Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Stefan Bradl: «Brauchen Nachschub, es gibt Defizite»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl wird zumindest die nächsten fünf Grand Prix auf der Repsol-Honda von Marc Márquez bestreiten. Die mangelnde Schlagkraft der Honda macht ihm Sorgen.

Die Ingenieure der Honda Racing Corporation haben schon für 2020 kein Sieger-Motorrad für die MotoGP-WM zusammengebracht. Damals plünderten Marc Márquez und Cal Crutchlow am letzten Testtag vor Ausbruch der Pandemie auf dem Losail Circuit die LCR-Box von Nakagami, um sich 2019-Teile zu sichern und ihre jämmerlichen Platzierungen in der letzten Nacht zu verbessern.

Dann stürzte Marc Márquez beim verspäteten Saisonstart im Juli in Jerez beim hoffnungslosen Kampf gegen die Yamaha-Asse Quartararo und Viñales schwer, er fiel bis April 2021 aus. Im Vorjahr versuchte die ratlosen HRC-Techniker, die vier MotoGP-Fahrer mit «customized bikes» zufriedenzustellen. Jeder Fahrer sollte also eine maßgeschneiderte RC213V nach seinen Vorstellungen bekommen.

Aber Alex Márquez und Taka Nakagami schnitten schlechter ab als 2020, und Pol Espargaró schaffte auf der Repsol-Honda in 18 Rennen nur einen Podestplatz, vier weniger als auf der KTM RC16 im Jahr davor.

Inzwischen ist es ein offenes Geheimnis, dass Pol Espargaró nach 2022 durch Joan Mir ersetzt wird. Der Weltmeister von 2020 war bisher mit einem Reihenmotor von Suzuki unterwegs. Ob er die widerspenstige V4-Honda bändigen kann, nachdem es Jorge Lorenzo, Alex Márquez, Taka Nakagami und Pol Espargaró und einigen anderen nicht gelungen ist, wird sich zeigen. Selbst Marc Márquez, im Vorjahr dreifacher MotoGP-Sieger, hat 2022 keinen Podestplatz vorzuweisen. Für ihn war die 2022-Honda offenbar eine Fehlentwicklung, ein Rückschritt. Auch bei Pol Espargaró, beim Saisonstart in Katar 2022 starker Dritter, ist die Entwicklung rückwärts gerichtet.

Marc Márquez räumte am Sonntag nach Platz 10 in Mugello ein, Honda haben bisher keine Lösung und keine Richtung für die Entwicklung der 1000-ccm-V4-Maschine gefunden.

Pol Espargaró beklagt sich, weil er auch nach eineinhalb Jahren hinten keinen ausreichenden Grip hat, Nakagami jammerte in Mugello, weil er seit dem Saisonstart kein neues Teil gesehen hat, die Stammfahrer bemängeln die nicht vorhandene Kommunikation.

Kurzum: Bei Honda ist kein Ausweg aus der Abwärtsspirale in Sicht. Und der Suzuki-Rückzug hat die Japaner bei HRC in eine Art Schockstarre versetzt. In der Team-WM liegt Repsol an achter und LCR an zehnter Position, in der Konstrukteur sitzt Honda auf dem letzten Platz fest.

MotoGP-Testfahrer Stefan Bradl macht sich nichts vor. Er kennt die hartnäckigen Tücken der RC213V. 

Stefan, die Situation bei Honda wirkt nicht gerade rosig. Marc Márquez fällt wieder für unbestimmte Zeit aus, das Motorrad ist nicht konkurrenzfähig. Selbst Marc schaffte 2022 in sechs Rennen nur einen Top-5-Platz. Und jetzt fehlt der Impulsgeber genau in der Phase, in der Input für 2023 gebraucht wird.

Ja, es gibt Defizite. Dass unser Motorrad Potenzial, das glaube ich schon. Aber wir haben den Hebel, an dem wir ansetzen müssen, damit es besser wird, noch nicht gefunden.

Die Balance passt nicht. Man verbessert sich an einer Stelle und verschlechtert sich dafür an einer anderen Stelle.

Es braucht Nachschub an neuen Teilen. Das ist auf alle Fälle notwendig.

Es ist zu schwierig, mit diesem Gerät auf eine schnelle Rennpace zu kommen. Den Ducati-Fahrern und Aleix auf der Aprilia fällt das viel leichter.

Als Honda-Fahrer musst du permanent 120 Prozent geben, damit du einigermaßen dabei bist. Du fährst die meiste Zeit über dem Limit, dadurch kannst du dir weh tun. Wenn du das Risiko nicht eingehst, bist du auf Platz 15.

Pol Espargaró klagt, er brauche hinten mehr Grip. Marc Márquez hingegen will mehr Gefühl für den Vorderreifen. Dieser Richtungsstreit führte bisher zu immer schlechteren Ergebnissen. Bei so unterschiedlichen Fahrweisen ist es schwierig, eine Lösung zu finden.

Das ist richtig; das stimmt. Das ist nicht einfach.

Marc Márquez hat immer wieder neue Lösungen probiert, aber seit dem Saisonstart sind eher Rückschritte zu erkennen. 2021  konnte Honda den Grip der weichen Michelin-Reifen im Qualifying und über eine einzelne schnelle Runde nicht ausnutzen. Das führte oft zu schlechten Startplätzen. Auch daran hat sich nichts geändert.

Gleichzeitig wird das Qualifying immer wichtiger, denn das Überholen wird immer schwieriger.

Es kommt viel zusammen.

Auf jeden Fall haben sich bei Honda alle mehr erwartet. Am Anfang in Doha hat es gut ausgeschaut. Man hat dann erwartet, wenn am neuen Motorrad noch etwas Feintuning gemacht wird, ist man konkurrenzfähig.

Da hat man sich schwer getäuscht, weil die Mitbewerber alle deutlich stärker geworden sind und die Konkurrenz nach der Saison 2021 noch einmal einen draufgelegt hat.

Man sieht ja, dass die Rundenrekorde und Top-Speed-Rekorde mittlerweile überall purzeln.

Ergebnisse MotoGP-Rennen Mugello (29. Mai):

1. Pecco Bagnaia, Ducati, 23 Runden in 41:18,923 min
2. Fabio Quartararo, Yamaha, +0,635 sec
3. Aleix Espargaró, Aprilia, +1,983
4. Johann Zarco, Ducati, +2,590
5. Marco Bezzecchi, Ducati, +3,067
6. Luca Marini, Ducati, +3,875
7. Brad Binder, KTM, +4,067
8. Takaaki Nakagami, Honda, +10,944
9. Miguel Oliveira, KTM, +11,256
10. Marc Márquez, Honda, +11,800
11. Fabio Di Giannantonio, Ducati, +12,916
12. Maverick Vinales, Aprilia, +12,917
13. Jorge Martin, Ducati, +17,240
14. Alex Márquez, Honda, +17,568
15. Jack Miller, Ducati, +17,687
16. Darryn Binder, Yamaha, +20,265
17. Franco Morbidelli, Yamaha, +20,296
18. Michele Pirro, Ducati, +21,305
19. Remy Gardner, KTM, +30,548
20. Andrea Dovizioso, Yamaha, +31,011
21. Raúl Fernández, KTM, +42,723
22. Lorenzo Savadori, Aprilia, 1 Runde zurück
– Enea Bastianini, Ducati, 10 Runden zurück
– Alex Rins, Suzuki, 16 Runden zurück
– Joan Mir, Suzuki, 16 Runden zurück
– Pol Espargaró, Honda, 19 Runden zurück

Fahrer-WM-Stand nach 8 von 20 Grands Prix:

1. Quartararo, 122 Punkte. 2. Aleix Espargaró 114. 3. Bastianini 94. 4. Bagnaia 81. 5. Zarco 75. 6. Rins 69. 7. Brad Binder 65. 8. Miller 63. 9. Marc Márquez 60. 10. Mir 56. 11. Oliveira 50. 12. Pol Espargaró 40. 13. Nakagami 38. 14. Viñales 37. 15. Martin 31. 16. Marini 31. 17. Bezzecchi 30. 18. Alex Márquez 20. 19. Morbidelli 19. 20. Di Giannantonio 8. 21. Dovizioso 8. 21. Darryn Binder 6. 23. Gardner 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 181 Punkte. 2. Yamaha 122. 3. Aprilia 115. 4. KTM 93. 5. Suzuki 80. 6. Honda 75.

Team-WM:

1. Aprilia Racing, 151 Punkte. 2. Ducati Lenovo 144. 3. Monster Energy Yamaha 141. 4. Suzuki Ecstar 125. 5. Red Bull KTM Factory 115. 6. Prima Pramac Racing 106. 7. Gresini Racing 102. 8. Repsol Honda 100. 9. Mooney VR46 Racing 61. 10. LCR Honda 58. 11. WithU Yamaha RNF 14. 12. Tech3 KTM Factory 3.

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Ein Hoch auf die Könner in der MotoGP

Von Michael Scott
Nasse Bedingungen verschieben die Kräfteverhältnisse in der MotoGP. Die technische Überlegenheit eines Motorrads tritt in den Hintergrund, Fahrer können ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen – so wie im Thailand-GP.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Di. 05.11., 17:30, Eurosport
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Di. 05.11., 18:10, Motorvision TV
    FIM Sidecarcross World Championship
  • Di. 05.11., 19:00, Motorvision TV
    FIM X-Trial World Championship
  • Di. 05.11., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Di. 05.11., 20:00, Motorvision TV
    Tourenwagen: Supercars Championship
  • Di. 05.11., 20:55, Motorvision TV
    FastZone
  • Di. 05.11., 21:25, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Di. 05.11., 22:55, SPORT1+
    NASCAR Cup Series
  • Mi. 06.11., 00:00, Eurosport 2
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Mi. 06.11., 00:50, Motorvision TV
    Tourenwagen: Supercars Championship
» zum TV-Programm
6.66 27091103 C0511054515 | 18