Befürchtung: Superbikes trotz weniger Sprit schneller
2025 hat der Motorrad-Weltverband FIM erstmals die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Motorräder in der Superbike-WM über die erlaubte Spritdurchflussmenge zu balancieren.
Festgelegt wurde: Bei Saisonbeginn gilt für alle Hersteller ein Grenzwert von 47 kg/h mit einer Toleranz von maximal zwei Prozent. Mit den Werken wurde vereinbart, dass Ende Juli ein neuer Wert für die Saison 2026 ermittelt wird. Inzwischen steht auch fest, unter welchen Voraussetzungen einem Hersteller die Durchflussmenge reduziert wird.
«Die FIM diskutierte mit der Herstellervereinigung MSMA, wie man einen Algorithmus aufbauen kann, um Überperformance eines Herstellers über die Anpassung der Durchflussmenge zu regulieren», erklärte Chris Gonschor, der Technische Leiter von BMW, beim Treffen mit SPEEDWEEK.com. «Der mathematische Ansatz ist, dass man 75 Prozent der schnellsten Rennrunden eines Fahrers in die Bewertung reinnimmt.»
Wie genau der Algorithmus funktioniert, lässt sich für Außenstehende nicht nachvollziehen. Alle zwei Events kann die Durchflussmenge angepasst werden, wenn der Algorithmus eine Diskrepanz aufzeigt. Im Fall einer Reduktion sind Schritte vorgesehen, in denen die erlaubte Benzinmenge jeweils um 0,5 kg weniger wird. Der Gesamthöchstwert für die Reduzierung des Kraftstoffdurchsatzes wird auf -2 kg/h festgelegt.
Das Reglement sieht auch eine Erhöhung der 47 kg/h vor, definiert dafür aber keine Vorgehensweise. Außerdem behalten sich die FIM und Promoter Dorna das Recht vor, im Falle eines Ungleichgewichts eine Anpassung nach eigenem Ermessen vorzunehmen.
Die bislang maximal erlaubten 21 Liter Tankinhalt stehen nicht mehr im Reglement, da sich dieser Punkt durch die limitierte Spritdurchflussmenge erübrigt.
Im Zuge der Einführung der Begrenzung der Benzindurchflussmenge wurde auch die pro Hersteller festgelegte Maximaldrehzahl abgeschafft. Riesige Unterschiede werden sich dabei von 2024 auf 2025 nicht ergeben.
«Wir sind mit unseren 15.500/min in einem sehr guten Arbeitsbereich und haben den besten Kompromiss aus Maximaldrehzahl, sprich Leistung, und Effizienz», hielt Gonschor fest. «Sinn dieser Regel ist, dass insgesamt das Leistungsniveau gekappt wird. Aus Sicherheitsgründen und sonstigen Erwägungen, wie Emissionen. Weniger Sprit bedeutet weniger Leistung. Im Zuge dieser Methodik habe ich zusätzlich einen Parameter, das als Balance of Power zu nutzen. Damit kann ich nach Kontrollpunkten eine Stellgröße verändern, wenn ich möchte.»
Geht der gebürtige Bochumer davon aus, dass sich die Rundenzeiten verlangsamen? «Wir haben ja schon sehr oft gesehen, wie sich Regeländerungen auswirken. Im ersten Ansatz wird das Motorrad nicht schneller, demzufolge wird die Rundenzeit nicht schneller. Wenn ich ein langsameres, weniger leistungsstarkes Motorrad habe, heißt das nicht zwangsweise, dass ich eine langsamere Rundenzeit habe. Auf einigen Strecken wird man es in der Rundenzeit eindeutig merken, auf anderen wird die Durchschlagskraft der Änderung geringer sein.»
Wäre es nicht zielführender, günstiger und leichter umsetzbar, die Bikes über die Reifen zu verlangsamen, fragte SPEEDWEEK.com nach. Dann bräche Alleinausrüster Pirelli, zudem einer der wichtigsten Sponsoren der SBK-Weltmeisterschaften, allerdings das Entwicklungsfeld weg und für die Italiener würde sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Engagements stellen.
«Über die Reifen kannst du viel mehr gestalten, als du als Fahrzeughersteller beeinflussen kannst», pflichtete Gonschor bei. «Am Ende des Tages habe ich auf die Reifen aber keinen Einfluss. Wir müssen unser Motorrad über die Regulatorik langsamer machen, aber wenn Pirelli nachlegt, werden die Rundenzeiten wieder besser. Deshalb wird man die Auswirkungen des Reglements erst während der Saison sehen, wir können nur auf die Durchflussmenge reagieren. Ob es ein strategisch sinnvollerer Ansatz wäre, über die Reifen die Performance rauszunehmen, darüber kann man trefflich streiten. Aber es ist, wie es ist. Wir werden die Reifen maximal nutzen. Wenn sie so viel Potenzial bieten, dass wir trotzdem schneller werden, obwohl wir weniger Sprit verbrauchen, dann ist das eine Konsequenz, die jeder wahrnehmen wird, die wir aber nicht gestalten können.»