Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Gobmeier muss viele Probleme lösen

Kolumne von Günther Wiesinger
Bernhard Gobmeier und Andrea Dovizioso

Bernhard Gobmeier und Andrea Dovizioso

Bernhard Gobmeier soll Ducati Corse wieder zum Erfolg führen. Da ist viel Geduld gefragt.

Eigentlich ist es eine Herkulesaufgabe, die der bisherige BMW-Motorsport-Direktor Bernhard Gobmeier am 1. Januar als Gesandter von Audi-Chef Rupert Stadler und Audi-Vorstand Wolfgang Dürheimer als Generaldirektor von Ducati Corse übernommen hat. Er ist bei den «Roten» für die MotoGP-Klasse und die Superbike-WM verantwortlich.

Rossi und Hayden waren im Vorjahr in den Qualifyings meist 1,2 bis 2 Sekunden hinter Honda und Yamaha, in den Rennen büssten sie bis zu 30 Sekunden ein.

Natürlich wird jetzt viel schöngeredet und vom Potenzial gesprochen, das in der Ducati-Technik steckt. «Für Ducati beginnt eine neue, wichtige Ära», versicherte Ducati-Geschäftsführer Gabriele del Torchio. Wir gehören jetzt zur VW Gruppe und zu Audi. Das gibt uns Sicherheit, aber der Begriff ‹Made in Italy› wird auch künftige eine bedeutende Rolle spielen.»

Del Torchio weiss, dass unter seiner Herrschaft die himmlische Ehe mit Superstar Rossi gründlich in die Hosen gegangen ist. Sein Image ist angekratzt. Bei allen Automobilfirmen, welche die VW Group übernommen hat, sass der bisherige Chef auf einem Schleudersitz. Nach spätestens einem Jahr wurde ein deutscher Vorstandsvorsitzender oder Geschäftsführer installiert.

Del Torchio muss im Kerngeschäft rasch Erfolge vorweisen, die Produktpalette erweitern und im Rennsport erste Etappensiege gewährleisten. Mit 42.000 verkauften Motorrädern im Jahr gibt sich Audi nicht zufrieden. Dafür wurden nicht 743 Millionen Euro Kaufpreis investiert.

Gobmeier, er ist gelernter Maschinenbau-Ingenieur, wird mehr Koordination, Methodik und Übersicht ins «Grande Casino» bringen, das bei Ducati Corse in den letzten zwei MotoGP-Jahren vorgeherrscht hat. Zeitweise lagen zehn verschiedene Schwingen aus Karbon und Aluminium in den Boxen herum. Im Sommer 2011 wollte Ducati innerhalb von zwei Monaten ein Alu-Chassis aus dem Boden stampfen. Die Firma Suter Racing Technology lehnte diese Zusammenarbeit dankend ab. Sie wäre unter diesem Zeitdruck wohl ein Fiasko geworden.

Ducati verfügt nicht über die Budgets von Honda und Yamaha und auch nicht über die Manpower der japanischen Giganten. Und Audi wird sich nicht in der Rolle des Hauptsponsors sehen. Trotzdem muss 2013 der Zeitrückstand zu den Besten verringert und gleichzeitig an den neuen Motoren für 2014 gearbeitet werden. Dann gibt es erstmals ein Drehzahllimit von 16.000/min, fünf statt sechs Motoren und 20 statt 21 Liter Treibstoff pro Rennen. Diese neuen Vorschriften bedingen eventuell radikale Änderungen des V4-90-Grad-Motorenkonzepts.

Bei den Superbikes hat Aprilia 2012 mit Max Biaggi dem ruhmreichen Ducati-Team den Rang abgelaufen. Noch schlimmer: Sogar Kawasaki-Pilot Tom Sykes besiegte das Althea-Ducati-Team mit Carlos Checa.

Wegen Rossi wurde das offizielle Ducati-Superbike-Team zugesperrt, eine Schmach für alle Ducatisti. Jetzt wird es mit dem Alstare-Team von Francis Batta (Fahrer: Checa und Badovini) wieder enger an das Mutterhaus angebunden. Mit der neuen Ducati 1199 Panigale sollen wieder Erfolge einkehren.

Der erste Ducati-Mythos wurde unter dem neuen Regime von Audi bereits geopfert. Ing. Filippo Preziosi wurde nach zwölf Jahren an der Spitze von Ducati Corse abserviert und in die Serienentwicklung verbannt. Er hatte Rossi mit kühnen Versprechnungen zu Ducati gelockt und dann weiter sein eigenes Süppchen gekocht. Man sagt ihm seit Ewigkeiten nach, er traue nur den Werten seines Computers, er höre nicht auf die Fahrer. Rossi soll in der zweiten Saisonhälfte 2012 kein Wort mehr mit Preziosi gewechselt haben. Er sei ein Lügner, wurde ihm vorgeworfen.

Rossi hätte nur bei Troy Bayliss nachfragen müssen. Preziosi hatte für die Desmosedici GP04 des Jahrgangs 2004 rund 30 zusätzliche PS herbeigezaubert; das Bieste erwies sich für Capirossi und Bayliss als unfahrbar. «Wir haben 30 PS mehr, aber keiner hat nach mehr Power gefragt», wunderte sich Bayliss damals beim WM-Auftakt in Welkom/Südafrika. «Ich habe das Gefühl dieses Motorrad ist aus dem Weltraum eingeflogen worden.»

Erst als Preziosi die Motorleistung schrittweise auf den Stand von 2003 zurückführte, kehrten wieder Erfolge ein. Schon 2003 hatte das Ducati-Geschoss in der MotoGP-WM Speed-Weltrekorde im Bereich von 345 km/h erzielt.

Rossi meinte damals, er werde nie für Ducati fahren, weil dort nicht auf die Meinung der Fahrer gehört werde. Doch im Sommer 2010 blieb ihm kein anderes Ausweg.

Die neue Ducati-Führung braucht jetzt neben frischem Geld vor allem Geduld. Gegen Honda und Yamaha lassen sich nicht im Handumdrehen 1 bis 2 Sekunden aufholen.

Mit Andrea Dovizioso und Nicky Hayden verfügt Ducati für diese Phase der Rückbesinnung auf alte Qualitäten die richtigen Piloten. Sie haben nicht das Kaliber von Lorenzo, Rossi oder Pedrosa, aber sie sind bei allen Bedingungen schnell, haben schon GP-Siege errungen, sie sind immer noch ehrgeizig und fleissig und wollen ihre Chance in diesem glorreichen Werksteam unbedingt nützen.

Spätestens im Frühjahr 2014 muss Ducati wieder ein Rennmotorrad vorweisen, das seinen Namen verdient. Denn Ende 2014 laufen die Verträge sämtlicher Spitzenfahrer aus – von Lorenzo, Rossi, Pedrosa, Márquez und Bradl.

Mit einer Gurke wird kein Superstar antreten. Da nützen auch die Audi-Millionen nichts.



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