Seitenwagen-Legende Adolf Hänni nimmt sich Auszeit
«Im Augenblick bin ich noch nicht so weit, um endgültig Schluss zu machen», gibt Adolf Hänni zu. «Ich kann noch nicht los lassen und hoffe immer noch, heuer einige Wild-Card-Einsätze bestreiten zu können. Seit meinem Sturz in Le Mans 2012 plage ich mich mit einer hartnäckigen Infektion herum, die die Ärzte einfach nicht in den Griff bekommen. In der derzeitigen körperlichen Verfassung bin ich nicht in der Lage, die extremen Belastungen ohne Gefahr für mich und andere zu meistern. Das ist natürlich bitter, aber nicht mehr zu ändern. Ich blicke voller Stolz auf das Erreichte zurück. Trotz aller schweren Verletzungen möchte ich keine Sekunde missen.»
Die unvergleichliche Laufbahn Hännis war bisher von unzählige Höhen und Tiefen geprägt. Großartige Erfolge wurden stets von schweren Verletzungen abgelöst – insgesamt brachte er es auf über 30 Knochenbrüche, doch der zähe Eidgenosse aus Thun kämpfte sich immer wieder an die Spitze zurück. Durch diese bedingungslose Liebe zum Seitenwagen-Sport und seine gewinnende Art fand er viele Freunde unter seinen Konkurrenten und Fans. Es gibt wohl niemanden in der gesamten Seitenwagen-Szene, der dem 58-Jährigen seine Erfolge missgönnen würde.
Bereits seit 1983 ist Hänni fester Bestandteil der Seitenwagen-Weltmeisterschaft. Ohne den üblichen Umweg über nationale Rennen stieg er beim Großen Preis von Belgien in den Seitenwagen seines mit australischer Lizenz startenden Landsmannes Christian Graf. «Christian kam damals in meine Garage, um sein Auto abzuholen. Beiläufig erwähnte er, dass er zu einem Seitenwagen-Rennen geht und keinen Beifahrer hat. Ich habe ihm damals spontan zugesagt, ohne zu wissen, worauf ich mich da einlasse.» Im Training schaffte die unerfahrene Paarung nur wenige Runden und belegte mit Abstand den letzten Platz. Trotz dieses Rückschlages war Hänni mit dem Rennsportvirus infiziert, der ihn nicht mehr loslassen sollte.
Am Ende seiner mittlerweile über drei Dekaden überspannenden Laufbahn kann Hänni nicht nur auf vier nationale Titel in der Schweizer bzw. deutschen Meisterschaft, sondern auch auf 24 Grand-Prix-Siege und drei WM-Titel zurückblicken. Vor dem Gewinn seiner ersten Weltmeisterschaft war der selbstständige Werkstattbesitzer aus dem Berner Oberland mit dem Briten Steve Webster (1994), dem Österreicher Klaus Klaffenböck (1998 bis 2000) und dem Finnen Pekka Päivärinta (2009) bereits fünf Mal Vize-Weltmeister.
«Es gab viele schöne Momente in meinem Rennfahrerleben. Ganz speziell war der Sieg mit meinem Landsmann Markus Schlosser beim WM-Lauf in Deutschland 2007. Es war das einzige Mal, dass bei einem Grand Prix für mich die Schweizer Nationalhymne gespielt wurde. Aber auch mein letztes Rennen in Le Mans wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Trotz aller körperlichen Probleme konnte ich mit Pekka unseren dritten WM-Titel sicherstellen», blickt der Eidgenosse nicht ohne Stolz zurück.
Hänni, der sich künftig vor allem um sein Geschäft für Autoreparatur und-verkauf kümmern wird, bleibt dem Dreiradsport aber auch dann erhalten, wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst ins Boot klettern kann. Gemeinsam mit Klaus Klaffenböck steht er als Verantwortlicher für die Technik hinter dem Tourist-Trophy-Projekt von Ben und Tom Birchall. Im Vorjahr durfte er bei der Preisverleihung in der Villa Marina den Teampreis in Empfang nehmen.
Größte Erfolge von Adolf Hänni
1992 Schweizer Meister mit Markus Schlosser
2007 Deutscher Meister mit Markus Schlosser
2011 Deutscher Meister mit Pekka Päivärinta
2012 Deutscher Meister mit Pekka Päivärinta
1998 Erster Grand-Prix-Sieg mit Klaus Klaffenböck in Rijeka
1994 Vize-Weltmeister mit Steve Webster
1998 Vize-Weltmeister mit Klaus Klaffenböck
1999 Vize-Weltmeister mit Klaus Klaffenböck
2000 Vize-Weltmeister mit Klaus Klaffenböck
2007 GP von Deutschland 1 – Sieg mit Markus Schlosser
2009 Vize-Weltmeister mit Pekka Päivärinta
2010 Weltmeister mit Pekka Päivärinta
2011 Weltmeister mit Pekka Päivärinta
2013 Weltmeister mit Pekka Päivärinta