Jorge Lorenzo: «Iannone wurde zu milde bestraft»
Zweiter Nuller in diesem Jahr für Weltmeister Jorge Lorenzo, die WM-Führung an Marc Márquez verloren, während Teamkollege Rossi 2016 den spanischen MotoGP-Helden den zweiten Denkzettel auf spanischem Boden nach Jerez versetzte.
«Zuerst muss ich sagen, das Ergebnis ist zweitrangig, wichtiger ist, dass ich ohne Verletzung davon gekommen bin. Nach dem was am Freitag passiert ist, ist das Resultat nebensächlich geworden», sagte der 29-jährige Mallorquiner. «Trotzdem, ich kämpfe um die Weltmeisterschaft... Und deswegen bin ich natürlich von diesem Geschehen enttäuscht. Ich hatte Mühe, heute konkurrenzfähig zu sein. Ich bin gut gestartet und war mit den frischen Reifen auf einem ähnlichen Level wie die Topfahrer. Aber ich ahnte vor dem Rennen, dass ich Probleme bekommen würde, sobald vorne das Graining auftritt. Rossi schien mit demselben Bike weniger Graining gehabt zu haben; es sieht so aus, als sei er anders gefahren als ich. Er kann normal den Vorderreifen besser schonen als ich. Ausserdem ist er sehr stark bei schwierigen Verhältnissen. Er fährt sehr gut, wenn wenig Grip ist, das ist unglaublich. Heute hat er ein überzeugendes Rennen abgeliefert. Ich konnte meinen Fahrstil nicht so ändern, dass sich die Reifenprobleme hätten vermeiden lassen. Ich hatte diese Probleme mit dem Vorderreifen das ganze Wochenende, das ist die Wahrheit. Ich war nicht gut genug, ich hätte den fünften Platz früher oder später sowieso an Iannone verloren.»
Jorge weiter: «Ich weiss nicht, was in Andrea gefahren ist... Vielleicht hat er sich verbremst. Vielleicht hat er beim Bremsen nicht bemerkt, dass sich ein Gegner vor ihm befand. Am Schluss fühlte ich den Rammstoss und flog auf den Asphalt. Zuerst hatte ich Sorgen, ob meine Hüfte gebrochen sei oder das Schlüsselbein. Aber nach einer Minute war mir klar, dass ich bei dem heftigen Aufprall mit Prellungen davon gekommen bin.»
«Jeder kann einen Fehler begehen, das passiert jedem von uns. Aber zumindest musst du dann auf deinen Konkurrenten zugehen und dich entschuldigen. Du musst dann sagen: Ich habe in dieser Kurve einen Fehler gemacht. Doch Iannone hat das Gegenteil gemacht. Er fragte mich: 'Was ist mit deinem Bike passiert? War etwas mit dem Motor?'»
«Die Race Direction hat sich dann meine Daten angeschaut. Sie haben gesehen, dass ich später gebremst habe als in den Runden zuvor», schilderte Jorge. «Deshalb ist es das Schlimmste für mich, dass mich Iannone nicht um Verzeihung gebeten hat. Er versteht nicht, dass er einen Bock geschossen hat. Und er macht einfach zu viele Fehler. Diese Fehler können nicht nur ihn in Gefahr bringen, sondern auch andere Fahrer. Das ist ein Risiko für uns... Dani Pedrosa hat in Austin einen Fehler gemacht, aber er hat sich sofort sehr klar bei Dovizioso entschuldigt. Es hat ihm aufrichtig leid getan.»
«Für mich ist dieses Strafpunktesystem sinnlos», ärgert sich der Yamaha-Star. «Das geht in die falsche Richtung. Vor zehn Jahren hat John Hopkins in Motegi einen Fehler gemacht, er wurde sofort für einen Grand Prix gesperrt. Ich habe mir in der 250er-WM 2005 zwei Fehler geleistet, ich wurde für ein Rennen gesperrt. Heute musst du vier solche Fehler wie Ianonne heute machen, bevor du echte Konsequenzen spürst, also für einen Grand Prix aussetzen musst. Er muss jetzt in Assen vom letzten Startplatz losfahren. Für mich ist das eine zu milde Strafe. Im Fussball gibt es strengere Regeln. Bei einer richtig unfairen Attacke bekommst du die Rote Karte, du wirst für ein Match gesperrt. In unserem Sport spielen wir mit unseren Leben. Ich hätte mich heute böse verletzen können... Ich hoffe, dass wir diese Vorkommnisse genau analysieren. Manchmal sind uns die Risiken nicht bewusst. Also ist eine harte Bestrafung nötig. Wenn sie ausbleibt, wirst du dich als Fahrer nie ändern. Dann lernst du nichts dazu.»
Pol Espargaró beobachtete den Zusammenstoss aus nächster Nähe. «Es war klar zu erkennen, dass Jorge arge Probleme mit dem Vorderreifen hatte. Er konnte nicht so viel Kurvenspeed wie üblich fahren, deshalb hat er sich aufs späte Bremsen konzentriert.»
Deutlich war zu sehen: Iannone war sowieso schneller als Lorenzo, er hätte ruhiger etwas geduldiger sein können, immerhin waren noch acht von 25 Runden zu fahren.