Ducati: Probleme erkannt, aber zu Geduld verdonnert
Erst kürzlich hatte Johann Zarco kritisiert, dass Ducati im Vorjahr zu wenig Konstanz an den Tag legen konnte. Ein Problem der Fahrer vom Hersteller aus Borgo Panigale war das Einlenkverhalten, an dem die Ingenieure durchgehend arbeiteten. Besserungen kehrten jedoch kaum ein und so standen 2020 nur zwei Mal Ducati-Fahrer ganz oben auf dem Treppchen (Andrea Dovizioso in Österreich und Danilo Petrucci im Regen in Le Mans).
Chefingenieur Gigi Dall´Igna erkannte die Schwachstellen ebenfalls und entwarf daraufhin ein komplett neues Motorrad. Allerdings benötigt das neue Chassis einen neuen Motor.
Die unüberwindbare Hürde für 2021. Die wegen der Corona-Pandemie angepassten Regularien lassen eine Weiterentwicklung vorerst nicht zu und so ist zu befürchten, dass die Ducati-Fahrer auch in der kommenden Saison mit den Hinterradreifen von Michelin zu kämpfen haben werden.
Teammanager Davide Tardozzi weist aber daraufhin, dass 2022 eine Revolution ins Haus stünde: «Wir werden dann Dinge anpassen, die aktuell noch nicht änderbar sind. Es geht darum, wie das Chassis mit dem Motor verbunden ist.»
Es ist zu vermuten, dass sich die größten Veränderungen auf die Steifigkeit der Desmosedici beziehen werden, das bestätigt Tardozzi. Dadurch haben die Piloten einen größeren Einfluss auf das Kurvenverhalten und können möglicherweise von einer Art Selbstlenkungseffekt profitieren.
Im Vergleich zur Konkurrenz hat Ducati aber weniger Erfahrung mit den Aluminium-Trägerrahmen. Das aktuelle Konzept ist inzwischen sechs Saisons alt und wurde in dieser Zeit kaum verändert. Die Updates haben nur geringfügig geholfen. Auch die Winglets haben bei Andrea Dovizioso, der 2021 eine Pause einlegen wird, wenig Anklang gefunden: «Ich mochte sie zu Beginn überhaupt nicht und ich mag sie immer noch nicht besonders. Aber die positiven Aspekte überwiegen», sagt der Italiener.
Und so liegen die Hoffnungen des Herstellers auf der GP22, die im Lauf der Saison 2021 getestet werden darf. Abhaken möchten die Roten 2021 aber trotzdem nicht. Mit einem überarbeiteten Chassis soll schon kommende Saison ein Zwischenschritt in Richtung GP22-Spezifikation erreicht werden. Tardozzis Hoffnungen liegen auf Dall´Igna: «Er ist wirklich fokussiert. Er ist so ein Typ, der es nicht zulässt, dass sein Motorrad, sein Team und seine Fabrik für eine lange Zeit nicht gewinnen. Letztes Jahr war eine kleine Katastrophe, weil wir nie wirklich konkurrenzfähig waren und so wie ich Gigi kenne, wird er es nicht zulassen, dass wir in Zukunft noch einmal in diese Situation kommen. Also bin ich wirklich zuversichtlich, dass er und unsere Ingenieure einen Weg finden werden.»
Das Hauptziel ist eine bessere Anpassung des aktuellen Chassis-Konzepts an den Michelin-Hinterreifen, der das Motorrad im Vorjahr vom Titelanwärter zum Außenseiter machte.
Das Problem: Der zusätzliche Grip der Reifen hat die Balance der Traktion verändert. Dadurch hat sie sich zu sehr nach hinten verschoben und es kam zu Untersteuern in der Kurve. Die Folge davon, ist eine längere Schräglage und eine spätere Beschleunigung.
Dovizioso sagte dazu: «Die Art und Weise, wie man mit diesem Reifen fahren muss, ist, dass man im maximalen Winkel ist, also hat man nicht viel Grip, also muss man warten, um das Gas zu öffnen.»
Dovizioso verließ Ducati, nachdem er sich mit Dall'Igna zerstritten hatte. Er beklagte, Ducati habe seine Ratschläge nicht befolgt. Die künftige Aufstellung, nachdem Danilo Petrucci das Werksteam in Richtung KTM-Tech3 verlassen hat: Jack Miller und Pecco Bagnaia fahren im Werksteam, Johann Zarco und Neuling Jorge Martin bei Pramac und die beiden Rookies Luca Marini und Enea Bastianini bei Esponsorama Avintia.
«Es ist eine Mischung aus dem Motorrad und den Fahrern – sie müssen sich alle an den Hinterreifen anpassen», fügte Dovizioso hinzu. «Bei diesem neuen Reifen war von Anfang an klar, dass er mehr Grip haben wird, also ist sein Potenzial größer; wenn man ihn richtig einsetzen kann.»