Yamaha-Teamchef: Nicht Jonathan Reas Karriereende
Jonathan Rea war jahrelang ein Synonym für Erfolg. Mit Kawasaki gewann er sechsmal in Folge die Superbike-Weltmeisterschaft, 119 Siege und 264 Podestplätze in 444 Rennen unterstreichen seine einmalige Karriere.
In seiner letzten Saison mit Kawasaki musste er bereits viele Federn lassen, weil die veraltete ZX-10RR kaum noch siegfähig war – trotzdem wurde Rea WM-Dritter. Am 30. Juli 2023 feierte er im ersten Lauf in Most seinen letzten Sieg.
Als sich Toprak Razgatlioglu im Mai 2023 für den Wechsel zu BMW entschied und damit ein Platz im Yamaha-Werksteam frei wurde, ergriff Johnny die Chance.
Doch seine erste Saison mit den Blauen war von Tiefschlägen geprägt, nie in seiner langen Superbike-Karriere war der Nordire so erfolglos. Ein dritter Platz im Sprintrennen in Donington Park und die Pole-Position bei auftrocknender Strecke in Assen waren die einzigen Höhepunkte – WM-Rang 13 spiegelt das wider.
2025 hätte für den inzwischen 38-Jährigen kaum schlechter beginnen können, bei seinem Sturz während der Tests am Montag auf Phillip Island brach er sich drei Knochen im linken Fuß, muss sich operieren lassen und wird den Saisonstart am kommenden Wochenende verpassen.
Fans weltweit fragen sich, wie es mit dem Rekordchampion weitergeht. Hat er noch genügend Motivation und Biss, um sich zurückzukämpfen? In bald 30 Jahren als Motorsport-Journalist habe ich viele Champions erlebt, die in eine Abwärtsspirale gerieten und den Weg nach oben nicht mehr fanden.
«Ich kann nicht in seinem Namen sprechen», hielt Yamaha-Teamchef Paul Denning fest. «Ich habe das Gefühl, dass wir durch diverse Verbesserungen, die wir am Motorrad erzielt haben, bei Jonathan wieder das Auge des Tigers sehen. Ich sah, wie sein Glaube und seine Entschlossenheit zurückkamen. Nach dem Sturz sah ich in seinen Augen pure Enttäuschung und den Stress, so früh wie möglich zurückzukommen.»
«Ich habe mit Johnny über den Winter diskutiert, wie es für ihn weitergehen soll», ergänzte der Engländer. «Er sagte zu mir, dass er darüber nachgedacht hat und kein Leben nach dem Rennsport sehen kann. Er strebt weiterhin das Gefühl an, Rennen zu gewinnen und auf der Strecke zu kämpfen, er will versuchen weiterzumachen. Es gibt Sportler, deren DNA besteht aus Wettbewerb, Jonathan gehört zu ihnen.»
Yamaha gibt sich viel Mühe, in die Erfolgsspur zurückzufinden. Nicht nur technisch wird allerhand unternommen, der japanische Hersteller mit den drei Stimmgabeln im Logo ging auch auf persönliche Wünsche von Rea ein und tauschte Crew-Chief Andrew Pitt gegen Oriol Pallares.
«Der Wechsel hat keinen technischen Hintergrund», betonte Denning beim Treffen mit SPEEDWEEK.com in Australien. «Andrew war sieben Jahre bei uns und hatte schöne Erfolge mit Andrea Locatelli und Alex Lowes, den er bis auf WM-Rang 3 brachte. Er weiß, was er tut. Und er kennt das Motorrad. Aber manchmal haben zwei Menschen eine zu ähnliche Persönlichkeit. Wenn einer sich aufregt, dann braucht er als Gegenpol jemanden, der ihn beruhigt. Die Atmosphäre mit Andrew war nicht so, wie sie laut Jonathans Empfinden hätte sein können. Der Wechsel hat dabei sehr geholfen. Ori ist neu in diesem Job, aber er nimmt die Verantwortung mit 100-prozentigem Einsatz auf seine Schultern. Durch seine Beziehung zu Johnny hat er aber auch das Selbstvertrauen, die Verantwortung auf dessen Schultern zu laden, wenn das Bike ist, wie es ist. Er hilft Jonathan dabei, das Beste aus sich herauszuholen. Und sagt ihm, wann es an der Zeit ist, Leistung zu bringen. Er macht das auf sehr ruhige und kollegiale Weise. Abgesehen von diesem dummen Sturz am Montag, der uns so viel kostet, läuft es bislang gut.»
Weil Yamaha in Australien keinen Fahrer auf hohem WM-Niveau hat, und es mit viel Stress verbunden wäre einen Europäer einzufliegen, der dann ohne vorherigen Test ausrücken müsste, wird bei den Rennen am Wochenende kein Ersatz für Rea aufgeboten.