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Hervé Poncharal: Von Oliveira-Siegen überrascht?

Von Günther Wiesinger
Vor der Saison 2020 war Miguel Oliveira in der MotoGP-WM ein unbeschriebenes Blatt, denn er schaffte 2019 nur ein Top-Ten-Ergebnis. Teamchef Poncharal ahnte aber, was in dem Portugiesen steckt.

Das französische Red Bull KTM-Tech3-Team von Hervé Poncharal hat 2020 mit Miguel Oliveira in der 20. MotoGP-Saison des Rennstalls die ersten zwei Rennen in der Königsklasse gewonnen. Aber jetzt wandert der Portugiese ins Red Bull KTM Factory Team ab, wo er auf seinen alten Moto3- und Moto2-Teamgefährten Brad Binder trifft.

Die Tech3-Mannschaft hat in der zweiten Saison mit dem österreichischen Werk alle Erwartungen übertroffen. Oliveira hat sich mit der KTM RC16 in der WM-Tabelle gegenüber 2019 (33 Punkte in 17 Rennen) vom 17. auf den neunten Platz verbessert und in dieser Saison als WM-Neunter in 14 Rennen 125 Punkte eingesammelt.

SPEEDWEEK.com hat sich mit dem erfolgreichen Teambesitzer Hervé Poncharal (63) unterhalten, der seine Mannschaft am Freitag für zwei Wochen in die Ferien geschickt hat.

Hervé, vor der Saison hast du gehofft, dass Miguel Oliveira in diesem Jahr einige Top-Ten-Ergebnisse erreichen kann. Jetzt hat er zwei Rennen gewonnen, eine Pole-Position erzielt und ist WM-Neunter geworden.

Ja, und es fehlen ihm nur 14 Punkte auf den Drittplazierten in der Weltmeisterschaft!

Klar, jeder Fahrer hat irgendwo ein paar Punkte verloren. Aber von seiner Performance her hatte Miguel die Möglichkeit, in der WM noch weiter nach vorne zu kommen.

Als wir uns im Frühjahr über Miguels Chancen unterhalten haben, konnten wir nur seine Ergebnisse von 2019 und die Wintertests berücksichtigen.

Die Wintertests in Valencia und Jerez im November 2019 und dann in Sepang und Doha 2020 haben zwar gezeigt, dass uns Fortschritte gelungen sind.

Aber Testergebnisse sind nicht immer sehr aussagekräftig. Einige fahren riskieren viel, andere weniger, manche testen nur neues Material, einige schaffen nur eine einzelne schnelle Runde, weil sie einen weichen Reifen verheizt haben. Manche Piloten arbeiten lieber drei Tage lang an der Rennpace.

Es ist immer schwierig, von den Wintertests eine Hiercharchie für die kommende Saison abzuleiten.

Du warst also sehr gespannt auf die ersten Wettkämpfe im Juli?

Ja, denn erst beim Wettbewerb kommt die Wahrheit über die Kräfteverhältnisse ans Tageslicht. Vorher kannst du nichts sagen.

Außerdem liegt es mir nicht, vor der Saison kühne Prognosen auszuposaunen. Ich lasse lieber die Taten auf der Piste sprechen.
Die Hühner gackern erst, wenn das Ei gelegt ist.

Deshalb habe ich im Frühjahr die Top-Ten als vernünftiges Ziel für den Saisonstart ausgegeben.

Man wusste immerhin: Miguel hatte 2019 in Spielberg erstmals dasselbe Material wie Pol Espargaró. Er ist dann beim GP von Österreich auf Platz 8 gefahren und hat die Ehre von Red Bull und KTM gerettet.

Ja, so war es.

Dann kam gleich der Silverstone-GP. Dort wurde Oliveira von Zarco abgeschossen. Nachher litt er für den Rest der Saison an einer Schulterverletzung.

Exakt. Du hast alles gesagt.

In dem Moment, als Miguel in England von Zarco touchiert wurde, haben wir das nicht für eine schlimme Verletzung gehalten.

Aber es hat sich herausgestellt, dass Miguel nachher stark beeinträchtigt war. Es konnte nicht mehr so schnell fahren wie vorher. Dann passierte noch der Sturz im FP4 in Australien, als er wegen des Sturms vom Motorrad geblasen wurde und die Schulter wieder in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Wir haben schon vorher über eine Operation gesprochen. Aber Miguel wollte die Saison durchziehen und mehr Rennen fahren.
Doch ich sah in der Box sein schmerzverzerrtes Gesicht. Ich sah auf der Strecke, dass er beim Fahren beeinträchtigt war. Er war wie verwandelt.

Im normalen Leben hat ihn die Schulter kaum behindert. Aber auf dem Motorrad bei 350 km/h kannst du dir keine Blösse erlauben. Miguel konnte das Bike kaum unter Kontrolle halten.

Beim Bremsen und beim Umlegen nach rechts hat er unglaubliche Schmerzen gespürt. Deshalb hat Miguel die Saison nach dem FP1 in Sepang frühzeitig beendet und die Schulter operieren lassen.
Iker Lecuona hat dadurch in Valencia als Rookie sein erstes MotoGP-Rennen bestreiten können.

Im Grunde kann man sagen: Für Miguel war die Saison 2019 nach dem Spielberg-GP beendet. Wir hofften dann, dass die Schulterverletzung zum Saisonstart 2020 wieder richtig ausgeheilt sein würde. Das war zum Glück der Fall.

Alle MotoGP-Sieger 2020

Jerez-1: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Jerez-2: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Brünn: Brad Binder (Red Bull KTM)
Spielberg-1: Andrea Dovizioso (Ducati Team)
Spielberg-2: Miguel Oliveira (Red Bull KTM Tech 3)
Misano-1: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Misano-2: Maverick Viñales (Monster Yamaha)
Catalunya: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Le Mans: Danilo Petrucci (Ducati Team)
Aragón-1: Alex Rins (Suzuki Ecstar)
Aragón-2: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Valencia-1: Joan Mir (Suzuki Ecstar)
Valencia-2: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Portimão: Miguel Oliveira (Red Bull KTM Tech3)

MotoGP-Pole-Positions 2020

Jerez-1: Fabio Quartararo (Yamaha)
Jerez-2: Fabio Quartararo (Yamaha)
Brünn: Johann Zarco (Ducati)
Spielberg-1: Maverick Viñales
Spielberg-2: Pol Espargaró (KTM)
Misano-1: Maverick Viñales (Yamaha)
Misano-2: Maverick Viñales (Yamaha)
Catalunya: Franco Morbidelli (Yamaha)
Le Mans: Fabio Quartararo (Yamaha)
Aragón-1: Fabio Quartararo (Yamaha)
Aragón-2: Takaaki Nakagami (Honda)
Valencia-1: Pol Espargaró KTM)
Valencia-2: Franco Morbidelli (Yamaha)
Portimão: Miguel Oliveira (KTM)

MotoGP-Pole-Positions Marken 2020

Yamaha 9
KTM 3
Ducati 1
Honda 1
Suzuki 0
Aprilia 0

MotoGP-Podestplätze 2020

Yamaha 12
Morbidelli 5 (3x Platz 1, 1x Platz 2, 1x Platz 3)
Quartararo 3 (3x Platz 1)
Viñales 3 (1x Platz 1, 2x Platz 2)
Rossi 2 (1x Platz 3)

Ducati 9
Miller 4 (3x Platz 20, 1x Platz 3)
Dovizioso 2 (1x Platz 1, 1x Platz 3)
Petrucci 1 (2y Platz 1)
Zarco 1 (2x Platz 3)
Bagnaia 1( 2x Platz 2)

KTM 8
Pol Espargaró 5 (5x Platz 3)
Oliveira 2 (2x Platz 1)
Brad Binder 1 (1x Platz 1)

Suzuki 11
Mir 7 (1x Platz 1, 3x Platz 2, 3x Platz 16
Rins 4 (1x Platz 1, 2x Platz 2, 1x Platz 3)

Honda 2
Alex Márquez 2 (2x Platz 2)

Aprilia 0

Endstand Fahrer-WM nach 14 Rennen:

1. Mir 171 Punkte. 2. Morbidelli 158. 3. Rins 139. 4. Dovizioso 135. 5. Pol Espargaró 135. 6. Viñales 132. 7. Miller 132. 8. Quartararo 127. 9. Oliveira 125. 10. Nakagami 116. 11. Binder 87. 12. Petrucci 78. 13. Zarco 77. 14. Alex Márquez 74. 15. Rossi 66. 16. Bagnaia 47. 17. Aleix Espargaró 42. 18. Crutchlow 32. 19. Bradl 27. 20. Lecuona 27. 21. Smith 12. 22. Rabat 10. 23. Pirro 4.

Endstand Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 221 Punkte. 2. Yamaha 204. 3. Suzuki 202, 4. KTM 200. 5. Honda 144. 6. Aprilia 51.

Team-WM nach 14 Rennen:

1. Team Suzuki Ecstar 310 Punkte. 2. Petronas Yamaha SRT 248. 3. Red Bull KTM Factory Racing 222. 4. Ducati Team 213. 5. Pramac Racing 163. 6. Monster Energy Yamaha MotoGP 178. 7. Red Bull KTM Tech3, 152. 8 LCR Honda 148. 9. Repsol Honda Team 101. 10. Esponsorama Racing 87. 11. Aprilia Racing Team Gresini 54.

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