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KTM-Ingenieur Felber erklärt großen Acosta-Crash

Von Thomas Kuttruf
Den Österreich-GP 2024 wird MotoGP-Rookie Pedro so schnell nicht vergessen. Einer von drei Abflügen am Freitag ereignete sich bei fast 270 km/h. KTM-Entwickler Wolfgang Felber über die komplexen Zusammenhänge.

Als Spaniens jüngster MotoGP-Diamant Pedro Acosta am vergangenen Freitag zur Arbeit erschien, war dem GASGAS-Piloten nur theoretisch bewusst, wie herausfordernd der Red Bull Ring auf einem 300-PS-Einspur-Prototyp zu meistern ist.

Einen halben Tag und drei Stürze später war der 20-jährige Spanier auch mit der Praxis vertraut. Von hinten nach vorne: Abflug Nummer 3 in der zweiten Trainingseinheit am Nachmittag war ein vergleichsweise konventioneller Sturz. Eingangs Kurve 9, der schnellen vorletzten Bergab-Rechtskurve, war Acosta einen Hauch zu schnell. Bereits in Schräglage und über eine leichte Unebenheit rollend trennten sich Mann und Maschine bei rund 170 km/h. Die RC16 schlug hart auf und war für die weitere Sitzung abgeschrieben.

Sportlich hatte der letzte Sturz die größten Folgen. Denn Acosta musste zur Halbzeit des wichtigen Zeittrainings das Motorrad wechseln.  Wenn auch denkbar knapp verpasste der jüngste der RC16-Fahrer den direkten Einzug ins wichtige zweite Qualifying.

Sturz 1 und 2 ereigneten sich am Vormittag und standen in Verbindung. Das erste Mal ging die #31 in der seit 2023 genutzten Schikane zu Boden. Der Streckenabschnitt führt bergauf und wird in leichter Links-Schräglage angebremst. Ein Umstand, der für den Vorderreifen bereits viel Stresspotenzial mit sich bringt.

Das bestätigt auch Wolfgang Felber. Der verantwortliche Ingenieur der Chassisentwicklung in der KTM-Werksrennsportabteilung über die Besonderheiten der Piste: «Das Layout des Rings schaut auf dem Papier wenig spannend aus – in der Realität bedeutet der Red Bull Ring aber eine enorme Herausforderung für das Material. Das liegt zum einen den vielen langsamen Kurven und den entsprechend langen Verzögerungshasen, die dann dreimal bergauf und viermal bergab führen.»

Der Ex-Rennfahrer weiter: «Das führt zu sehr hohen Temperaturen in der Bremsanlage. Verstärkt wird der Stress durch die Belastungswechsel. Bergauf herrschen andere Kräfte als bergab, wenn das Fahrzeug die nahezu gesamte Last auf das Vorderrad bringt. Durch die wechselnde Belastung sind die Temperatursprünge größer.»

Womit sich dann auch der spektakulärste Sturz des gesamten GP-Wochenendes erklären lässt. Nur eine Runde nach dem vergleichsweisen sanften Ausrutscher in der Schikane beschleunigte Acosta mit voller Wucht in Richtung Kurve 4. Die Strecke führt deutlich bergab. Aus voller Beschleunigung mit stark entlastetem Vorderrad ändern sich die Lastverhältnisse im Motorrad beim Anlegen der massiven Karbonbremse in kürzester Zeit radikal. Während das Bike zunächst nur über den hinteren Slick geführt wird, verschieben sich die Kräfte abrupt auf den schmaleren Slick am Vorderrad.

Als Spezialität kommt hinzu, auch hier befindet sich die Einheit aus Fahrer und Motorrad um einige Grad geneigt. Pedro Acosta erreichte den Bremspunkt vor Kurve 4 dieses Mal außerdem minimal abseits der Ideallinie. Ein weiterer, kleiner Verstärker.

Doch die Hauptursache, warum der vordere Michelin-Reifen bei knapp 270 km/h so stark blockierte, dass Acosta keine Chance hatte, die Front zu kontrollieren, war ein zu heftiger Temperarturschock. In der Bergungsphase nach Crash 1 war die Temperatur an der Reifenoberfläche um über 30 Grad abgefallen. Die größte Differenz war im Zentrum und auf der rechten Flanke entstanden.

Als nun die volle Bremskraft abgerufen wurde und sich das Bike fast zeitgleich von links über den Nullpunkt in leichte Rechtslage bewegte, da kollabierte das sensible System. In dem Moment war es für Pedro Acosta unmöglich, den Highspeed-Crash zu vermeiden.

Wolfgang Felber unterstreicht: «Es sind hier einige Punkte zusammengekommen. Wie gesagt hat das Layout einen Anteil, dazu die Linie und damit etwas mehr Dreck auf dem Untergrund.  Aber entscheidend war die zu geringe Temperatur im Vorderreifen.»

Bekanntermaßen überstand der GASGAS-Pilot den haarsträubenden Unfall ohne Verletzung. An der Einsatzbereitschaft des Rookies änderte sich für alle sichtbar auch im weiteren Verlauf des Spielberg-GP nichts. Das freie Training am Freitag wird Pedro Acosta aber als besonders intensive Lehrstunde seiner MotoGP-Ausbildung in Erinnerung bleiben.

Ergebnisse MotoGP Spielberg, Rennen (18. August):

1. Francesco Bagnaia, (I) Ducati, 28 Runden in 42:11,173 min
2. Jorge Martín (E), Ducati, +3,232 sec
3. Enea Bastianini (I) Ducati +7,357
4. Marc Márquez (E), Ducati, +13,836
5. Brad Binder (ZA), KTM, +18,620
6. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +21,206
7. Maverick Viñales (E), Aprilia, +24,322
8. Franco Morbidelli (I), Ducati, +27,677
9. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +28,829
10. Alex Márquez (E), Ducati +30,268
11. Pol Espargaró (E), KTM +30,526
12. Miguel Oliveira (P), Aprilia, +30,702
13. Pedro Acosta (E), KTM, +33,736
14. Takaaki Nakagami (J), Honda, +36,310
15. Augusto Fernandez (E), KTM, +36,522
16. Alex Rins (E), Yamaha, +37,571
17. Joan Mir (E), Honda, +40,432
18. Fabio Quartararo (F), Yamaha, 43,788
19. Jack Miller (AUS), KTM, +44,134
20. Lorenzo Savadori (I), Aprilia, +44,576
21. Johann Zarco (F),Honda, +54,126
22. Stefan Bradl (D), Honda, +54,923
– Raúl Fernández (E), Aprilia, 1 Runde zurück
– Luca Marini (I), Honda, 23 Runden zurück

Ergebnisse MotoGP Spielberg, Sprint (17. August):

1. Francesco Bagnaia (I), Ducati, 14 Runden in 20:59,768 min
2. Jorge Martín (E), Ducati, +4,673 sec
3. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +7,584
4. Enea Bastianini (I), Ducati, +9,685
5. Jack Miller (AUS), KTM, +10,421
6. Franco Morbidelli (I), Ducati, +10,523
7. Brad Binder (ZA), KTM, +10,941
8. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +11,932
9. Pol Espargaró, (E), KTM, +15,101
10. Pedro Acosta (E), KTM, +16,611
11. Maverick Viñales (E), Aprilia, +16,759
12. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +17,943
13. Miguel Oliveira (P), Aprilia, +18,304
14. Raúl Fernández (E), Aprilia, +19,185
15. Johann Zarco (F), Honda, +21,330
16. Takaaki Nakagami (J), Honda, +22,940
17. Luca Marini (I), Honda, +25,830
18. Lorenzo Savadori (I), Aprilia, +26,622
19. Joan Mir (E), Honda, +27,458
20. Alex Márquez (E), Ducati, +37,870
– Augusto Fernández (E), KTM, 3 Runden zurück
– Alex Rins (E), Yamaha, 4 Runden zurück
– Marc Márquez (E), Ducati, 4 Runden zurück
– Stefan Bradl (D), Honda, 9 Runden zurück

WM-Stand nach 22 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 275 Punkte. 2. Martin 270. 3. Bastianini 214. 4. Marc Marquez 192. 5. Vinales 139. 6. Binder 128. 7. Acosta 125. 8. Aleix Espargaro 113. 9. Di Giannantonio 104. 10. Alex Marquez 98. 11. Bezzecchi 73. 12. Morbidelli 73. 13. Oliveira 55. 14. Quartararo 49. 15. Miller 47. 16. Raul Fernandez 46. 17. Augusto Fernandez 16. 18. Zarco 14. 19. Mir 13. 20. Nakagami 13. 21. Rins 8. 22. Pedrosa 7. 23. Pol Espargaro 6. 24. Marini 1.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 389 Punkte. 2. Aprilia 208. 3. KTM 194. 4. Yamaha 53. 5. Honda 28.

Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 489 Punkte. 2. Prima Pramac Racing 343. 3. Gresini Racing MotoGP 290. 4. Aprilia Racing 252. 5. Pertamina Enduro VR46 Racing Team 177. 6. Red Bull KTM Factory Racing 175. 7. Red Bull GASGAS Tech3 141. 8. Trackhouse Racing 101. 9. Monster Energy Yamaha MotoGP 57. 10. LCR Honda 27. 11. Repsol Honda 14.

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