Honda wärmt alte Ideen auf: 2020 mit MotoGP-Fahrer?
Stellt HRC für 2020 ein eigenes Team auf die Beine?
Vor wenigen Tagen berichtete SPEEDWEEK.com über Hondas Pläne, für nächste Saison ein Extrem-Superbike zu bauen, wie es Ducati mit der Panigale V4R vorgemacht hat. Die japanischen Manager sprechen vollmundig vom «stärksten Sportmotorrad seiner Klasse» und wollen sogar Ducati übertreffen. Die V4R leistet im Renntrimm laut Ducati über 240 PS und dreht über 16.000/min.
Der weltgrößte Motorrad-Hersteller braucht nach jahrelangen Misserfolgen aber nicht nur ein konkurrenzfähiges Serienmotorrad für die Superbike-WM, er muss sich grundsätzlich besser aufstellen, wenn er gegen die starken Werksteams von Ducati, Kawasaki, Yamaha und BMW ankommen will. 2007 wurde von James Toseland der letzte WM-Titel gewonnen, 2016 von Nicky Hayden das letzte Rennen.
Seit der Trennung von Ten Kate Racing im Oktober 2018 arbeitet Honda mit dem japanischen Moriwaki- und dem italienischen Althea-Team zusammen, welche für diese Saison eine Kooperation eingegangen sind.
Dass dieses Jahr mit Leon Camier und Ryuichi Kiyonari gefahren wird, ist der Vergangenheit geschuldet – HRC waren bei der Fahrerwahl die Hände gebunden. Kiyonari hatte mit Moriwaki bereits einen Zwei-Jahres-Vertrag, der bis Ende 2020 läuft, als der Deal mit HRC zustande kam. Und Camier hatte mit Honda Motor Europe einen Zwei-Jahres-Vertrag für 2018 und 2019.
Offensichtlich sind die besten Zeiten von Kiyonari, der 2008 und 2009 in der Superbike-WM drei Siege und sechs Podestplätze errang sowie 2006, 2007 und 2010 Britischer Superbike-Meister wurde, vorbei. Doch er ist abgesehen von MotoGP-Pilot Takaaki Nakagami der momentan schnellste Japaner und kann mit den HRC-Ingenieuren und -Managern japanisch reden. Im Werk in Japan spricht kaum einer englisch, außerdem gilt Kiyonari als guter Entwickler.
Die Serienmaschine wurde immer von den japanischen Piloten entwickelt, als Testfahrer dafür braucht es nicht die weltbesten Rennfahrer. HRC hat aktuell Hiroshi Aoyama, Takumi Takahashi und Kiyonari sowie Stefan Bradl. Der Deutsche testete bislang aber nur die MotoGP-Maschine.
Um in der Superbike-WM zu gewinnen, braucht es neben einem exzellenten Motorrad auch einen Toppiloten. Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki) und Vize Chaz Davies (Ducati) sind für 2020 nicht verfügbar. Ducati wird alles daran setzen mit WM-Leader Alvaro Bautista weiterzumachen, BMW mit Tom Sykes. Diese vier sind außerdem alle über 30 Jahre alt, ebenso die vielfachen Laufsieger Marco Melandri und Eugene Laverty. HRC hört sich deshalb auch im MotoGP-Fahrerlager um.
Camier fährt seit 2010 Vollzeit in der Superbike-WM, in 215 Rennen hatte er nur in seinen ersten beiden Jahren bei Aprilia sehr gutes Material. Um wie viel besser der Engländer ist, als seine neun Podestplätze (kein Sieg) belegen, ist schwer zu sagen. Bei HRC herrscht die Meinung, er wäre eine sehr gute Nummer 2.
Für 2020 wird von HRC darüber nachgedacht, ein eigenes Team auf die Beine zu stellen und dort Camier neben einem Siegfahrer zu platzieren. Das war für 2019 aufgrund der kurzfristigen Entscheidung letzten Herbst personell, finanziell und logistisch nicht möglich.
Moriwaki soll weitermachen und als Satelliten-Team dienen. Dort könnte Kiyonari ungestört die neue Maschine entwickeln, seine Ergebnisse würden eine untergeordnete Rolle spielen.
Schon 2018 sahen wir zwei Honda-Teams, damals wurde neben Ten Kate Racing das deutsche Satelliten-Team Triple-M installiert. Obwohl Teameigentümer Matthias Moser von Honda Motor Europe viel versprochen wurde, servierte ihn Honda Japan Ende letztes Jahr ebenso wie Ten Kate ab.
«Ich habe das Kapitel Honda abgehakt», hält der Frankfurter fest. «Allerdings muss ich sagen, dass ich ein gewisses Maß an Schadenfreude ob der Ergebnisse nicht leugnen kann. Einen Besuch bei der Superbike-WM habe ich für dieses Jahr bislang keinen geplant. Ich werde mir eher die IDM mit meinem Sohn Marc auf der Yamaha ansehen. Außerdem fahre ich selbst Ferrari-Challenge. Mehr Rennstrecke brauche ich im Moment nicht.»