Honda: Feinfühliger Stefan Bradl spürt Probleme auf
Am 25./26. Juli testen Kawasaki, Milwaukee Aprilia, Aruba.it Ducati und Red Bull Honda – ohne Stefan Bradl – auf dem Lausitzring. Der Bayer ist dann bereits auf dem Weg nach Suzuka, wo am letzten Juli-Wochenende das prestigeträchtige Acht-Stunden-Rennen stattfindet.
«Idealerweise haben wir bei diesem Test bereits unseren neuen Fahrer im Einsatz», erklärte Marco Chini, Racing-Manager von Honda Motor Europe. «Wenn nicht, können wir den Test nutzen, um Kandidaten zu testen. Wir bringen unseren Testfahrer Michele Magnoni, der viel Arbeit für uns erledigt, plus einen anderen.»
Auf der Liste stehen einige Kandidaten, darunter Jake Gagne, aber kein Hauptgewinn. Was Honda nicht tun wird, ist einen Fahrer aus einem bestehenden Vertrag sprengen, etwa Leon Camier von MV Agusta.
Honda denkt seit Wochen darüber nach, bei der Elektronik von Cosworth auf Magneti Marelli umzurüsten, Bradl testet das Marelli-System diese Woche Mittwoch und Donnerstag in Hondas Suzuka-Maschine.
Selbst wenn dieser Test über die Maßen positiv ausfallen sollte, ist die Zeit zu kurz, um die Marelli-Elektronik bereits für den Lausitzring-Test einzubauen und vorzubereiten – es bleiben nur zwölf Tage. «Unser Plan ist, dort mit Cosworth zu fahren», so Chini gegenüber SPEEDWEEK.com. «Das Rennen in Suzuka wird ein weiterer interessanter Test, Honda Japan hatte bislang keine Zeit, um mit uns an der Entwicklung der SP2 zu arbeiten. Sie haben sich auf Suzuka konzentriert. Nach Suzuka weiß Stefan, wie stark oder wie unterschiedlich die Marelli-Elektronik verglichen mit der von Cosworth in der Superbike-WM ist.»
Weil WM-Promoter Dorna eine Einheitselektronik von Magneti Marelli einführen wird, voraussichtlich für 2019, würde die Umstellung für Red Bull Honda doppelt Sinn machen. Um womöglich besser zu werden, und um sich auf die Zukunft vorzubereiten.
Viele Experten halten die Arbeitsweise der Marelli-Elektronik für besser, die letzten Jahre hat sich jene von Cosworth aber auch als funktionstüchtig erwiesen. Klagen hört man erst, seit Honda die neue Fireblade gebracht hat. «Motor und Elektronik harmonieren nicht», hielt Bradl fest. «Und Marelli verfügt bei Zweirädern sicher über mehr Erfahrung als Cosworth.»
«Aus beschriebenen Gründen ist die Cosworth-Elektronik für Stefan keine gute Lösung», sagt Chini. «Gleichzeitig müssen wir aber auch berücksichtigen, dass sich Stefan an die Pirelli-Reifen gewöhnen musste, einen der größten Unterschiede zwischen MotoGP und Superbike. Das Superbike-Chassis ist auch anders, eine MotoGP-Maschine verhält sich gänzlich anders. Sie wurden ursprünglich für Bridgestone-Reifen designt. Schau dir den Fahrstil von Stefan an: Die Bridgestone-Reifen kamen seinen Bedürfnissen viel mehr entgegen als die Pirelli. Für ihn ist alles neu. Das erste Jahr mit einem neuen Motorrad, bei dem es Probleme mit der Entwicklung gibt, plus die Umstellung von Bridgestone auf Michelin auf Pirelli, plus die Umstellung beim Chassis, plus die Schwierigkeiten, die Elektronik mit dem Motor ordentlich zum Laufen zu bringen. Das alles zusammen macht seine Aufgabe ausgesprochen schwierig.»
Bradls alter Teamkollege Nicky Hayden klagte zwar über andere Probleme als der Zahlinger, hing aber genauso weit zurück. «Stefan ist sehr feinfühlig», unterstrich Chini. «Deshalb fühlt er mehr Probleme als Nicky, auch Jake Gagne hat sich weniger beschwert. Wenn ich mir aber die Rundenzeiten ansehe, waren Nicky und Stefan gleichauf, es gibt also ein Problem mit der Performance. Letzte Saison schlug sich Nicky gut, diese Saison tat auch er sich schwer, das neue Motorrad richtig abzustimmen. Das ist der entscheidende Punkt.»