Di Giannantonio enttäuscht: Wo ist der Sportsgeist?

Fabio Di Giannantonio stecken die Ereignisse in Katar immer noch in den Knochen
Fabio Di Giannantonio reist als WM-Fünfter zum Spanien-GP in Jerez, doch die Eindrücke des vergangenen Rennens in Katar wirken bei ihm noch deutlich nach. Der VR46-Pilot war in ein chaotisches MotoGP-Rennen verwickelt, das ihm nicht nur sportlich, sondern auch emotional einiges abverlangte. Nach einem Zwischenfall mit Alex Marquez, bei dem er viel Zeit verlor und gehandicapt unterwegs war, wurde er kurz darauf Zeuge des schweren Sturzes von Jorge Martin. Dazu kam, dass der Italiener nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und den Weltmeister mit dem Vorderrad seiner Ducati berührte.
Dieser Moment beschäftigte den 26-Jährigen auch am Donnerstag vor dem Rennwochenende in Jerez. «Ehrlich gesagt, ich habe mich nie mehr richtig gefangen. Ich bin zwar weitergefahren, aber innerlich war ich nicht mehr da», schilderte Di Giannantonio. «Ich habe dann vor Martins Box gehalten. Ich wollte einfach wissen, ob es ihm gut geht.» Der Rennverlauf war aus seiner Sicht damit zweitrangig geworden.
Die Szene mit Alex Marquez hatte vorher für Ärger gesorgt. «Ich habe wegen diesem Manöver viel Zeit verloren. Drei Runden lang konnte ich kaum richtig fahren», berichtete «Diggia». Erschwert wurde das Ganze durch die Auslösung seines Airbags und durch die Tatsache, dass sein Schutzsystem derzeit im Rahmen von Entwicklungsarbeiten mit Dainese getestet wird. «Das Modell war etwas anders – besser bei Stürzen, aber sehr schwierig zu fahren, wenn er einmal auslöst. Ich konnte mich kaum noch auf dem Bike bewegen.» Von Alex Marquez gab es laut dem Italiener weder ein Gespräch noch eine Nachricht: «Er kam nie zu uns, niemand aus seinem Team. Er hat meine Nummer, aber ich habe keine Nachricht bekommen.»
Im weiteren Verlauf des Rennens kam es dann noch zu einem Kontakt mit Joan Mir, der ihm eine Strafe einbrachte. «Ich habe mich bei ihm entschuldigt. Aber insgesamt war das alles zu viel. Das Ergebnis war mir danach eigentlich egal», erklärte er. In seinen Worten schwingt keine Wut, sondern eher eine Art Resignation mit. «Ich möchte das Thema nicht zu groß machen. Ich hätte mir etwas mehr Sportgeist gewünscht, aber jetzt sind wir hier – und wir machen unseren Job.»
Aus gesundheitlicher Sicht gibt es Positives zu vermelden: Die Schulterverletzung, die ihn zuletzt noch eingeschränkt hatte, bereitet ihm auf dem Motorrad keine Probleme mehr. «Meine Schulter ist wieder gut. Auf dem Bike fühle ich mich bei 100 Prozent. Zuhause oder beim Training merke ich noch ein paar kleine Einschränkungen, aber auf dem Motorrad ist alles okay.»
Mit 48 Punkten ist Di Giannantonio aktuell auf dem fünften Platz in der Gesamtwertung – Teamkollege Franco Morbidelli steht bei 78 Zählern einen Platz vor ihm. In Jerez will er wieder ein Zeichen setzen, um näher heranzurücken.