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Gigi Dall'Igna über Fahrer, Verträge & unfaire Deals

Von Günther Wiesinger
MotoGP-Asse wie Martin und Bezzecchi erwecken auch bei der Konkurrenz (wie Yamaha) Aufmerksamkeit. Aber Gigi Dall'Igna weiß, wie man Topfahrer bei der Stange hält. Mit etwas Kleingeld – und vor allem siegreichen Bikes.

Gigi Dall’Igna kam im Oktober 2013 als General Manager von Aprilia zu Ducati Corse und brauchte dann neun Jahre, ehe er mit Francesco «Pecco» Bagnaia sein Ziel erreichte und die Fahrer-Weltmeisterschaft gewann – und gleichzeitig erstmals in seiner Ducati-Zeit auch die Superbike-WM mit Álvaro Bautista. Die Marken-WM gewann Ducati dreimal hintereinander – 2020, 2021 und 2022.

Für die laufende Saison haben sich die Ducati-Manager zum Ziel gesetzt, die MotoGP-Performance von 2022 zu bestätigen. Die letztjährige Bilanz ist eindrucksvoll: Die vier Teams und acht Fahrer haben zwölf GP-Siege, 16 Pole-Positions und 32 Podestplätze sichergestellt. In der Fahrer-WM wurden vier Ducati-Fahrer in die Top-8 befördert.

Die Bilanz 2023 sieht vor dem Heim-GP ähnlich gut aus. Die ersten fünf Grand Prix bescherten Ducati mit Bagnaia in Portimão und Jerez sowie Bezzecchi in Termas de Río Hondo und Le Mans vier weitere MotoGP-Siege, vor dem Italien-GP liegen dann gleich fünf Ducati-Piloten in der Fahrer-WM unter den Top-6.

Ducati rüstet auch in diesem Jahr vier Teams aus und hat es inzwischen geschafft, sich auch für 2024 mit den drei Kundenteams Pramac, Mooney VR46 und Gresini Racing zu verbünden, obwohl der neue Deal mit Gresini noch nicht in Stein gemeisselt ist.

Aber Yamaha wird auch 2024 kein Kundenteam betreiben, die Pierer-Gruppe ist mit zwei Teams (Red Bull KTM und GASGAS-Tech3) reichlich ausgelastet; Aprilia wird ebenfalls kein neues Satellitenteam beliefern.

«Wir arbeiten daran, die aktuelle Situation mit vier Teams und acht Fahrern fortführen zu können. Das ist eine gute Situation für uns», versichert Gigi Dall’Igna im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Und zwar in Bezug auf das Budget und ganz sicher auch in Bezug auf die sportlichen Aspekte. Denn im Vorjahr war Bastianini bei Gresini unterwegs, er hat vier Rennen gewonnen und ist WM-Dritter geworden. Dann haben wir ihn ins Ducati Lenovo-Team geholt.»

Der Ducati-Rennchef will die Beschwerden, es sei unfairer Wettbewerb, wenn Ducati doppelt so viele Bikes wie Honda, KTM und Aprilia im Feld habe und viermal so viele wie Yamaha, nicht mehr hören.

«Die Vorschriften sind für alle Hersteller gleich. Die anderen Hersteller können jederzeit unsere Strategie kopieren, wenn sie das wollen», ergänzte der 56-jähriger Italiener.

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti hat im SPEEDWEEK.com-Interview in Le Mans verraten, das Werk aus Borgo Panigale würde 2024 gern bei Lenovo und Pramac mit denselben vier Fahrern weitermachen. Also mit Bagnaia und Bastianini und dem Pramac-Duo Martin und Zarco.

«Wir stehen noch am Beginn der Saison», will Gigi Dall’Igna nichts überstürzen. «Wir wissen jetzt noch nicht genau, wie die beste Lösung für Ducati 2024 aussehen wird. Ich bin wirklich happy mit der Performance unserer Fahrer. Alle von ihnen sind wirklich schnell; manche mehr, manche etwas weniger. Aber trotzdem: Der Durchschnitt des Performance-Levels unserer Fahrer ist wirklich sehr, sehr hoch. Das macht uns sehr glücklich. Aber wir müssen noch herausfinden, welche Fahrerpaarungen für uns 2024 die sinnvollsten sind.»

Fakt ist, dass Bezzecchi Anspruch auf einen Platz bei Pramac erhebt und Jorge Martin bei Yamaha auf der Wunschliste steht. Auch «Bez» wäre dort als Teamkollege von Quartararo willkommen.

Aber der Spanier hat schon erwähnt, dass er sich bei Pramac-Ducati sehr wohl fühlt; auch der Italiener will unbedingt bei Ducati weiterfahren. Kein Wunder angesichts der tristen Yamaha-M1-Performance.

«Am Ende müssen die Fahrer das Fabrikat fahren, das sie sich wünschen», hält Gigi Dall’Igna fest. «Die Fahrer müssen den Weg gehen, den sie für den besten halten. Wir müssen berücksichtigen, was der Fahrer haben will. Ich würde gerne mit Jorge Martin weitermachen, weil er ganz sicher ein sehr guter Fahrer ist. Wir haben nicht die geringsten Probleme mit ihm. Jorge ist ein sehr netter Kerl. Die Zusammenarbeit mit ihm klappt vorzüglich, alle Ducati-Techniker loben ihn und kommen ausgezeichnet mit ihm aus.»

«Sicher, die Verträge, die die Fahrer unterschreiben, sind wichtig. Aber die Fahrer wollen immer das bestmögliche Bike fahren», ist sich Dall'Igna bewusst. Und dieses Fahrzeug wird seit einiger Zeit unter der Aufsicht von Gigi Dall'Igna in Borgo Panigale erzeugt. 

2020: Wie sich Jorge Martin bei KTM verabschiedet hat

Jorge Martin war zum Beispiel in seiner Moto2-Saison 2020 bei Red Bull-KTM Ajo nicht überzeugt, dass die KTM RC16 für seine MotoGP-Rookie-Saison 2021 der beste fahrbare Untersatz sei.

Deshalb kaufte sich der «Martinator» für 40.000 Euro aus dem KTM-Vertrag frei – und bescherte Pramac-Ducati in Spielberg 2021 den ersten MotoGP-Sieg seit Beginn der Zusammenarbeit mit Ducati 2005. 

«Ich glaube, es ist nicht wirklich fair, wenn du einen jungen Fahrer für die MotoGP-WM verpflichtest, weil du ein gutes Team in der Moto3- und Moto2-WM hast», gibt Ducati-Rennchef Dall'Igna zu bedenken. 

Anderseits: So eine Vorgehensweise ist weder unüblich noch verboten – genau so wenig wie die Belieferung von vier MotoGP-Teams. 

Denn auch Fausto Gresini hat ein Sam Lowes in seinem Moto2-Team für die MotoGP ausgebildet und ihn dann mit Aprilia in die MotoGP befördert. MoviStar-Honda mit den Teams von Puig und Gresini hat das mit einer ganzen Reihe von Fahrern gemacht – bei Dani Pedrosa zum Beispiel, der erst nach den drei Titelgewinnen (125 ccm und 250 ccm) in die MotoGP zu Repsol befördert wurde. Auch Pons, Avintia und Martinez sowie das Petronas-SIC-Team haben ihre MotoGP-Fahrer gern und teilweise aus ihren Nachwuchsteams rekrutiert. 

HRC hat mit Marc Márquez, Joan Mir und Alex Rins drei Fahrer unter Vertrag, die schon in den kleinen Klassen (Marc 2012 in der Moto2) von Honda für höhere Aufgaben aufgebaut wurden. Auch wenn Mir und Rins zwischendurch bei Suzuki Zwischenstation gemacht haben. Und heute dient das Honda-Asia-Team von Hiroshi Aoyama als Gehschule für spätere HRC-Asse. Ai Ogura war schon 2022 ein Kandidat für das LCR-Honda-Team.

Yamaha betreibt das Master-Camp-Moto2-Team (Fahrer: Manuel Gonzalez und Kohta Nozane) als Wartesaal für potenzielle MotoGP-Rookies.

Aprilia Racing verfolgte im Lockdown den Plan, das American Racing-Moto2-Team mit der Ausbildung von Fahrern für die Königsklasse zu beauftragen, als der Kalifornier Joe Roberts seinen Höhenflug erlebte. Aber diese Zusammenarbeit kam nie zustande. 

Valentino Rossi hat sein MotoGP-Team für 2022 nicht zuletzt deshalb gegründet, damit er Talente wie Pecco Bagnaia (den er Pramac-Ducati überlassen musste) künftig nach der Moto2-Klasse nicht mehr verliert, sondern ihnen zumindest eine gewisse Zeit lang eine MotoGP-Heimat  bieten kann – wie Marco Bezzecchi und Luca Marini nach ihrer Moto2-Karriere beim Sky VR46 Team.  

Ergebnisse MotoGP-Rennen Le Mans/F:

1. Marco Bezzecchi (I), Ducati, 27 Runden in 41:37,970 min
2. Jorge Martin (E), Ducati, +4,256 sec
3. Johann Zarco (F), Ducati, +4,795
4. Augusto Fernández (E), KTM, +6.281
5. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +6,726
6. Brad Binder (ZA), KTM, +13,638
7. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +15,023
8. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +15,826
9. Takaaki Nakagami (J), Honda, +16,370
10. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +17,828
11. Danilo Petrucci (I), Ducati, +29,735
12. Lorenzo Savadori (I), Aprilia, +36,125
13. Jonas Folger (D), KTM, +49,808
– Marc Márquez (E), Honda, 2 Runden zurück
– Jack Miller (AUS), KTM, 3 Runden zurück
– Alex Rins (E), Honda, 13 Runden zurück
– Joan Mir (E), Honda, 15 Runden zurück
– Luca Marini (I), Ducati, 22 Runden zurück
– Alex Márquez (E), Ducati, 22 Runden zurück
– Francesco Bagnaia (I), Ducati, 23 Runden zurück
– Maverick Viñales (E), Aprilia, 23 Runden zurück

MotoGP-Ergebnis Sprint, Le Mans (13.05.):

1. Martin, Ducati, 13 Rdn in 19:59,037 min
2. Brad Binder, KTM, + 1,840 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 2,632
4. Marini, Ducati, + 3,418
5. Marc Márquez, Honda, + 3,541
6. Zarco, Ducati, + 4,483
7. Bezzecchi, Ducati, + 5,224
8. Aleix Espargaró, Aprilia, + 6,359
9. Viñales, Aprilia, + 8,336
10. Nakagami, Honda, + 9,439
11. Rins, Honda, + 12,388
12. Di Giannantonio, Ducati, + 14,125
13. Morbidelli, Yamaha, + 15,121
14. Mir, Honda, + 15,383
15. Alex Márquez, Ducati, + 15,591
16. Petrucci, Ducati, + 19,415
17. Savadori, Aprilia, + 26,992
– Quartararo, Yamaha, 4 Runden zurück
– Folger, KTM, 5 Runden zurück
– Augusto Fernández, KTM, 8 Runden zurück
– Miller, KTM, 12 Runden zurück

WM-Stand nach 10 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 94 Punkte. 2. Bezzecchi 93. 3. Binder 81. 4. Martin 80. 5. Zarco 66. 6. Marini 54. 7. Viñales 49. 8. Miller 49. 9. Quartararo 49. 10. Rins 47. 11. Aleix Espargaró 42. 12. Alex Márquez 41. 13. Morbidelli 40. 14. Augusto Fernández 30. 15. Di Giannantonio 25. 16. Oliveira 21. 17. Nakagami 21. 18. Dani Pedrosa (E), KTM, 13. 19. Marc Márquez 12. 20. Folger 7. 21. Mir 5. 22. Petrucci 5. 23. Michele Pirro (I), Ducati, 5. 24. Savadori 4. 25. Raúl Fernández (E), Aprilia, 3. 26. Stefan Bradl (D), Honda 2.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 174 Punkte. 2. KTM 103. 3. Aprilia 80. 4. Honda 73. 5. Yamaha 58.

Team-WM:

1. Mooney VR46 Racing, 147 Punkte. 2. Prima Pramac Racing 146. 3. Red Bull KTM Factory Racing 130. 4. Ducati Lenovo Team 104. 5. Aprilia Racing 91. 6. Monster Energy Yamaha 89. 7. LCR Honda 68. 8. Gresini Racing 66. 9. GASGAS Factory Racing Tech3, 37. 10. CryptoDATA RNF 28. 11. Repsol Honda 17.

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