Exklusiv: Markus Reiterberger über seinen bösen Crash
Momentan ist Markus Reiterberger nicht transportfähig
Nach seinem bösen Highsider im zweiten Superbike-WM-Rennen in Misano wurde Markus Reiterberger ins Krankenhaus von Riccione eingeliefert. Die erschütternde Diagnose: Kompressionsbruch des Brustwirbels T12.
Als SPEEDWEEK.com am Montagmorgen um 8.30 Uhr in Markus Reiterbergers Zimmer in der Notaufnahme erscheint, ist der junge Bayer wach – und wie immer gut gelaunt.
Markus, kannst du dich an den Sturz erinnern, wie alles passiert ist?
Ich habe am Start keine Position verloren, Camier innen überholt und auf der Gegengerade Hayden ausgebremst. Ich musste die Bremse noch mal aufmachen, damit ich vorbeikomme. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich so schnell auf den Davies auflaufe. Er hat einen richtigen Haken geschlagen und ich konnte nicht mehr ausweichen. Ich habe im letzten Moment die Bremse losgelassen, weil ich kurz vor dem Abschmieren war. Ich dachte mir, dass ich mich an Davies anlehne, aber leider habe ich mich nur mit dem Vorderrad angelehnt, das Hinterrad war in der Luft und ich hatte einen riesigen Highsider.
Du bist selber Schuld an dem Sturz?
Ja, ich war zu spät auf der Bremse. Normal wäre ich ein bisschen weiter nach außen gekommen, aber da war halt der Davies im Weg. Das konnte ich auf die Schnelle nicht abschätzen. Ich wollte so schnell wie möglich nach vorne, weil die ersten paar Runden normal meine Schwäche sind.
Dann bist du hart auf dem Rücken aufgeschlagen?
Ja, auf dem unteren Rücken und dem Arsch.
Hast du gleich gemerkt, dass etwas zu Bruch ging?
Das nicht, aber ich blieb liegen, bekam keine Luft und konnte mich nicht bewegen. Dann bin ich aufgestanden und es ging wieder.
Rückblickend war es gefährlich, dass du selber aufgestanden bist?
Ja, schon. Die Rettungskräfte wollten, dass ich mich hinlege. Aber es tat in diesem Moment so weh, dass ich mich nicht hinlegen konnte. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mich stützen, aber das haben sie nicht gemacht. Ich habe mich dann bei irgendeinem Streckenposten angelehnt.
Ins Medical Center auf der Rennstrecke haben sie dich mit dem Krankenwagen gebracht?
Ja, da musste ich mich dann hinlegen. Seither bin ich auch nicht mehr aufgestanden. Nur zum Lederkombi ausziehen.
Dort wurdest du geröntgt?
Ja, sie hatten alles da. Geröntgt und Kernspin, die CT haben sie dann im Krankenhaus gemacht. Zuerst haben sie mir gesagt, dass nichts gebrochen sei, vielleicht ein Kompressionsbruch. Den haben sie dann im Krankenhaus bestätigt. Normal wird das wieder zu 100 Prozent gut, aber es dauert halt seine Zeit. Zwei Monate haben sie gemeint, maximal. Damit fällt Laguna leider flach.
Bis sie im Krankenhaus die CT gemacht haben, lag ich nur auf einem Brett. Erst danach bekam ich Schmerzmittel und durfte ins Bett. Ich habe dann ein bisschen geschlafen, aber die Nacht war lang, weil es brutal weg getan hat. Dann bekam ich wieder Schmerzmittel, bin die ganze Zeit aufgewacht. Ich hab dann viel mit dem Handy gemacht, weil ich zirka 200 Nachrichten bekam, viele Genesungswünsche.
Schön ist, dass die Menschen an dich denken. Seltsam ist, dass das Interesse immer nur so groß ist, wenn etwas passiert.
Das sieht man auch bei meinem Facebook-Beitrag, er wurde viermal so oft geklickt wie normal. Aber okay, die Leute machen sich alle Sorgen, viele sehen die Verletzung schlimmer als ich selber und dramatisieren das ein bisschen. Es ist nicht so schlimm, das wird schon wieder.
Schön wäre, wenn sich die Leute mehr für den Rennsport und nicht nur für die Unfälle interessieren würden. Aber so etwas ist halt immer spektakulär, das war mein erster Unfall, das ist etwas Besonderes.
Du hast Glück, dass nach Laguna die lange Sommerpause kommt. Wenn die 60 Tage Krankenzeit vorbei sind hast du vier Wochen, um dich auf die Lausitzring-Rennen vorzubereiten.
Das könnte gehen. Max Neukirchner hat mir schon geschrieben, dass er mir gute Tipps geben kann. Er kam nach einer Verletzung immer brutal fit zurück. Er hat sich den gleichen Wirbel auch schon gebrochen.
Im Prinzip hattest du noch Glück?
Schon. Im ersten Moment dachte ich Scheiße, jetzt ist es vorbei. Am meisten hat mich das Rennen geärgert, weil ich mich wirklich gut gefühlt habe und das Motorrad ein Traum war.
Ich hatte Glück, weil ich alles bewegen kann und nichts Schlimmeres ist. Mein Pa hat sich mal vier Wirbel gebrochen, er konnte am Anfang seine Füße nicht mehr spüren. Das ist schlimmer. Mein Manager Werner Daemen wäre bei seinem Sturz fast draufgegangen.
Auf Laguna hast du dich gefreut?
Ich habe Laguna meinem Pa und meiner Mama zu Weihnachten geschenkt. Sie haben die letzten 13 Jahre im Rennsport alles für mich gemacht und einen Haufen Geld investiert. Ich habe ihnen den Flug gezahlt und wir wären noch zehn Tage drüben geblieben, aber das hat sich jetzt wahrscheinlich auch erledigt.
Sie können ja ohne dich gehen.
Könnten sie, wir haben schon alles geplant. Los Angeles und San Francisco anschauen, Alcatraz. Laguna Seca hätte mir zum Fahren auch ganz besonders gefallen.
Du verpasst ein Rennen, in der Weltmeisterschaft macht das für dich jetzt nicht den Riesenunterschied aus.
Das ist blöd, aber ich hatte schon so viele Nuller, technische Defekte und Stürze, auf das eine Rennen kommt es nicht mehr an. Jetzt ist wichtig, dass ich schnell gesund werde und die letzten paar Rennen mitnehme für nächstes Jahr. Dann kann ich angreifen.
Haben sie dir schon gesagt, wann du in die Heimat verlegt werden kannst?
Ich muss abwarten, was der Orthopäde heute sagt. Er entscheidet, ob ich ein Korsett bekomme und heimfahren darf oder ob ich noch dableiben und liegen muss.
Wir müssen auch noch mit der Versicherung klären, wie der Rücktransport funktioniert. Momentan ist fahren schwierig, das tat am Sonntag im Krankenwagen ganz schön weh, ich bin noch nicht transportfähig.