Dorna für klare Grenze: Superbike-WM ist 2. Division
Dorna-Geschäftsführer Carmelo Ezpeleta hat 2012 vom Motorrad-Weltverband FIM auch die kommerziellen Rechte für die Superbike- und Supersport-WM übernommen. Vorher wurde diese Rennserie für seriennahe Sportmaschinen mehr als 20 Jahre lang von Maurizio und Paolo Flammini betreut. Die Italiener wollten sie als ernsthafte Konkurrenz zur Grand-Prix-Weltmeisterschaft positionieren. Die Flammini Group scheiterte jedoch mit dieser Aufgabenstellung, musste die Firma schließlich verkaufen und die SBK-Rechte deshalb abgeben.
Die Dorna kann seither einige Synergien nützen, zum Beispiel bei den Verhandlungen mit den Veranstaltern und Rennstreckenbetreibern sowie mit den TV-Anstalten und Herstellern. Aber das Publikumsinteresse lässt zu wünschen übrig, die Superbike-WM bleibt für die Dorna ein Sorgenkind, die Einnahmen liegen seit Jahren hinter den Erwartungen. Manche Promoter wollen nur 300.000 Euro für die Austragungsgebühr bezahlen, damit kann die Dorna ihre eigenen Kosten kaum decken. Im GP-Sport zahlt jeder Veranstalter mindestens 4 Millionen. Die GP-Promoter in Katar, Argentinien, Australien und anderen Ländern greifen noch tiefer in die Tasche.
Heute stellt sich bei der Dorna die Frage, ob es nicht ein Fehler war, sich auch die Superbike-Rechte aufzuhalsen. Noch dazu gleich bis Ende 2036.
Die Superbike-Rennserie soll deshalb künftig klarer als zweitwichtigste Motorrad-Meisterschaft deklariert werden.
Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta will diese Meisterschaften MotoGP und SBB nicht im Wettbewerb zueinander sehen. Die Formel 1 und die Tourenwagen- oder Sportwagen-WM wetteifern ja auch nicht im direkten Wettstreit um TV-Sendezeit, Sponsoren und Publikum. Der Spanier wundert sich, wenn manche TV-Reporter den fünffachen Superbike-Weltmeister Johnny Rea als besten Motorradrennfahrer der Welt anhimmeln und ihn auf eine Stufe mit Marc Márquez stellen.
«Cal Crutchlow ist der einzige Fahrer aus der Superbike-WM, der sich in der MotoGP-WM durchgesetzt hat», hält Ezpeleta fest. «Es gelang keinem einzigen anderen. Deshalb kann ich die Jubelschreie über Rea nicht mehr hören.»
Johnny Rea selbst kann seine Fähigkeiten offenbar gut einschätzen, sonst hätte er längst eine neue Herausforderung in der MotoGP-WM und die Auseinandersetzung mit Márquez, Dovizioso und Viñales gesucht.
Ezpeleta hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er Kawasaki lieber in der MotoGP-Klasse sehen würde. Denn dort spielt die Musik, dort geht es um High-Tech, um ausverkaufte Stadien, um das Prestige. Sechs Werke spielen mit. Der Andrang neuer Veranstalter ist riesig. Die TV-Sender und Streamingdienste kämpfen um die Rechte. Deshalb kann die Dorna bis zu 70 Millionen Euro im Jahr an die Teams und Werke ausschütten.
Die Superbike-WM wird weder in Japan noch in Amerika gefahren, es gibt kein Rennen mehr in den Emerging Markets in Südostasien. Sogar in Deutschland bestand jahrelang kein Interesse an einem SBK-Event.
«Die MotoGP ist eindeutig die Nummer 1. Es behauptet ja auch niemand, eine Mannschaft aus der zweiten Fußball-Division sei besser als Bayern München oder FC Barcelona oder Liverpool», sagt Ezpeleta.
Während Fahrer wie John Kocinski, Max Biaggi, Carlos Checa und Sylvain Guintoli nach ihrer GP-Karriere noch die Superbike-WM gewannen, setzten sich Superbike-Stars wie Corser, Toseland, Spies, Hogdson, Haga und Fogarty in der Königsklasse nie ernsthaft durch.
Deshalb will die Dorna die Superbike-WM langfristig völlig umkrempeln. Es müsse ein komplettes Umdenken stattfinden, lautet die neue Devise bei der Dorna in Barcelona.
Die Superbike-WM soll klar als zweite Division positioniert werden. Deshalb sollen die Rennmotorräder auch technisch den Maschinen aus der Endurance-WM angeglichen werden.