MotoGP-Einstieg von Leopard: Enormer Zeitdruck
Steigt Leopard Racing bald in die MotoGP-WM ein?
?Denn Forward hat einen Vertrag mit der Teamvereinigung IRTA, der natürlich die Teilnahme an allen 18 Grand Prix der Saison 2015 vorsieht.
Nach der Verhaftung von Teambesitzer Giovanni Cuzari wurde Forward das Zugeständnis gemacht, auf die Rennen in Indianapolis und eventuell Brünn verzichten zu dürfen; der umgewandelte Vertrag läuft jetzt über 16 statt 18 Rennen.
Denn die IRTA vertritt die Interessen der Teams, Forward ist seit 2010 Bestandteil der Moto2-WM und seit 2012 auch Betreiber eines MotoGP-Rennstalls. Die IRTA will natürlich auch mithelfen, die rund 40 betroffenen Arbeitsplätze zu erhalten. Auch die beiden deutschen Elektronik-Spezialisten Dirk Debus und Tex Geissler sind von dieser Misere betroffen.
Aber: Wenn Forward in Silverstone am 30. August nicht antritt, drohen die Startplätze zu verfallen. Sie gehen dann wegen des Vertragsbruchs kostenlos an die Dorna zurück.
Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta käme der Wegfall eines Teams nicht ganz ungelegen, denn er kalkuliert mit 22 bis 24 MotoGP-Fahrern – und er braucht zwei Plätze für das KTM-Werksteam in der Saison 2017.
Wenn das jetzt (inklusive Forward) 25 Fahrer umfassende Teilnehmerfeld schrumpft, würde das gut ins Dorna-Konzept passen. Dann würden nächstes Jahr maximal 23 Fixstarter antreten, 2010 und 2011 waren es gar nur 17.
Aber vielleicht fallen ja mit Iodaracing und AB-Motoracing zwei weitere Plätze weg, dazu plant LCR-Honda-Teambesitzer wegen der CWM-Problematik die Rückkehr zu einem Ein-Fahrer-Team. Jack Miller soll ins Martinez-Team transferiert werden, Cal Crutchlow soll bleiben.
Es werden neue Verträge nötig
Die Zeit drängt also für Leopard und Forward. Es muss jetzt der Wert des Rennstalls eruiert werden, es müssen Bankgarantien erbracht werden, es müssen finanzielle Altlasten einkalkuliert werden.
Bei einer Übernahme des MotoGP-Rennstalls durch Leopard Racing müssten alle Verträge neu abgeschlossen werden, mit allen Fahrern, Teammitgliedern und Lieferanten wie Yamaha, Öhlins und Brembo. Dazu müssten in kürzester Zeit neue Teamuniformen, Boxendekorationen sowie andere Designs für die Lkw, Hospitality und Motorräder gestaltet und produziert werden.
Ein Ausweg: Forward verkauft in einem ersten Schritt Transportfahrzeuge, Hospitality und Werkzeuge an Leopard und schliesst dazu einen Sponsorvertrag ab für den Rest der Saison?. So könnte kostbare Zeit gewonnen und der Rennstall bis zum Saisonende von der Firma Forward Team S.A. unter Marco Curioni weiterbetrieben werden.
Werthaltig ist der Forward-MotoGP-Rennstall samt den zwei Fixplätzen für die Zukunft allerdings nur, wenn der Deal mit Yamaha um ein Jahr verlängert werden kann. Der aktuelle Vertrag zwischen Forward und Yamaha läuft nämlich am Jahresende aus. Ein anderer Hersteller kommt kaum in Frage, denn Honda hat für 2016 schon sechs bis acht Fahrer in Aussicht, bei Ducati sind sechs Fahrer in drei Teams (Ducati Corse, Octo Pramac Racing und Avintia) fix. Und Suzuki wird 2016 kein Kundenteam ausrüsten.
Noch ein Hindernis: Yamaha wird Forward beziehungsweise dem Nachfolge-Team für 2016 nur Motoren, Chassis und Schwingen aus der Saison 2015 (oder älter) anbieten, aber kein Seamless-Getriebe. Damit wird es ziemlich schwierig, Top-15-Plätze erkämpfen, besonders für einen MotoGP-Neuling wie Danny Kent.
Denn es treten 2015 die fünf Werksteams von Honda, Yamaha, Ducati, Suzuki und Aprilia auf, dazu die renommierten Ducati-Kundenteams von Pramac und Avintia sowie Tech3-Yamaha, LCR-Honda, VDS-Honda und Power Electronics-Honda, die über besseres Material als das drittbeste Yamaha-Team verfügen werden.
Und vielleicht verzichtet Yamaha nach den unerfreulichen jüngsten Erfahrungen für 2016 völlig auf ein drittes Team. «Die ideale Anzahl an MotoGP-Fahrern für Yamaha ist vier», erklärte Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis im Juni.
Theoretisch könnte Forward-Leopard für 2016 einen Deal mit Aprilia Racing statt mit Yamaha abschliessen, aber so eine Vereinbarung mit der Piaggio Group ist bis Silverstone kaum zu verwirklichen.
?Und man kann es sich ausmalen: Nach den jüngsten Vorkommnissen ist die Forward-Truppe nicht der bevorzugte Gesprächspartner für Weltkonzerne wie Yamaha oder Piaggio. Leopard-Chef Flavio Becca gilt ebenfalls eine schillernde Persönlichkeit.
Ob nach Stefan Bradl auch noch andere Fahrer bei Forward Reissaus nahmen, lässt sich vorläufig nicht beurteilen.
Valentino Rossi ist Manager von Forward-Moto2-Pilot Lorenzo Baldassari, er hat sich bisher nicht geäussert.
Carlo Pernat, ehemaliger Kommandeur des Aprilia-Werksteams zu Zeiten von Biaggi, Capirossi und Rossi, vertritt jetzt als persönlicher Manager die Interessen von Simone Corsi, der bei Forward im Moto2-Team unter Vertrag steht.
Pernat hat schon Stars wie Capirossi und Simoncelli gemanagt, jetzt betreut er neben Iannone auch Corsi und De Angelis. «Wir warten bis zum Brünn-GP, dann werden wir überlegen, wie es bei Simone weitergehen soll», erklärte Pernat gegenüber SPEEDWEEK.com.