KTM-Ingenieur Risse: «So wenig wie möglich anfassen»
KTM-Pilot Maverick Vinales verblüffte beim Wüsten-GP von Katar. Der Spanier war auf der RC16 bereits in der Qualifikation zur Stelle und schaffte es beim wichtigen Q2 in die zweite Reihe. Damit deutete Vinales bereits an, was am Sonntag kommen sollte. Erstmals gelang es 2025 einem KTM-Chauffeur, mit dem Prototyp aus Österreich über die volle Distanz konkurrenzfähig zu sein.
Dass dem Erfolg die Punkte nach der verhängten Strafe (plus 16 Sekunden) für das Unterschreiten des vorgeschriebenen Reifenluftdrucks aberkannt wurden, tat weh, änderte aber nichts an dem Fortschritt. Denn der zu geringe Luftdruck im vorderen Slick der Vinales-KTM war nicht allein verantwortlich für die stürmische Fahrt der #12.
Vor dem ersten Training auf der Traditionsstrecke von Jerez de la Frontera wollte SPEEDWEEK.com vom leitenden KTM-Ingenieur Sebastian Risse wissen, welche Schlussfolgerungen aus der Leistung von «Top Gun» Vinales für den Spanien-GP gezogen werden konnten.
Zunächst stellte Risse klar: «Die Fahrt von Maverick, so stark sie war, war alles andere als der berühmte «Lucky Punch». Er hat über das Wochenende immer mehr Speed aufgebaut und war bereits im Q2 auf sehr hohem Niveau.»
Zur Vorgehensweise für die Sessions in Jerez verriet der Deutsche: «Es ist ein Mix aus mehreren Datensätzen. Wir schauen natürlich auf die Daten von 2024, aber nicht allein auf Jerez. Wir müssen auch bedenken, was sich jeweils zwischen Katar und Jerez am Motorrad geändert hat. Das gilt grundsätzlich, wir vergleichen die Referenzen zwischen dem Vorjahr und dem letzten GP. In diesem Fall fällt uns das jetzt relativ leicht, denn die Bikes haben sich letztes Jahr zwischen Losail und Jerez fast nicht verändert und die Basis ist für beide Strecken sehr gut vergleichbar.»
Risse ergänzt: «Dennoch hatten wir 2024 hier ein großes Drama. Viele Faktoren, die unter anderem dem Wetter geschuldet waren, haben dazu geführt, dass wir für den GP die falsche Reifenpaarung hatten. Dazu kamen gewaltige Vibrationen, die nur am Sonntag da waren – dennoch waren wir insgesamt konkurrenzfähig.»
Einen hohen Stellenwert haben dann auch die jüngsten Erfahrungen. Sebastian Risse bestätigt: «Zwar ist es nicht möglich, komplett identisch auf die Strecke zu gehen – aber wir benutzen den Letztstand als Ausgangsbasis und versuchen, so wenig wie möglich anzufassen. Erst wenn sich im Verlauf der Sessions herausstellt, dass wir damit nicht klarkommen oder andere Probleme auftauchen, müssen wir reagieren.»
Risse, der das Projekt «RC16» von Beginn an mitbetreut, gab im Vorfeld des ersten Trainingstages auch zu, dass sich während der ersten vier GP-Events zwei Lager Abstimmungsrichtungen entwickelt haben. Nach den Wintertests, die eigentlich sehr gut verlaufen sind, haben wir zunächst versucht, geschlossen diesen Weg weiterzugehen. Stand heute verfolgen Brad, Enea und Maverick auch weiterhin diesen Weg. Für Pedro Acosta hat dies Richtung nicht funktioniert. Wir sind mit ihm auf einer adaptierten Basis unterwegs, die für ihn jetzt besser funktioniert. In Argentinien gab es keine Vergleichsdaten, aber seit den USA fühlt sich auch Pedro mit seinem Paket jetzt wieder sehr wohl. Dieses Wissen, das Rennen von Maverick in Losail vor zwei Wochen und unsere gute Basis von 2024 lassen uns zuversichtlich auf die Strecke gehen.»
Durchaus Einfluss nehmen könnte der Zustand der Strecke. Erst vor wenigen Wochen hatten verheerende Regenfälle für Überflutungen gesorgt, der reguläre Streckenbetrieb musste für längere Zeit ausgesetzt werden. Auch ein geplanter privater KTM-Test musste abgesagt werden.
Bei der Streckenbegehung am Donnerstag berichteten die Piloten von sichtbaren Verschmutzungen. Es ist davon auszugehen, dass das 45-minütige FP1 am Freitag auf noch nicht idealem Untergrund über die Bühne gehen wird.