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MotoGP-Transfers: Weisen die Marken-Neulinge den Weg?

Kolumne von Michael Scott
Fünf MotoGP-Piloten vollzogen für die Saison 2024 einen Markenwechsel. SPEEDWEEK.com-Kolumnist Michael Scott analysiert die Ausgangslage für die «Neuen» – und die Bedeutung für 2025.

Vor uns liegt eine Übergangssaison 2024. Einige Wechsel fanden bereits statt, andere brauen sich zusammen, sind aber noch in der Schwebe. Bis zum Ende des Jahres ist das Potenzial für weitreichende Veränderungen auf dem Fahrermarkt groß.

Fast alle Verträge laufen per Saisonende 2024 aus. Die Ausnahme bilden Brad Binder, der mit KTM bereits bis inklusive 2026 verlängerte, und die Honda-Neuzugänge Johann Zarco und Luca Marini, die jeweils Zwei-Jahres-Verträge bis Ende 2025 unterzeichneten.

Damit rücken jene MotoGP-Piloten, die für dieses Jahr einen Markenwechsel vollzogen, noch mehr in den Fokus. Es sind gleich fünf – ungewöhnlich viele, fast schon eine echte Seltenheit.

Die meisten Fahrer neigen heutzutage dazu, tunlichst bei einem Hersteller zu verbleiben, und das nicht nur im Interesse einer Karriere nach ihrer aktiven Zeit als Rennfahrer. Das aktuelle Regelwerk, das mit restriktiven Vorschriften wie einem exklusiven Reifenlieferanten, Einheits-ECU und vorgeschriebener Zylinderanzahl und -Bohrung möglichst gleiche Voraussetzungen für alle Werke schaffen soll, macht alle Bikes sehr ähnlich. Paradoxerweise verstärkt das wiederum die minimalen Unterschiede. Der Teufel steckt im Detail.

MotoGP-Piloten berichten oft davon, wie schwierig ein Markenwechsel sei. Spürbare Unterschiede wirken sich auf das entscheidende Feeling aus. Besonders kritisch ist das in Sachen Motorkonzept: V4 oder Vierzylinder-Reihenmotor, wobei der Letztere nach dem Suzuki-Rückzug nur noch bei Yamaha verbaut wird.

Es gibt Unterschiede in der Gasannahme und der Leistungsentfaltung, die jedoch durch die Abstimmung und die Elektronik verringert werden können. Was sich nicht beeinflussen lässt, ist die Länge der Kurbelwelle. Ein Reihenmotor ist unweigerlich breiter als ein V-Motor und womöglich auch höher – je nachdem, wie der V-Motor im Chassis verbaut ist. Der Reihenmotor muss höher platziert werden, was sich auf die Gewichtsverteilung beim Bremsen und Beschleunigen auswirkt – was nicht zwingend ein Nachteil ist. Er ist zudem kürzer, am bedeutendsten ist jedoch der gyroskopische Effekt einer längeren Kurbelwelle.

Auch hier gibt es Vor- und Nachteile. Grob gesagt kann die Yamaha auf weiten Linien eine höhere Kurvengeschwindigkeit halten, die Bikes mit V4-Motor sind agiler. Am Limit fühlen sie sich komplett anders an. Selbst bei V4-Motoren verändern feine Unterschiede im Zündintervall (KTM setzt auf einen 86-Grad-V4, die anderen auf 90 Grad) das Gefühl.

Die Markenneulinge 2024

Prominentester Faktor im Fahrerkarussell ist natürlich Marc Márquez. Sein Ducati-Debüt beim Valencia-Test zwei Tage nach dem Ende seiner elfjährigen Repsol-Honda-Karriere mag vielleicht den Eindruck erwecken, als sei der Wechsel einfach. In seinem cleanen Test-Look und mit seinem verschmitzten Grinsen gehörte er zu den schnellen Jungs des ersten Wintertesttages.

Während der unerschütterliche Glaube an sich selbst für jeden, der in der MotoGP-WM antritt, unerlässlich ist, muss er doch zumindest mit einem Hauch von bewusster Selbstwahrnehmung gedämpft werden. Anders gesagt: Marc Márquez sollte zwar nicht als übermenschlich angesehen werden, aber sein Talent ist doch etwas, zu dem man aufschaut.

Das ist bei Marini und Zarco nicht ganz so stark der Fall. In puncto Alter und Erfahrung sind ihre Voraussetzungen andere, gemeinsam haben sie das Risiko, von der nachweislich überlegenen Ducati auf die weniger konkurrenzfähige und oft tückische Honda zu klettern.

Natürlich kann und wird die RC213V besser werden, aber selbst die mächtige Honda Racing Corporation wird dafür eine Weile brauchen – und dazu das richtige Feedback der Fahrer, was genauso schwierig sein könnte wie die unmittelbarere Herausforderung, auf dem Bike sitzen zu bleiben.

Franco Morbidelli dagegen ist genauso in Luxus gebettet wie Márquez: Er steigt von der strauchelnden Yamaha M1 auf die Referenz – die Ducati Desmosedici. Allerdings hat «Franky» auch viel zu beweisen. Kann sich der Moto2-Champion von 2017 und MotoGP-Vizeweltmeister von 2020 aus dem Sumpf befreien, in dem er in seinen mühsamen Jahren als Yamaha-Werksfahrer versunken war?

Dann gibt es da noch einen Alex Rins, der von den vielen Honda-Sturzopfern am schwersten getroffen wurde, aber einen Ausweg fand: Er wechselt mit einem Ein-Jahres-Vertrag an die Seite von Fabio Quartararo ins Yamaha-Werksteam und hofft auf eine verbesserte M1.

Stille Wasser sind tief. Rins ist der einzige Fahrer, der Honda im Vorjahr zumindest einen Sieg bescherte, ehe er in Mugello eine langwierige Beinverletzung erlitt. Er kann sich damit trösten (falls es denn ein Trost ist) wieder einen Reihenmotor vorzufinden, wie zu seinen Suzuki-Zeiten. Falls Yamaha den Schlüssel zur Lösung ihres komplizierten Problems findet – die Leistung auf das Niveau der Konkurrenz zu heben, ohne gleichzeitig das feine Handling in die Tonne zu treten – könnte er Quartararo Kopfzerbrechen bereiten.

Alle werden sehr genau beobachten, wie es den Markenneulingen ergeht, weil sich in diesem Jahr auch für andere einige Chancen auf einen Wechsel auftun werden. Nach aktuellem Stand werden die meisten MotoGP-Piloten entweder versuchen, eine Ducati zu ergattern oder ihren Platz zu halten. Es gäbe aber auch noch andere faszinierende Möglichkeiten.

Wie wäre es zum Beispiel mit KTM und Marc Márquez? Wenn der österreichische Hersteller die Entwicklungspace aus dem vergangenen Jahr aufrechterhalten kann, dürften sie 2024 mit Ducati mithalten.

Und warum sollten sie künftig nicht doch noch Márquez ins Aufgebot holen, und die nächste große Kraft werden?

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Von Ivo Schützbach
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