Livio Suppo: «Lorenzo zu Yamaha? Hätte es verhindert»
Als Jorge Lorenzo nach einer enttäuschenden und von Verletzungen geprägten Saison auf der Repsol-Honda (kein Top-10-Platz) in Valencia am 14. November 2019 seinen Rücktritt erklärte, klang das endgültig. Aber schon am 30. Januar bestätigte Yamaha offiziell, den fünffachen Weltmeister als Testfahrer verpflichtet zu haben. Dabei sollte es nicht bleiben, denn der 32-jährige Mallorquiner kündigte wenig später schon für 2020 zumindest einen Wildcard-Einsatz an. Nachdem der dafür gewählte Barcelona-GP auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, steht das Datum seiner Rückkehr in die MotoGP-Startaufstellung aber noch nicht fest.
Auch wenn Lorenzo immer wieder betont, dass er zu 98 Prozent kein Comeback als Stammfahrer geben werde, darf bezweifelt werden, dass Honda nach der frühzeitigen Vertragsauflösung glücklich darüber ist, den Spanier auf der Yamaha – und damit bei der Konkurrenz – zu sehen.
«Lorenzo hat uns im November gesagt, er sei nicht bereit zum Weiterfahren», versicherte Repsol-Honda-Teammanager Alberto Puig beim Sepang-Test, wo Lorenzo erstmals wieder auf seiner geliebten M1 saß. «Wir wollten nicht schuld sein, dass er unter Zwang weiterfährt und sich verletzt. Also wollten wir ihm keine Steine in den Weg legen. Von unserem Standpunkt aus haben wir zu 100 Prozent korrekt gehandelt. Wir können keinen Menschen auf eine Rennmaschine zwingen, damit er mit 300 km/h um eine Rennstreckte flitzt, wenn er nicht mehr will.»
«Er wollte nicht mehr fahren. Was immer nachher passiert ist – es ist sein Leben», ergänzte der 53-jährige Spanier.
Anderer Meinung ist in diesem Punkt Livio Suppo, der bis Ende 2017 als Teamprinzipal von Repsol Honda tätig war. Er hätte auf jeden Fall eine Klausel eingebaut, die Lorenzo einen derartigen Schritt nicht ermöglicht hätte, bestätigte der Italiener im Interview mit den Kollegen von GPOne.com: «Ich weiß nicht, ob der Vertrag zwischen Honda und Jorge ohne die Zahlung einer Vergütung für 2020 aufgelöst wurde. Ich weiß nicht, ob sie ihm einen Teil oder nichts von dem ausbezahlt haben, was ursprünglich vorgesehen war. Aber es ist sicherlich merkwürdig, dass ein Hersteller einem Fahrer, der erklärt hatte, dass er zurücktreten wolle, dies erlaubt. Aus meiner Sicht hätte man das verhindern sollen.»
Suppo äußerte sich auch zur Entscheidung von Yamaha, dem neunfachen Weltmeister Valentino Rossi zwar die Unterstützung zuzusichern, falls er 2021 weiterfahren wolle, die Plätze im Werksteam aber frühzeitig an Maverick Viñales und Fabio Quartararo zu vergeben.
«Ich glaube, dass ich angesichts einer derartigen Karriere mit der Vertragsverlängerung von Maverick abgewartet hätte. Denn Viñales ist seit einigen Jahren dort und seine Leistungen schwanken. Zu Beginn schien er prädestiniert, Marc Márquez zu entthronen. Aber in Wahrheit schwankt er jedes Jahr zwischen Rennen, in denen er sehr stark ist, und Rennen, in denen er Mühe hat. Ich glaube, dass ist eine Eigenheit von ihm, und es schien mir verfrüht, einen so unbeständigen Fahrer weit im Voraus zu verpflichten. Sicher, im Nachhinein ist leicht reden, wenn man weiß, was Covid-19 zur Folge hatte, aber trotzdem, ich hätte gewartet», so Suppo.