht auf dem Niveau des Winters liegen, ist Poncharal überzeugt. «Das ist unmöglich», bekräftigte er. «Vielleicht wird es sogar Gespräche zwischen ihren Managern und den Herstellern, für sie unterschrieben haben, geben. Aber sie verfügen über Verträge, die von beiden Seiten unterzeichnet wurden, das sind verbindliche und gültige Dokumente.»
Am gestrigen Sonntag gesellte sich Alex Rins zum Trio: Der zweifache Saisonsieger von 2019 wird auch in den Jahren 2021 und 2022 in den Diensten von Suzuki stehen.
Wie aber steht es um die verbliebenen Plätze im MotoGP-Grid? Zur Erinnerung: Einzig Tito Rabat unterschrieb bereits im Vorjahr bis einschließlich 2021 bei Avintia Ducati.
«Ich habe keine Ahnung», grübelte der Tech3-Chef und IRTA-Präsident. «Die Fahrer werden mit Teams und Herstellern sprechen, die sich mit größeren Sorgen als dem Rennsport auseinandersetzen müssen – nämlich wie sie sicherstellen, dass ihr Unternehmen nicht zusammenbricht, zumindest in einigen Fällen. Die großen Unternehmen wie Honda und Yamaha werden in einer besseren Position sein.»
Sollte aber das Worst-Case-Szenario eintreten und die MotoGP-Saison 2020 ganz gestrichen werden, dürfte es bei Yamaha intern noch Klärungsbedarf geben. Den Petronas-SRT-Team-Principal Razlan Razali ließ bereits durchklingen, dass er im Fall der Fälle darum kämpfe wolle, seinen Wunderknaben Fabio Quartararo für eine letzte Saison in seinem Rennstall zu haben.
Auch aus der Sicht eines erfahrenen Mannes wie Poncharal eine schwierige Situation für seinen jungen Landsmann und das Petronas Yamaha Sepang Racing Team: «Auf der einen Seite hat Fabio einen Vertrag unterschrieben, um ins Werks-Team aufzusteigen – etwas, wovon er geträumt hat, und ein Deal, der besiegelt ist. Ich habe nicht mit ihm gesprochen, aber ich bin sicher, dass er dorthin will. Und 2021 auf dem Vertrag wird 2021 im Kalender sein.»
«Ich kann Razlans Frustration verstehen, weil er in ein Full-Factory-Bike für 2020 investiert hat – und ich bin sicher, dass er das Gefühl hat, für eine unglaubliche Saison bereit zu sein: Vielleicht Rennen zu gewinnen und vielleicht sogar die WM. Auf dem Papier war alles möglich. Jetzt verliert er vielleicht als diese Zutaten und steht vor einem ungewissen 2021, weil er vielleicht nicht mehr das Budget für ein Werksbike hat und nicht weiß, welcher Fahrer darauf sitzen wird», ergänzte Poncharal.
Trotzdem: «Ein Vertrag ist ein Vertrag und Fabio ist 2021 ein Werksfahrer für Yamaha. Ich habe aber Verständnis für Razlan und Anerkennung den unglaublichen Job, den er in diesen Jahren geleistet hat, um das Team aufzubauen und mit Fabio und Franco eine unglaubliche Saison 2019 hinzulegen. Leider ist das aber ein Teil des Lebens und keiner in der MotoGP ist dafür verantwortlich, trotzdem leiden alle darunter.»
Abgesehen von den genannten Jungs müsse aber für das gesamte Feld eine Lösung gefunden werden. «Das ist meine persönliche Position – ohne mit meinen Fahrern, Red Bull, KTM oder Elf gesprochen zu haben», schickte der Tech3-Teambesitzer voraus. «Aber wenn ich mein Line-up für 2021 wählen müsste, würde ich Miguel Oliveira und Iker Lecuona behalten wollen. Ich würde versuchen, meine Partner zu überzeugen, und darauf hoffen, dass meine Fahrer dem folgen. Denn wir hatten für 2020 eine Mission und ich weiß nicht, ob die möglich sein wird.»
Poncharal würde den Transfermarkt aber lieber später regeln. Ähnlich wie bei der Motorenspezifikation und dem Aero-Paket bereits geschehen, schlägt er eine Lösung vor: «Ich würde gerne sehen, dass auch der Fahrermarkt eingefroren wird. Aber natürlich ist meine Position eine andere als jene von Razlan, weil mein Fahrer noch nicht für einen anderen unterschrieben hat. Ich weiß nicht, ob Ducati, Suzuki, Honda oder ein anderes Team an meine Fahrer herantreten und versuchen wird, sie unter Vertrag zu nehmen. Im Moment ist es das, was ich gerne tun würde. Aber das brennt jetzt nicht, wir haben andere Dinge, um die wir uns zuerst kümmern müssen.»