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Ominöser Circuit of Wales: Keine Rennen vor 2018

Kolumne von Günther Wiesinger
So soll der Circuit of Wales einmal aussehen

So soll der Circuit of Wales einmal aussehen

Inzwischen steht fest: Der Circuit of Wales wird frühestens 2018 Schauplatz von Motorrad-WM-Läufen sein – wenn überhaupt. Ein handfester Skandal, eine Farce, die ihresgleichen sucht.

Das Kapitel «British Motorcycle Grand Prix» war in den letzten Jahren kein Ruhmesblatt für das Heimatland des Motorsports.

Bis 2009 wurde der WM-Lauf in Donington Park ausgetragen, doch diese idyllische Piste wirkte von Jahr zu Jahr altmodischer, die Infrastruktur ließ zu wünschen übrig. Boxen zu klein und in ungenügender Anzahl, Fahrerlager in nicht mehr ausreichender Größe, katastrophale Zufahrtsstraßen, das stand ganz oben auf der Mängelliste.

Dann wurde endlich ein kostspieliges Modernisierungsprogramm für Donington beschlossen, sogar von einem Formel-1-GP war die Rede; doch dem Investor ging rasch das Geld aus.

Immerhin wurde ein neuer Tunnel errichtet, dann wurde der Umbau wieder gestoppt. Das neue Fahrerlager und die Boxenanlage hätten nämlich in den Innenbereich des Circuits verlegt werden sollen.

Von 2010 bis 2014 wanderte der Britische Grand Prix nach Silverstone. Diese Piste ist nicht sonderlich beliebt bei den Teams und Fahrern, sie gilt als Automobilrennstrecke.

Auch in Silverstone wurden auf Wunsch der Formel 1 mit dem «Silverstone Wing» eine neue Boxenanlage und ein neuer Paddock errichtet, die alten Anlagen blieben freilich bestehen. 2011 und 2012 gastierte die MotoGP-WM am neuen Wing, dann kehrte sie wieder zur alten, bewährten Anlage zwischen «Woodcote» und «Copse Corner» zurück. Denn das neue Wing-Fahrerlager war für drei GP-Klassen samt Rahmenrennen zu klein, die Zuschauer sahen von den teuren Tribünen gegenüber nicht in die versenkte Boxenanlage, das neue Gebäude wirkte baufällig, denn es war bei den Baukosten hinten und vorne gespart worden. Die Stromversorgung brach dauernd zusammen.

Dasselbe gilt für die Superbike-WM, welche nach den goldenen Zeiten in Brands Hatch in Donington Park und Silverstone fährt und fuhr.

Neue Heimat

So waren Dorna und Teamvereinigung IRTA heilfroh, als vor vier Jahren erstmals das Projekt «Circuit of Wales» vorgestellt wurde – als willkommene neue Heimat des «British Motorcycle Grand Prix».

Aber dieses Projekt erweist sich als Farce. Bereits im Jahr 2015 hätte Wales Schauplatz des Grand Prix sein sollen. Doch weil 2014 noch kein Spatenstich stattfand und stattdessen immer noch um die Finanzierung gestritten wurde, mussten die Wales-Hintermänner für 2015 einen GP-Deal mit Donington vereinbaren.

Die Manager der «Head of Valleys Development Company» (HoVDC) hatten nämlich mit der Dorna einen höchst voreiligen exklusiven Fünf-Jahres-Vertrag (2015 bis 2019) für die Austragung des «British GP» abgeschlossen.

Nach ein paar Monaten platzte der Deal mit Donington Park, die Rennstreckenbetreiber konnten die von der FIM, Dorna und IRTA verlangten Auflagen nicht erfüllen. Die Investitionen lohnten sich für ein einziges GP-Jahr nicht.

Also mussten die Circuit-of-Wales-Betreiber um Michael Carrick in den sauren Apfel beißen und sich mit der teureren Rennstrecke von Silverstone einigen, um bei der Dorna nicht vertragsbrüchig zu werden.

Inzwischen steht fest: Der ominöse «Circuit of Wales» wird frühestens 2018 betriebsbereit sein.

Aber wer daran glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Denn zu oft ist die Finanzierung gescheitert, zu oft der Baubeginn verzögert worden, zu pompös wirken die Pläne, zu dubios die erhofften Umsätze und die geplanten Arbeitsplatzmaßnahmen in der strukturschwachen Region um Blaenau Gwent bei Cardiff.

Die Baukosten schwanken von Jahr zu Jahr. Momentan ist von 370 Millionen Pfund die Rede, das sind 470 Millionen Euro. Ursprünglich war mit Kosten von 315 Millionen Pfund gerechnet worden, das wären rund 400 Millionen Euro. Auch die Summe 453 Mio Euro ist zu hören.

Letztes Jahr hieß es während des britischen WM-Laufs, jetzt sei die Finanzierung geregelt. Sie war wegen eines Regierungswechsels in Wales auf der Kippe gestanden. Im November 2015 wurde diese Behauptung neuerlich bestätigt. Die letzte Planungshürde sei genommen, alle Anträge seien angenommen worden, das Finanzierungspaket sei geschnürt, hieß es. Der Baubeginn wurde mit «vor Weihnachten» festgelegt.

Es blieb ein Wintermärchen.

Sechs Monate später hängt das gesamte Circuit of Wales-Projekt immer noch in der Luft. SPEEDWEEK.com bezeichnete das Konzept schon 2014 als «Luftschloss» und «Fata Morgana».

Von einem exakten Termin für den Baubeginn kann keine Rede sein.

Selbst in den lokalen Medien schwindet die Zuversicht hinsichtlich des Monsterprojekts. Die überregionalen Zeitungen fragen sich schon seit vier Jahren: Wozu braucht Großbritannien neben Brands Hatch, Silverstone und Donington eine weitere permanente Rennstrecke? Die Betreiber der traditionellen Pisten wettern gegen den geplanten Einsatz von Steuergeld und Subventionen bei der Konkurrenz in Wales.

Mehr als 10 Millionen Euro wurden inzwischen in die Planung der Piste investiert, dazu kommen Kosten für den WM-Lauf in Silverstone und für die aufwändige Kommunikation.

Das ganze Areal soll sich über schwindelerregende 3,358 Millionen Quadratmeter erstrecken, das Projekt hat riesige Dimensionen angenommen. Im Endstadium soll auch ein Technologiepark entstehen, ein Automobil-Cluster samt Research und Development Centre mit Supermärkten und Hotels. Auch Sportwagenhersteller wie Aston Martin und TVN sollen in die Gegend um Ebbw Vale in Südwales gelockt werden.

Keiner will haften

Aber die walisische Regierung hat schon mehrmals kalte Füße bekommen. Kein Politiker im «Welsh Goverment» will für dieses wahnwitzige Projekt den Kopf hinhalten.

Deshalb heißt es abwechselnd, das Projekt sei «in tatters», also in Fetzen. Dann werden wieder Möglichkeiten gesucht, wie der Steuerzahler bei den Baukosten entlastet werden könnte.

Michael Carrick, extrem optimistischer CEO und Visionär der Errichtungsgesellschaft HoVDC, hofft jetzt auf einen Geldgeber namens «Aviva Investors».

Aber Edwina Hart, Business Minister von Wales, will keine 100-prozentige Garantie unterschreiben.

Im Prinzip hat der Investor 453 Millionen Euro zugesagt, er verlangt aber eine 100-prozentige Ausfallsgarantie der walisischen Landesregierung. Aber die EU-Gesetze erlauben in solchen Fällen nur Staatshilfen bis 80 Prozent. Jetzt sollen die Gemeinden Blaenau Gwent und Monmouthshire mit Geld einspringen. Und nach einem möglichen «Brexit» im Juni ist vielleicht wieder alles ganz anders...

Die Circuit-of-Wales-Plaudertaschen um CEO Michael Carrick machen den Politikern den Mund wässrig, indem sie die Schaffung 6000 neuer Arbeitsplätze ankündigen, allein in der Bauphase sollen 1600 Arbeiter beschäftigt werden. Und die 5,631 km lange Piste soll eines Tages bis zu 750.000 Zuschauer im Jahr anlocken.

Inzwischen wird in Wales gemutmaßt, diese Entscheidung über die Ausfallhaftung werde nicht Edwina Hart, sondern bestenfalls der nächste Business Minister treffen.

Viele Briten machen sich bereits über das Projekt in Wales lustig. «Immerhin hat der Circuit schon einen Twitter Account», schmunzelt Ex-500-ccm-GP-Fahrer Niall Mackenzie.

Selbst Chris Herring, Director der Head of Valleys Development Company (HoVDC), wirkt ernüchtert. Als ich ihn fragte, ob er meine 100-Pfund-Wette gegen ein Zustandekommen der neuen GP-Piste in Wales annehme, entgegnete er schon im Augst 2015 blitzartig: «Ich wette höchstens 10 Pfund dagegen.»

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