Danilo Petrucci: «Schon als Kind vom Titel geträumt»
Danilo Petrucci wechselte nach sechs Ducati-Jahren zum französischen Tech3 KTM Factory Racing Team von Hervé Poncharal. Der 30-jährige Römer hat 2019 auf der Desmosedici in Mugello und 2020 in Le Mans gewonnen. Er will auch bei KTM 2021 mindestens einen WM-Lauf im Jahr gewinnen und sich von seiner besten Seite zeigen. «Ich will so stark sein wie in der ersten Saisonhälfte 2019, als ich oft gegen Marc Márquez gekämpft habe», sagt Petrux, der damals WM-Sechster wurde und 2020 seine Saison als WM-Zwölfter beendete.
Danilo, die KTM RC16 hat 2020 für einige Überraschungen gesorgt. Du hast im Vorjahr gegen alle KTM-Fahrer gekämpft. Welchen Eindruck hat das Motorrad bei dir hinterlassen?
Ich bin stolz, dass ich die KTM fahren darf, denn 2020 war sie die größte Überraschung in der MotoGP-Kategorie. Ich bin sehr neugierig auf das Bike, denn im letzten Jahr war es schwierig, gegen die KTM zu kämpfen. Die KTM ist ein schnelles Motorrad und sie war bei allen Verhältnissen konkurrenzfähig. Im Trockenen, im Nassen, bei Hitze und bei kühleren Temperaturen.
Verrate uns deine drei Stärken als MotoGP-Fahrer – und auch eine Schwäche.
Zuerst kann ich sagen, dass ich nach neun Jahren viel MotoGP-Erfahrung habe. Dann möchte ich erwähnen, dass ich im Nassen ziemlich gut bin und auch körperlich auf alle Herausforderungen tadellos vorbereitet bin.
Meine Schwäche ist vielleicht bisher die fehlende Beständigkeit. Ich bin manchmal nicht das ganze Jahr hindurch auf dem besten Niveau. Das muss ich mich verbessern, damit ich von Beginn bis zum Ende vorne mitmischen kann. Bisher war ich meistens zur Saisonmitte sehr stark, aber im zweiten Teil der Saison hatte ich Mühe. Aber in diesem Jahr ändert sich bei mir alles. Ich muss auf alle Bedingungen vorbereitet sein.
?Ist die MotoGP-WM jetzt spannender aus ausgeglichener als je zuvor?
!Ich fahre 2020 meine zehnte MotoGP-Saison. Das macht mich einerseits stolz, anderseits beweist es, dass ich älter werde.
Als ich in der MotoGP angefangen habe, kamen drei oder vier Fahrer für den Sieg in Frage. Jetzt gewinnen jedes Jahr zehn unterschiedliche Fahrer, 15 stiegen 2020 auf das Podium, also der Großteil des Startfelds. Die Meisterschaft ist immer weiter gewachsen, das Reglement ist immer besser geworden, deshalb ähneln sich die Maschinen jetzt stark. Letztes Jahr haben wir neun unterschiedliche Sieger erlebt. Es ist also eine gehörige Herausforderung, wenn man in allen Rennen konkurrenzfähig sein will. Aber ich denke, wir sind gut vorbereitet.
Was motiviert dich nach all den Jahren noch? Du musst ja auch immer mehr Risiko eingehen?
Die MotoGP ist sicher mein Traum. Seit ich ein Kind war, träume ich davon, die MotoGP-WM zu gewinnen. Natürlich ist das schwierig, aber ich habe mich in den letzten Jahren Schritt für Schritt gesteigert.
Ich erinnere mich an 2015, als ich in Silverstone als Zweiter zum ersten Mal auf das Podest gefahren bin. Zwei Jahre später habe ich um Siege gekämpft und bei Pramac insgesamt vier Podestplätze erreicht. In den letzten beiden Jahren sind mit zwei Siege gelungen.
Das Gefühl nach so einem Erfolg ist die beste Motivation, die man sich vorstellen kann.
Wir werden sehen. Ich will 2021 konkurrenzfähig sein und in der MotoGP um die Spitzenplätze fighten. Das ist die Motivation, die mich jedes Jahr neu antreibt.
Du bist der erfahrenste Pilot im KTM-Quartett. Wie fühlt sich das an?
Hehe, das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich der «erfahrenste Pilot» eines Herstellers bin. Man könnte auch behaupten – ich bin der Älteste bei KTM.
Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich dem Werk mit meiner Erfahrung helfen kann. Ich kenne viele Situationen, die während einer Saison passieren können. Außerdem sind meine drei jüngeren Markenkollegen alle sehr schnell. Ich muss also meine Erfahrung nutzen, ich will gegen sie fighten und gemeinsam mit ihnen unser Motorrad weiter entwickeln.
Warum bist du im Regen so schnell? Gibt es da ein Geheimnis?
Ha! Ich habe da kein besonders Geheimnis. Als ich in die MotoGP gekommen bin, hatte ich ziemlich Angst vor nassen Verhältnissen. Aber dann habe ich bemerkt, das ist eine gute Gelegenheit für ordentliche Ergebnisse.
Ich glaube, meine ausgiebigen Offroad-Erfahrungen haben mir dabei geholfen. Denn ich bin erst mit 15 Jahren erstmals auf einen Straßenmotorrad gesessen. Ich habe meine Laufbahn mit dem Trialsport begonnen, dann bin ich zum Minicross übergegangen. Ich bin immer noch ein Fan der Offroad-Disziplinen. Ich freue mich auch deshalb besonders auf meine Rennen mit KTM, weil die Österreicher die besten Offroad-Motorräder bauen.
Vielleicht habe ich durch das Offroad-Fahrern mehr Gespür in schwierigen Fahrsituationen, wenn es nicht viel Grip gibt. Vielleicht ist das der Schlüssel für meine Erfolge im Regen.
Aber ehrlich gesagt: Ich kenne die wahren Ursache nicht, die mich auf nasser Fahrbahn so schnell macht.
Ich beherrsche unterschiedliche Fahrtechniken. Aber ich muss erwähnen, das die Regenrennen oft wirklich lang und eintönig sind… Trotzdem: Ich fahre gerne im Regen.
Die MotoGP-Karriere von Danilo Petrucci
2012. WM-19. auf Ioda-Aprilia und Suter-BMW, 27 Punkte
2013: WM-17. auf Suter-BMW, 26 Punkte
2014. WM-20. auf ART-Aprilia, 17 Punkte
2015: WM-10. auf Ducati, 113 Punkte
2016: WM-14. auf Ducati, 75 Punkte
2017: WM-8. auf Ducati, 112 Punkte
2018. WM-8. auf Ducati, 124 Punkte
2019: WM-6. auf Ducati, 176 Punkte
2020: WM-12. auf Ducati, 78 Punkte
MotoGP-Podestplätze (total 10)
2015: Platz 2 in Silverstone
2017: Platz 3 in Mugello, Platz 2 in Assen & Misano, Platz 3 in Motegi
2018: Platz 2 in Le Mans
2019: Platz 3 in Le Mans, Sieg in Mugello, Platz 3 in Catalunya
2020: Sieg in Le Mans