Simon Crafar: «Superbike ist freundlicher als MotoGP»
Bei Simon Crafar holen sich zahlreiche Spitzenfahrer Ratschläge
Von 1990 bis 2000 fuhr Simon Crafar in der 500er- und Superbike-WM. Sogar in die 250er-Klasse wagte der heute 46-Jährige einen Abstecher. SPEEDWEEK.com erzählte er seine Lebensgeschichte.
Als ich mir deine Karriere genauer angesehen habe, ist mir aufgefallen, dass du mehrmals zwischen MotoGP- und Superbike-WM gewechselt hast. Woran lag es, dass du nicht in einer Serie geblieben bist?
Wie alle Fahrer musste ich die Angebote und Möglichkeiten nutzen, die mir geboten wurden. Es war nicht immer einfach. Am Anfang zum Beispiel wollte ich 1993 in die Weltmeisterschaft aufsteigen, nachdem ich ’92 ein Jahr in der Britischen Meisterschaft gefahren bin und das Vergnügen hatte, mehrere Rennen in der Superbike-WM bestreiten zu können. Als ich da einmal Blut geleckt hatte, wollte ich nicht mehr in nationalen Meisterschaften antreten.
Ich hatte keinen Vertrag, bin dann bis ungefähr Mai nach Neuseeland gegangen und bekam schließlich das Angebot, die private 500er-Harris-Yamaha zu fahren. 1993 bin ich auf der Maschine vier Rennen in der 500er-WM gefahren. Das Team hatte nur zwei Sets Reifen pro Rennwochenende zur Verfügung. Aber das war mir egal, solange ich in der WM fahren konnte. Ich habe das Geld in der BSB abgelehnt, um ohne Gage mit der Elite starten zu können.
In dem Jahr bin ich vier Rennen in der 500er-Klasse gefahren, ein neunter Rang war mein bestes Resultat. Die zehn Rennen in der 250er-Kategorie bin ich gefahren, weil sich die Möglichkeit bot. Da war mein bestes Rennen ein zehnter Platz.
Zu guter Letzt bin ich noch einmal vier Rennen in der Superbike-WM gefahren, kam aber nicht über den sechsten Platz hinaus. All das in einem Jahr. Was immer mir angeboten wurde, habe ich angenommen. So konnte ich mir einen Vertrag in der Superbike-WM für das kommende Jahr sichern. Ich wollte endlich eine ganze Saison in einer Weltmeisterschaft fahren.
1998 konntest du in Donington Park deinen einzigen Grand-Prix-Sieg einfahren. Hat es an dem Tag geregnet?
(Er lacht). Nein, es war trocken. Ich hatte mir schon die Pole-Position im Trockenen geholt. Das Wochenende zuvor war ich Dritter im Rennen. Ich habe sozusagen darauf aufgebaut.
War Donington eine besondere Strecke für dich?
Ich kannte die Strecke schon aus BSB-Zeiten, bin da auch schon in der 500er- und 250er-Klasse gefahren. Für die 250er war ich jedoch zu groß, aber ich habe es mal versucht.
In der Superbike-WM hast du zehn Podestplätze, aber keinen Sieg eingefahren.
Es gab einige Rennen, in denen es gut aussah, aber es hat nie sollen sein. In Hockenheim zum Beispiel war ich Zweiter und auf dem Weg die Führung zu übernehmen, als die Ölpumpe versagte. Ich konnte das Rennen nicht einmal zu Ende fahren.
Beim Lauf in Brands Hatch stürzte Carl Fogarty vor mir liegend; ich bin über seine Maschine geflogen. Die letzten beiden Rennen 1997 in Sentul habe ich mit Vorsprung angeführt. Im ersten Lauf hat sich mein Vorderreifen in seine Bestandteile aufgelöst, bei meinem letzten Rennen in der Superbike-WM wollte ich noch einmal alles geben. Kurz vor Rennende hat John Kocinski mich zu überholen versucht. Das Resultat war, dass wir beide im Kies gelandet sind – und das zwei Kurven vor Schluss!
Fogarty hat gewonnen, er war vier Sekunden hinter uns. Nach dem Rennen hat er mir die Trophäe gegeben und zu mir gesagt, er habe das Rennen nicht gewonnen. Das war cool, die nette Seite von ihm!
Früher konnte man die MotoGP- noch eher von der Superbike-WM unterscheiden als heute. Welche Klasse hast du bevorzugt?
Ich kann mich noch sehr deutlich an meine vier Jahre in der Superbike-WM erinnern, ich habe nicht so viele Erinnerungen an das GP-Fahrerlager. Klar, ich war da, aber wir waren nur ein kleines Privatteam. In der Superbike-WM kennt jeder jeden, wir grüßen uns. Es ist einfach freundlicher.
Ich bin davon überzeugt, dass in beiden Fahrerlagern genügend Leute mit sehr viel Leidenschaft für den Sport arbeiten. Man kann es vielleicht mir der Schule vergleichen: Die Superbikes sind die kleine Schule, an der sich jeder kennt, MotoGP ist die Universität. Man braucht länger um Anschluss zu finden, aber wenn man Freunde hat, macht es auch da Spaß.
Ich persönlich finde beide Serien gut. MotoGP ist und bleibt die Elite des Sports. Alles ist professioneller, der Sicherheitsstandard ist höher, die Bezahlungen und das Material sind besser. Die Superbikes haben mir viele Möglichkeiten geboten zu lernen, zu wachsen und besser zu werden. Ich liebe beide Klassen.
Du hast deine Karriere 2002 beendet. Der Familie wegen oder gab es noch einen anderen Grund?
Meine Frau wusste schon damals, dass der Rennsport für mich an erster Stelle steht. Das muss er auch, wenn man etwas erreichen will. 1998 gab es jedoch einen Wendepunkt für mich. Ich war endlich da, wo ich immer sein wollte, auf einer Werksmaschine in der 500er-WM! Leider hatten wir zu Beginn der Saison die Reifenmarke geändert. Ich kam einfach nicht zurecht. Ich habe mit meinem Team gesprochen und gefragt, ob wir nicht wieder zum alten Fabrikat wechseln können. Einer meiner Mechaniker meinte zu mir, es sei leichter den Fahrer zu wechseln, als den Reifenhersteller. Irgendetwas in mir ist in diesem Moment zerbrochen. In dem Augenblick verschwand ein Stückchen Leidenschaft in mir. Ich blicke auch jetzt nicht negativ zurück. Ganz im Gegenteil, ich bin dankbar, diese Chance gehabt zu haben.
Das war wahrscheinlich der Moment, in dem du das wahre Geschäft dahinter erkannt hast.
Ja, ich habe von da an meine Prioritäten anders gesetzt. Der Sport stand nicht mehr an erster Stelle. Ich glaube, das war der Anfang vom Ende.
Die Red Bull Romaniacs Enduro Rallye hast du 2007 gewonnen. Wie kam es dazu?
Ja, in der Expert-Klasse habe ich gewonnen. Danach wurde ich gefragt, ob ich im darauffolgenden Jahr in der Pro-Kategorie fahren will. Das habe ich aber dankend abgelehnt. Ich war professioneller Rennfahrer, wenn wieder alles ernst wird, geht der Spaß flöten. Wir haben uns dann auf zwei Jahre geeinigt, dass ich den Posten des Streckenmanagers übernahm und dafür bezahlt werde.
Bei den Vorbereitungen auf die Romaniacs 2009 hattest du einen Unfall mit schweren Rückenverletzungen. Wie erging es dir danach?
Ich habe mir den 12. Rückenwirbel gebrochen. In der OP wurden mir acht Schrauben und zwei Metallplatten an fünf Wirbel montiert, um eine maximale Stabilität zu gewährleisten. Ich habe mich ehrlich gesagt schon im Rollstuhl gesehen, aber die Ärzte haben wirklich gute Arbeit geleistet. Es hat unheimlich lange gedauert, bis ich meine Zehen wieder bewegen konnte. Aber auch hier sehe ich eine positive Wendung in meinem Leben. Im Moment des Unfalls habe ich realisiert, was wirklich das Wichtigste ist: Meine Frau und meine Kinder. Ich glaube, seither bin ich ein besserer Ehemann und Vater.