Anthony West teilt sich die Besenkammer mit Ratten
Anthony West würde gerne weiterhin Supersport-WM fahren
Für 2016 fand Anthony West weder in der MotoGP- noch in der Moto2-WM einen Startplatz. Auch in der Superbike- oder Supersport-WM ergab sich nichts für den zweifachen Grand-Prix-Sieger. Auf Phillip Island trat er mit Wildcard für das Team Tribeca Yamaha an – und wurde umjubelter Dritter.
Tribeca ist ein Hersteller von Gesundheitsprodukten, «X50 Green Tea» soll durch natürliche Fettverbrennung beim Abnehmen helfen. Nebenbei leistet sich die australische Firma ein Rennteam.
«Ich gehöre zu den Fahrern, die man bezahlen muss», hielt der 34-Jährige im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Ich habe keinen Sponsor oder reichen Vater, der für mich bezahlt. Mehrere Superbike-Teams hätten mich dieses Jahr fahren lassen, mich aber nicht bezahlt. Ich bin pleite, ich habe kein Geld. Ich kann nicht gratis fahren, von irgendetwas muss ich leben. Als Australier kann ich in Europa auch nicht einfach zum Arbeiten gehen, weil ich dafür das entsprechende Visum und eine Arbeitserlaubnis brauche.»
West weiter: «Momentan lebe ich in der Firma meine Vaters in Brisbane. Dort habe ich die Abstellkammer gekehrt und ein Bett reingestellt. Davor habe ich jeweils einige Nächte bei meinem Vater auf dem Sofa geschlafen und bei meiner Freundin und bei meinem Bruder. Ich bin wie ein Zigeuner. Mir wurde aber schnell klar, dass es das nicht bringt. In der Firma ist es aber auch nicht besser, dort hat es Ratten.»
«Nur Rennen fahren macht mich glücklich»
Seinen ersten Grand Prix fuhr Anthony West 1998 in Australien in der 125er-Klasse. Seither war er in den GP-Klassen 125, 250 und 500 ccm, Moto2 und MotoGP am Start, dazu in der Supersport- und Endurance-WM und in nationalen Meisterschaften. Er nahm jeden Job an, der sich ihm bot.
«Nach dem letzten MotoGP-Rennen in Valencia hatte ich keine Lust mehr auf den GP-Sport», unterstreicht der Australier. «Ich habe so viel Politik und Bullshit gesehen, mit fairem Rennsport hat das nichts zu tun. Wenn ich nicht das Geld oder den Sponsor habe, besteht keine Chance ein Rennen zu gewinnen. Für einen Rennfahrer ist es schwierig, wenn er schon vor dem Rennen weiß, dass er keine Chance hat vorne zu fahren. Ich war so lange im GP-Sport und habe nie ordentlich Geld gemacht. Ich musste immer die Option wählen, die ich für die beste hielt, um im GP-Sport zu bleiben. Ich bin jetzt seit 17 Jahren pleite – und die Politik im Rennsport wird immer schlimmer. Deshalb nütze ich dieses Jahr um darüber nachzudenken, was ich mit dem Rest meines Lebens anstellen möchte. Bislang habe ich keine Idee. Ich dachte darüber nach, mit dem Rennsport aufzuhören. Aber das ist hart, das ist die einzige Sache, die mir wirklich Freude macht. Das Drumherum scheißt mich an, wenn ich aber auf dem Motorrad sitze, bin ich unendlich glücklich.»