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Ciabatti: «Márquez ist eine Schlüsselfigur für Honda»

Von Günther Wiesinger
Ducati hat 2020 erstmals vier Werksfahrer mit GP20-Maschinen eingesetzt, aber trotzdem die Erwartungen nicht erfüllt. Paolo Ciabatti nennt die Ursachen.

Ducati hat in den letzten Jahren durch das Holeshot-Device und den Hinterradspoiler für Aufregung gesorgt, durch die Radabdeckungen und so weiter. Andere Hersteller wie Suzuki und KTM waren konservativer und kamen trotzdem zum Erfolg. Honda gewann die WM 2019 ohne Hinterradspoiler – und zwar haushoch überlegen.

Hat sich Ducati manchmal durch technische Besonderheiten verzettelt und das Motorrad für die Fahrer zu kompliziert gestaltet?
«Das ist eine knifflige Frage», räumt Sportdirektor Paolo Ciabatti im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com ein. «Offenbar war die Suzuki zum Beispiel leichter zu beherrschen. Wenn wir bei Ducati ein Bike-Design machen, rechnen wir mit einer normalen Saison. Aber was 2020 wegen der Pandemie passiert ist, war nicht vorhersehbar. In einer üblichen Saison weißt du, wie viel Zeit du hast, um deine neuen Ideen zu verfeinern und zu verbessern, zum Beispiel durch Testfahrten. Aber im Vorjahr konnten die Stammfahrer plötzlich von Februar bis Juli fünf Monate lang weder Rennen fahren noch testen. Es sind viele konventionelle Aktivitäten flach gefallen. Dazu war die Rennabteilung ab März im Lockdown fast zwei Monate lang zugesperrt.»

«Vielleicht war in einer Saison wie 2020, wo viele sonst übliche Dinge nicht machbar waren, ein einfaches Bike von Vorteil», gibt Ciabatti zu bedenken. Denn neue Spitzfindigkeiten und Features brauchen immer Zeit, bis sie perfekt und zu 100 Prozent funktionieren. Manchmal müssen sie verfeinert werden. In der Saison 2020 haben wir diese Zeit nicht gehabt.»

«Die Ducati-Ingenieure haben regelmäßig innovative Ideen», ruft Ciabatti in Erinnerung. «Sie werden dann meist von den Mitbewerbern mit einiger Verspätung kopiert. Die Winglets waren ein klares Beispiel. Und wenn wir uns die nähere Vergangenheit anschauen, dann fällt mir der Hinterradspoiler ein. Gegen ihn haben vier Hersteller nach dem Katar-GP 2019 protestiert. Jetzt sieht man ihn auf jedem Motorrad. Das gilt auch für unser ‚starting device‘; Ducati hat es 2018 auf die Strecke gebracht, kein anderes Werk hatte es. Jetzt haben es alle Hersteller nachgeahmt. Dasselbe gilt für den ‚ride height adjuster.‘ Wir haben mit diesem System begonnen, inzwischen verwenden es einige Kontrahenten in den Rennen. Wenn das nur originelle Ideen ohne praktische Nutzen wären, würden sie nicht so emsig nachgeahmt.»

«In der Saison 2020 hat uns einfach die Zeit gefehlt, um unsere neuen Ideen ausreichend in der Praxis auszufeilen, auf die Probe zu stellen und dann erst zu den Rennen zu bringen», ist Ciabatti überzeugt. «Durch die Coronakrise konnten wir die neuen Ideen nicht so testen, wie wir es über Jahre hinweg gewöhnt waren. Das hat die Situation verkompliziert.»

Den Einwand, dass Marc Márquez 2019 ohne ‚starting device‘, ohne ‚ride height adjuster und ohne Hinterradspoiler Weltmeister wurde, lässt der Ducati-Stratege nur bedingt gelten.

«Wenn man Marc Márquez ins Spiel bringt, sprechen wir über einen außergewöhnlichen Fahrer. Ich will niemanden bei Honda enttäuschen. Aber ich glaube, die Saison 2020 hat gezeigt, dass Marc Márquez jahrelang bei Honda einen großen Unterschied ausgemacht hat», sagt Paolo Ciabatti. «Denn 2020 war Nakagami meistens bester Honda-Fahrer. Alex Márquez hat im letzten Saisondrittel sicher gute Leistungen gezeigt, besonders in Aragón war er super konkurrenzfähig. Dasselbe gilt für Stefan Bradl, der am Saisonende immer stärker wurde. Aber es lässt sich nicht bestreiten: Marc ist seit sechs, sieben Jahren die Schlüsselfigur im Honda-Werksteam.»

MotoGP-Podestplätze 2020

Yamaha 12
Morbidelli 5 (3x Platz 1, 1x Platz 2, 1x Platz 3)
Quartararo 3 (3x Platz 1)
Viñales 3 (1x Platz 1, 2x Platz 2)
Rossi 1 (1x Platz 3)

Suzuki 11
Mir 7 (1x Platz 1, 3x Platz 2, 3x Platz 3)
Rins 4 (1x Platz 1, 2x Platz 2, 1x Platz 3)

Ducati 9
Miller 4 (3x Platz 2, 1x Platz 3)
Dovizioso 2 (1x Platz 1, 1x Platz 3)
Petrucci 1 (1x Platz 1)
Zarco 1 (1x Platz 3)
Bagnaia 1 (1x Platz 2)

KTM 8
Pol Espargaró 5 (5x Platz 3)
Oliveira 2 (2x Platz 1)
Brad Binder 1 (1x Platz 1)
Honda 2
Alex Márquez 2 (2x Platz 2)

Aprilia 0

Endstand Fahrer-WM nach 14 Rennen:

1. Mir 171 Punkte. 2. Morbidelli 158. 3. Rins 139. 4. Dovizioso 135. 5. Pol Espargaró 135. 6. Viñales 132. 7. Miller 132. 8. Quartararo 127. 9. Oliveira 125. 10. Nakagami 116. 11. Binder 87. 12. Petrucci 78. 13. Zarco 77. 14. Alex Márquez 74. 15. Rossi 66. 16. Bagnaia 47. 17. Aleix Espargaró 42. 18. Crutchlow 32. 19. Bradl 27. 20. Lecuona 27. 21. Smith 12. 22. Rabat 10. 23. Pirro 4.

Endstand Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 221 Punkte. 2. Yamaha 204. 3. Suzuki 202, 4. KTM 200. 5. Honda 144. 6. Aprilia 51.

Team-WM nach 14 Rennen:

1. Team Suzuki Ecstar 310 Punkte. 2. Petronas Yamaha SRT 248. 3. Red Bull KTM Factory Racing 222. 4. Ducati Team 213. 5. Pramac Racing 163. 6. Monster Energy Yamaha MotoGP 178. 7. Red Bull KTM Tech3, 152. 8 LCR Honda 148. 9. Repsol Honda Team 101. 10. Esponsorama Racing 87. 11. Aprilia Racing Team Gresini 54.

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