Werner Daemen: Rein nach Talent, ist Reiti Weltklasse
Als Rennfahrer, Teameigentümer und Manager hat Werner Daemen im Fahrerlager alles erlebt und verfügt über fundiertes Hintergrundwissen. Auf Phillip Island ist er als Coach, Mentor, Helfer und Manager von Markus Reiterberger dabei und verfolgte die Leistungen des Bayern und des neuen BMW-Werksteams genau.
Reiti beendete den zweitägigen Test auf dem zwölften Platz, 1,073 sec hinter der Bestzeit von Alvaro Bautista (Ducati). Auf Teamkollege Tom Sykes büßte er 0,873 sec ein.
SPEEDWEEK.com setzte sich mit Werner Daemen zum Interview zusammen.
Werner, wie ist deine objektive Einschätzung des Talents von Markus Reiterberger?
Wenn wir über reines Talent reden, ist er Weltklasse. Was niemand weiß ist, wie er mit dem Stress, dem Druck und den Kommentaren umgeht.
Wir können nur mit ihm reden und ihm sagen, dass das, was er bisher geschafft hat, schon sehr gut ist, und dass er nur weiterarbeiten muss.
Markus fuhr mit dem Stock-Bike Rundenzeiten, die in der WM top sind. Mit dem Superbike müssen die noch viel besser sein. Für Markus ist wichtig, dass sein Gefühl gut ist. Wenn er Vertrauen in das Motorrad hat, dann sehe ich keinen Grund, weshalb er das nicht können sollte.
Vergessen wir Resultate und reden nur über Talent: Welche drei Piloten in der Superbike-WM haben am meisten davon?
Jonathan Rea, Marco Melandri und Michael van der Mark verfügen über sehr viel Talent. Die drei sind wirklich top.
Auch Sandro Cortese ist ein großes Talent. Er schaut gut aus auf dem Motorrad und hat alles unter Kontrolle. Er kann weit kommen und wird Melandri ab und zu um die Ohren fahren.
Bei Melandri muss man aber klar sagen: Wenn alles passt, dann ist er Weltklasse.
Die Fans in Deutschland schauen natürlich besonders auf Cortese und Reiterberger: Was traust du ihnen zu?
Beide können gute Resultate schaffen. Cortese wird sich am Anfang leichter tun, Yamaha kennt das Motorrad, sie haben für jede Rennstrecke eine Abstimmung. Dieses Motorrad ist fertig, Cortese wird sofort auf die Ränge 5 bis 10 fahren.
Reiterberger sollte zum Ende des Jahres auf Augenhöhe mit Cortese sein.
Markus hat im Winter seine Ernährung umgestellt, acht Kilogramm abgenommen und so viel wie noch nie trainiert: Hat er auch einen Mentaltrainer?
Sein Fitnesstrainer ist einer aus Obing, der Markus sehr gut kennt und sich viel mit ihm beschäftigt, auch mental.
Ich glaube, dass Markus momentan mental stark genug ist. Klar, wenn du langsamer als dein Teamkollege bist, das hast du als Rennfahrer nicht gerne. Das musst du akzeptieren – das muss dir aber auch Kraft geben, dorthin zu fahren. Sykes musste letztes Jahr auch akzeptieren, dass Rea in den Rennen vor ihm war.
Sykes ist sehr offen und freundlich und unterstützt ihn. Er sagt ihm, worauf er schauen muss. Deshalb sehe ich ihn als Teamkollegen positiv.