Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Teil 2: Gestatten? Der heißblütige Andrea Iannone!

Von Michael Scott
Andrea Iannone ist einer der außergewöhnlichen Charaktere im Paddock – nicht nur privat, sondern auch auf dem Bike. In Teil 2 erfahren Sie mehr über seine Anfänge als Rennfahrer.

Anders als die Mehrheit der derzeitigen italienischen GP-Helden stammt Andrea Iannone nicht aus der Region Rimini. Sein Heimatort heißt Vasto und liegt 320 Kilometer südlich der Adria-Küste.

Wie würdest du Vasto beschreiben, fragte ich. Erneut erhielt ich von «Maniac Joe» eine komische Antwort. «Es ist eine kleine Stadt mit einem Strand, Menschen und Geschäften. Ich denke, sie ist wie andere Städte auch.»

Zumindest nicht wie Rimini. Wenn er erlaubt: Es gibt einige Kart- und Supermotardstrecken, aber keinen Asphalt für Rennbikes. Seine Leidenschaft für den Rennsport entdeckte Iannone mit vier Jahren. Er hatte sie mit seinem Vater gemeinsam. Zu diesem Zeitpunkt bestritt sein Bruder Angelo bereits Rennen gegen den Rimini-Zirkus, Teil davon waren heute bekannte Namen wie Dovizioso, Simoncelli, Corsi …

«Wir mussten viel reisen, aber das war nicht schwierig, denn mein Vater arbeitete viel dafür.» Die finanziellen Mittel reichten scheinbar aus. Als Angelo dem Rennsport den Rücken kehrte und lieber Fußball spielte, machte Andrea weiter. So kam er auch zu seiner heutigen Startnummer: 29. «Mein Bruder startete mit der Nummer 2, ich mit der Nummer 9. Ich habe die Zahlen dann zusammengefügt.»

Die ganze Familie war verrückt nach Motorrändern. «Als ich vier Jahre alt war, standen bereits fünf Pocketbikes in der Garage. Mein Vater ist für alle Motorräder zu begeistern. Er hat eine große Sammlung. Derzeit haben wir 65 Bikes: meine erste 125-ccm-Aprilia, meine Moto2-Maschine und Trainingsbikes. In der Zukunft kann ich vielleicht ein Museum eröffnen.»

An der Schule fand Iannone jedoch keinen Gefallen. «Ich habe es gemacht, aber nur das Minimum. Nicht zu viel. Ich wollte schon immer Motorrad fahren. Als ich sechs oder sieben war, habe ich viel an meiner Maschine, einer Piaggio Super Bravo, gearbeitet.»

Dieser Zweitakter erhielt Tuningteile von Polini – Zylinder, Auspuff und so weiter. «Ich habe alles selbst gemacht. Wenn ich Probleme habe, arbeite ich auch heute am liebsten noch an meinen Motorrädern. Doch meine GP-Bikes fasse ich nicht an, denn in der Box habe ich ein Genie für die Technik. Zuhause spiele ich damit, aber meine Karriere ist kein Spiel.»

Das «Kein-Spiel» spielt er bereits seit 2005 auf Weltniveau, nachdem er sich in italienischen und spanischen Meisterschaften bewiesen hatte. Sein erster 125-ccm-Sieg kam drei Jahre später im strömenden Regen von China. 2009 gewann er dann die ersten beiden Saisonrennen, aber das Jahr war von schwankenden Leistungen geprägt  – typisch für ihn. Er konnte nur noch einen weiteren Saisonsieg einfahren und fiel auf WM-Rang 7 zurück.

2010 stieg er in die neue Moto2-Klasse auf. Er war sofort auf einem Top-Level und gewann 2010 drei Rennen. Auch im nächsten Jahr feierte er drei Siege, 2012 zwei weitere. Doch er war wieder unbeständig und landete jedes Mal auf Rang 3 der WM-Tabelle.

Sein kraftvoller Fahrstil brachte ihm jedoch den Ruf eines Fahrers ein, dem man aus dem Weg gehen sollte. Ein bestimmter Zwischenfall sorgte dafür. Er kollidierte 2009 in der letzten Runde von Misano im Kampf um den Sieg mit Pol Espargaró. Da Espargaró sich über den Abschuss beschwerte, verpasste er seinem Gegner im Kiesbett einen Kopfstoß. Später wurde er dafür zu Rechenschaft gezogen. Seine Antwort war: «Ich hasse alle Menschen aus Spanien.»

Heute räumt er ein, dass sein zügelloses Temperament seine Schwachstelle ist. Doch er versichert, dass es sich beim Fahren nicht auswirkt. «In der Box gehe ich an die Decke, wenn mir die Ingenieure nicht zuhören. In meinem Kopf… waaaah! Für mich und die Ingenieure ist es das Beste, wenn ich das mehr kontrolliere. Auf dem Bike ist alles anders – es geht automatisch. Mein Gemüt ist ausgeglichener, wenn ich auf einem Motorrad sitze.»

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