Thomas Scholz/Bridgestone: Was er über Michelin sagt
In der Saison 2016 wird der französische Reifenhersteller Michelin in der MotoGP-WM statt Bridgestone (seit 2009 Alleinausrüster) als Lieferant der Einheitsreifen antreten. Es wird dann 17 Zoll-Reifen statt 16,5 Zoll geben.
Thomas Scholz, Chief Coordinator bei Bridgestone Motorsport, gibt sich selbstbewusst. « Ich denke, wenn Michelin konsequent arbeitet, könnten sie nach zwei, drei Jahren an unsere Rundenzeiten rankommen», sagte Scholz im Interview mit SPEEDWEEK.com.
Weil der Reifenkrieg eskalierte und nach Casey Stoners Titelgewinn auf Ducati 2007 alle Spitzenfahrer zu Bridgestone drängten, wurden für 2009 in der MotoGP-WM Einheitsreifen eingeführt.
Valentino Rossi setzte damals durch, dass Rookie Jorge Lorenzo 2008 mit Michelin fahren musste, er vertraute auf Bridgestone – und gewann damit die MotoGP-Weltmeisterschaft.
Bridgestone-Chefkoordinator Thomas Scholz spricht über die Blütezeit des Reifenkriegs.
Thomas, 2008 steckte Michelin bei einigen Rennen arg in der Klemme. Zum Beispiel in Laguna Seca. Diese Piste ist nicht mehr im Kalender. Welche Strecken könnten für Michelin besonders schwierig werden? Bei Phillip Island werden sie gewarnt sein?
Ja, sie müssen auf möglichst vielen verschiedenen Strecken testen. Das Grundproblem bei Michelin 2008 war ja, dass sie gut funktioniert haben, wenn sie an einem Wochenende die richtigen Reifen rausgefummelt haben.
Aber das Problem war die Einsatzfähigkeit und die Bandbreite, es gab kein ausreichend grosses Einsatzspektrum.
Da haben wir eine Lösung gefunden, die so dominierend war, dass ab Mitte 2008 erstens unsere Qualifyer deutlich besser wurden. In diesem Bereich hatten wir Anfang 2008 noch erhebliche Schwierigkeiten gehabt. Mitte des Jahres hatten wir das Problem im Griff. Somit hatten wir unsere Fahrer schon mal am Grid weit vorne.
Wir hatten natürlich nur die richtig starke Fahrer, Stoner und Rossi, dazu Hopkins. Aber wir konnten uns vor allem mit Stoner und Rossi gut positionieren.
Michelin hat ab Mitte 2008 richtig Schwierigkeiten gekriegt.
Das Drama, fand ich, war nicht Laguna Seca. Das Drama war Brünn.
Dort ist Michelin komplett eingegangen. Brünn war damals neu asphaltiert worden. Michelin hat dort getestet, trotzdem hatten sie dann keinen Reifen, der dort funktioniert hat.
Im Rennen waren dann die Top-8-Fahrer alle auf Bridgestone unterwegs. Michelin ist dort komplett eingebrochen.
Michelin hat am Höhepunkt des Reifenkriegs oft in Europa noch nach dem Freitag-Training in Clermont-Ferrand für Samstag oder Sonntag neue Reifenmischungen produziert und sie zu den Rennen gekarrt. So etwas werden wir 2016 nicht mehr erleben.
Nein, das ist vorbei. Denn das System mit der Zuteilung der Reifen und dem Einscannen für jedes Team am Mittwoch, das wird ja beibehalten.
Michelin hat ja schon angekündigt, dass sie für alle Fahrer pro Grand Prix drei verschiedene Vorderreifen und drei verschiedene Hinterreifen bringen wollen.
Es war zu hören, dass sie künftig keine Reifen mehr nach dem Freitag-Training produzieren wollen. Aber solange sie garantieren könnten, dass sie nachgelieferten Reifen allen Fahrern zur Verfügung gestellt werden könnten, wäre es okay. Deshalb heisst es ja Einheitsreifen...
Momentan liefert Bridgestone pro Weekend drei verschiedene Vorderreifen, zwei verschiedene Mischungen für hinten.
Genau. Insgesamt kriegt jeder Fahrer 21 Slicks pro Wochenende, elf für vorne, zehn für hinten.