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Überraschende Trennung von Jan Witteveen und Althea

Von Ivo Schützbach
Althea-Boss Genesio Bevilacqua (li.) mit Jan Witteveen

Althea-Boss Genesio Bevilacqua (li.) mit Jan Witteveen

Am Montag nach Misano einigten sich Ingenieur Jan Witteveen und Althea-BMW-Teamchef Genesio Bevilacqua, dass sie getrennte Wege gehen. Der Niederländer sah keine Perspektive mehr.

Jan Witteveen zeichnete sich als Renndirektor von Aprilia im Zeitraum 1989 bis 2005 für 187 GP-Siege verantwortlich. Im Herbst 2015 war er maßgeblich daran beteiligt, dass es zur Traumehe zwischen dem ehemaligen Weltmeister-Team Althea (2011 mit Carlos Checa auf Ducati) und dem bayerischen Hersteller BMW kam. Althea-Boss Genesio Bevilacqua bat Witteveen den Posten des Technischen Direktors zu übernehmen, anfänglich wollte der Rentner nur als Berater tätig sein.

Vergangenen Montag trennten sich Witteveen und Althea einvernehmlich, die Hintergründe lesen Sie im folgenden Exklusivinterview.

Jan, wie kam es zu der Trennung?

Wir haben uns einvernehmlich getrennt, weil es keinen Sinn mehr für mich hatte weiterzumachen.

Das Projekt am Anfang war okay. Wir haben mit einem nackten Rahmen angefangen, das Motorrad aufgebaut und begonnen zu testen. Das hat auch funktioniert und immer besser funktioniert. Um wettbewerbsfähiger zu werden, muss man das ganze Motorrad in Augenschein nehmen. Was gemacht werden muss, was sinnvoll ist, da scheiden sich die Geister. Die Ansätze, wie und was gemacht werden soll, sind unterschiedlich.

Ich sah die letzte Zeit keine Fortschritte, dass man das in Angriff nahm, was ich möchte und für sinnvoll erachte. Das ist der Grund, dass ich sagte, dass es keinen Sinn hat dort zu bleiben – weil es nicht so weiterging, wie ich das haben möchte.

Was wären in deinen Augen die Schritte gewesen, die man jetzt hätte tun müssen?

Das ist Ansichtssache. Grundsätzlich ist das Problem, dass man eine Person braucht, welche die technische Leitung hat. Es gibt viele Ansätze, man kann alles verbessern und alles machen. Man muss Prioritäten setzen, kurz- wie langfristig. Da gab es viel zu viele Diskussionen, das war für mich nicht mehr tragbar. Man will Ergebnisse haben, so schnell wie möglich, das hat sich die letzten zwei Monate ziemlich verlangsamt, weil es zu viele Diskussionen gab. Es gab zu viel Energieverluste, nur um Recht zu haben.

Es gibt kein Problem, oder dass ich sagen würde, dass ich angefressen bin. Nur: Es geht nicht so weiter, wie ich das gerne möchte. Daraufhin habe ich gesagt, dass ich mich zurückziehe, das ist das Beste für das Team und auch für BMW. Dann gibt es eine Person weniger, die entscheiden könnte oder sollte.

Jetzt machen die restlichen Leute des Projekts weiter, auf ihre Art. Ich sage nicht, dass das nicht funktionieren kann. Aber ich habe eine andere Einstellung zur Entwicklung und wie man die Probleme angeht. Ich sehe nicht, dass kurzfristig etwas passiert.

Zuerst ging ich aus dem operativen Geschäft in die Entwicklung. Aber auch die Entwicklungen kann ich nicht umsetzen, weil es zu viele Diskussionen gab. Jetzt sind wir wieder Freunde wie vorher.

Wie hat Genesio Bevilacqua auf deine Entscheidung reagiert?

Er sieht das gleich wie ich. Er ist das Team und sieht die Spannungen, die sich mit BMW ergeben. Es geht nicht um Rechthaberei, sondern um andere Ansätze und Visionen. Jetzt ist es komplett anders, als ich es gerne hätte und wie ich es aus meiner Erfahrung machen würde.

Das Ziel ist für alle gleich, aber die Wege, um dahin zu kommen, sind zu unterschiedlich. Auch die Geschwindigkeit, um das zu erreichen, ist anders. Ich sage bewusst anders, nicht besser oder schlechter. Deshalb ist das für mich nicht mehr zumutbar und es ist besser wegzugehen.

Du hast deine großen Erfolge in der Zweitaktära errungen. Sind deine Lösungsansätze heute noch zeitgemäß?

Mir geht es nur um das Vorantreiben der Entwicklung, nicht so sehr um Details. Meine Stärke war immer, dass ich die Punkte herausfand, an denen gearbeitet werden muss. Um die Punkte zu lösen, dafür braucht es Spezialisten. Ich bin ja kein Spezialist, dass ich alle technischen Probleme lösen oder Verbesserungsvorschläge machen kann.

Ich sehe das Motorrad als Ganzes, das hat mit Zwei- oder Viertakt nichts zu tun. Es ist nicht nur ein Motor, Elektronik, Fahrwerk oder Federung. Das ganze Motorrad muss funktionieren.

Wenn man einen Schwachpunkt verbessern kann, dann wird das ganze Motorrad besser. Wenn ich zu einem Schwachpunkt technische Verbesserungsvorschläge machen kann, okay. Wenn nicht, dann braucht es die Spezialisten. Dafür sind das Team und das Werk da. Ich habe nur auf die Schwachpunkte aufmerksam gemacht, das war meine Arbeit.

Dieses Projekt war schwieriger als andere. In anderen Projekten hat einer die Verantwortung. Ducati und Kawasaki und Yamaha tragen die technische Verantwortung für das Motorrad, sie liefern das Bike.

Bei Althea BMW ist es so, dass Althea das Fahrwerk macht und BMW den Motor und die Elektronik. Die technische Verantwortung liegt nicht nur bei BMW, sondern ein Teil bei BMW und ein Teil bei Althea. Wenn der Weg für beide nicht der gleiche ist, dann wird das zum Problem.

Das ist die einzige Schwachstelle des Kundensportprogramms von BMW: Das Motorrad muss als Ganzes gesehen werden. Wenn BMW nur Motor und Elektronik liefert und sich das Team um das Chassis kümmert, dann müssen diese beiden Pole verknüpft werden. Einer muss entscheiden, was gemacht wird.

Richtig, es braucht eine einzige technische Direktion, welche die Richtung für das ganze Projekt vorgibt.

BMW hat diese Strategie, deshalb kann ich nicht umsetzen, was meiner Meinung nach sinnvoll ist. BMW hat andere Limits und Situationen. Es ist schwierig, die Kompetenzen unter einen Hut zu bringen. Vor allem, ich sehe keine Möglichkeit, das zu ändern.

BMW und Althea-Boss Bevilacqua sind sich dieser Schwachstelle bewusst. Wenn man die Entwicklung vorantreiben möchte, muss einer entscheiden. Warst das nicht genau du als Technischer Direktor von Althea?

Bei Althea intern konnte ich Vorschläge machen, entscheiden musste Bevilacqua. Aber ich konnte BMW ja nicht sagen, was sie machen müssen

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