Werner Daemen: «Habe Tom Sykes falsch eingeschätzt»
Die BMW-Piloten Markus Reiterberger und Tom Sykes hatten während der Tests am Montag und Dienstag in Australien denselben umfangreichen Plan abzuarbeiten. Doch während auf Sykes’ Boxenseite alles reibungslos lief und sich der Engländer am Dienstagnachmittag bereits um die Abstimmung seiner S1000RR kümmern konnte, gab es bei Reiti Kinderkrankheiten in der Technik und den Abläufen.
Der Bayer arbeitete keine Minute an einer Basisabstimmung und ging gegen Testende auch nicht mit einem neuen Reifen auf Zeitenjagd. Während Sykes mit 0,236 sec Rückstand auf Ducati-Ass Alvaro Bautista sensationell auf Platz 2 raste, wurde Reiterberger mit 1,073 sec Rückstand Zwölfter. Auf den Teamkollegen fehlen dem 24-Jährigen aus Obing 0,873 sec. «Im Renntrimm ist es zirka eine halbe Sekunde», erzählte Reiti. «Wir nehmen für Freitag einige große Änderungen am Motorrad vor, dann können wir endlich an der Abstimmung arbeiten. Bislang war ich nur mit dem Testen von Teilen beschäftigt.»
In der BMW-Box ist die gute Stimmung greifbar, für den WM-Auftakt am kommenden Wochenende reist sogar der neue BMW-Motorrad-Chef Dr. Markus Schramm nach Südaustralien, um seine Truppe zu unterstützen.
SPEEDWEEK.com sprach mit Markus Reiterbergers Manager, Mentor, Freund und Coach Werner Daemen, selbst lange Rennfahrer und seit vielen Jahren BMW-Teamchef in der IDM.
Werner, wie sieht die Beziehung zwischen Markus und Sykes aus?
Sykes ist sehr offen und freundlich und unterstützt ihn. Er sagt ihm, worauf er schauen muss. Deshalb sehe ich ihn als Teamkollegen positiv.
Wird er auch noch so hilfsbereit sein, wenn er nicht mehr deutlich vor Reiterberger liegt? Oder wenn Markus sogar schneller ist?
Ob er ihm dann noch hilft, weiß ich nicht. Rea und Sykes kamen auch klar, obwohl sie harte Kämpfe austrugen. Es ging immer fair zu.
Markus hat nur einen Vertrag für dieses Jahr?
Mhm. Er muss Leistung zeigen, er muss BMW und Shaun Muir zeigen, dass er in die WM gehört und an Sykes heranfahren kann.
Was damals bei Althea schief lief: Am Anfang fuhr er mit dem Wildcard-Motorrad meines Teams, das er kannte. Damals war er vom ersten Test an unheimlich schnell, danach war die Erwartungshaltung zu hoch. Er wurde dann Fünfter in Thailand, in Malaysia wäre er ohne den kaputten Sensor Vierter oder sogar Dritter geworden. Dann verletzte er sich und es ging abwärts.
Im jetzigen Team fängt er wieder bei Null an, es kann nur besser werden.
Kann es mittelfristig gesehen positiv sein, dass Sykes auf einem hohen Level einsteigt und Markus erstmal hinten liegt?
Sicher, das hast du bei den besten Rennfahrern der Welt. Letztes Jahr haben bei Ducati alle über Lorenzo gelacht, aber dann hat er Rennen gewonnen. Er hat unheimlich hart gearbeitet und sich auf sich selbst konzentriert. Er hat nicht die Kommentare der Leute gelesen – Lorenzo bekommt noch viel mehr als ein Markus Reiterberger. Er hat es geschafft, vorne dabei zu sein. Manchmal muss man als Spitzensportler so etwas schlucken und dann zurückkommen.
Markus muss die Augen offen halten und sich anschauen, wie Sykes das macht. Er muss sich konzentrieren. Sykes ist ein echter Typ – auf und neben der Strecke. Und er will Kawasaki zeigen, wie gut er ist.
Ich habe Sykes falsch eingeschätzt: Er ist viel, viel sympathischer als ich dachte, ich musste meine Meinung total ändern. Sykes ist froh, dass er Markus als Teamkollege hat und kann ihn auch gut einschätzen.
Sykes musste letztes Jahr unglaublich viel schlucken und sich dauernd anhören, dass er nicht gut genug sei, weil er dauernd gegen Rea verlor. Er will beweisen, dass er den Platz bei Kawasaki verdient hatte.