Carlo Merlini: «Alles hätte passieren können»
Carlo Merlini gilt bei Gresini Racing als wichtiger Ratgeber
Der Tod von Fausto Gresini hat die MotoGP-Welt hart getroffen. Der Italiener starb an den Folgen einer Corona-Infektion im Februar 2021. Trotzdem machte der Rennstall weiter. Aleix Espargaró schaffte es mit der Aprilia erstmalig auf das Podest und mit Maverick Vinales stieß im Verlauf der Saison ein weiterer Top-Fahrer zum Team.
Carlo Merlini blickt in seiner Funktion als Commerical und Marketing Director von Gresini Racing noch einmal zurück: «Insgesamt war es ein sehr schwieriges Jahr, abgesehen von der Trennung von Aprilia und den Verhandlungen mit Ducati. Im Februar mussten wir lernen, mit einer großen Lücke umzugehen, die durch den Tod von Fausto entstanden ist. Es war eine emotionale und auch berufliche Lücke, die Faustos Tod hinterließ. Im Februar hätte, um ehrlich zu sein, alles passieren können»
Ein Rückzug stand aber nicht zur Debatte, obwohl Merlini sagt: «Die Familie hätte das Recht gehabt, zu sagen, dass es nicht weitergeht. Das wäre eine traurige Sache gewesen, aber auch verständlich. Meine Aufgabe war es, in der Nähe der Familie zu bleiben und ihr alles zu erzählen. Ich musste sie darüber informieren, wie die Dinge in unserer Welt, in unserem Unternehmen funktionieren. Ich wollte nicht, dass sie eine zu emotionale Entscheidung treffen, denn schließlich sind wir ein Unternehmen, das geführt werden muss.»
Nadia Gresini, Witwe von Fausto, und die Söhne Lorenzo und Luca entschieden sich, weiterzumachen. Merlini versteht die Zwickmühle, in der die Familie steckte: «Ich weiß, dass es für sie nicht leicht war, direkt nach Faustos Tod eine Entscheidung zu treffen und so viele Dinge zu verstehen, die vor sich gingen. Die emotionale Seite war so stark, dass es leicht gewesen wäre, zu diesem Zeitpunkt eine falsche Entscheidung zu treffen. Wir wollten es rationaler machen. Die emotionale Seite war wichtig, denn ohne sie wäre ich nicht hier gewesen, aber gleichzeitig wollten wir, dass sie alle Informationen haben, die sie für ihre Entscheidung brauchten.»
Merlini hat selbst 21 Jahre lang an Fausto Gresinis Seite gearbeitet und deswegen wurde der Chef auch zum Freund. Er wolle auch in Zukunft seinen Beitrag leisten, um dem Rennstall weiterzuhelfen. «Am schwierigsten war es, den Fortbestand des Teams zu sichern. Nicht für 2021, denn da waren die Weichen bereits gestellt, aber die größte Herausforderung war es, sich für 2022 mit all den Veränderungen aufzustellen. Es war eine extrem schwierige Zeit, aber ich bin froh, hier zu sein», macht Merlini deutlich.
In der kommenden Saison geht es unter anderen Vorzeichen weiter. Künftig werden die neuen Gresini-Piloten Fabio Di Giannantonio und Enea Bastianini auf Ducati-Maschinen sitzen.