Las Vegas: James Stewart besiegt Ken Roczen knapp
James Stewart: Mit zwei Laufsiegen wurde er zum Überflieger
James Stewart feierte beim Monster Energy Cup den Sieg in einem packenden, dramatischen und ziemlich unvorhersehbaren Rennen im Sam-Boyd-Stadion in Las Vegas. Der Routinier aus dem Yoshimura-Suzuki-Team legte im zweiten Lauf eine aufsehenerregende Fahrt gegen Ryan Villopoto hin und konnte am Ende im Gesamtklassement knapp die beiden Red-Bull-KTM-Vertreter Ryan Dungey und Ken Roczen bezwingen. Stewart wies noch den drei Läufen die Ränge 8, 1 und 1 auf und gewann das Einladungsrennen, bei dem er mit drei Laufsiegen 1 Mio. Dollar hätte gewinnen können.
Der saisonabschliessende Event wurde zum dritten Mal ausgetragen und scheint jedes Jahr grösser zu werden. 5000 Tickets mehr wurden im Vorverkauf abgesetzt, die Startliste hielt mit Ausnahme von Chad Reed die gesamte US-Elite bereit. Stewart war zum ersten Mal mit dabei, wie auch Pro-Circuit-Pilot Dean Wilson. Die schnelle und einfache Supercrossstrecke beinhaltete erneut ein paar Eigenheiten, die den «MEC» speziell machen und von einem normalen Supercross-WM-Lauf unterscheiden (auch wenn im Sam-Boyd-Stadion seit Jahren das WM-Finale stattfindet).
Da wären zum einen die 20 Meter lange Joker-Lane mit sechs Whoops, welche die Fahrer in jedem der drei Zehn-Runden-Finallaufen mindestens einmal benutzen mussten. Dann die überhöhte Talladega-Kurve, die mitten auf einer Tribüne gebaut worden war. Schliesslich der Split-Start, bei dem elf Fahrer mit Topspeed von ausserhalb des Stadions seitlich in die Strecke hineinrasen konnten. Die Joker-Lane war am Ende aber das Haupthema des Abends.
Joker-Lane: Dungey wird erstes Opfer
Ein fehlerhaftes Startgatter führte dazu, dass der erste Lauf zwei Mal neu gestartet werden musste, danach kam die Joker-Lane ins Spiel. Die Piloten mussten selber entscheiden, wann sie durch diese langsame Sektion, die fünf bis sechs Sekunden kostete, fahren wollten. Dungey wurde das erste Opfer und ruinierte seine Chancen nicht nur auf die Bonus-Million, sondern auch auf den 100.000-Dollar-Check für den Gesamtsieg. Der KTM-Werksfahrer vergass ganz einfach, die Joker-Lane einmal zu benutzen! Sein Duell mit Villopoto im ersten Sprint endete fälschlicherweise, als der US-Motocross-Champion in der letzten Runde noch abbog, der danach in Führung liegende Dungey aber nicht. Es ging ein Raunen durch das Publikum, als der KTM-Pilot an der Abzweigung vorbei knatterte. Nach dem Fallen der Zielflagge stoppte Villopoto und gratulierte Dungey, aber er erinnerte den Rivalen auch an die Regeln. Der KTM-Star liess danach aus Frustration den Kopf hängen, die Fans waren entweder belustigt oder ungläubig.
Dungey schlug auf dem Weg zurück an die Boxen vor Ärger ein paar Mal in die Luft, Villopoto zeigte sich beim Interview nach dem Rennen über die Episode amüsiert, was sich als etwas voreilig herausstellen sollte. Dungey: «Es war das erste Rennen in diesem Jahr mit einer Joker-Lane, aber diesen Fehler werden wir nicht nochmals machen. Ich war geistig verwirrt…» Villopoto, kaum in der Lage, sein Grinsen zu verbergen, meinte: «Ich bin enttäuscht für ihn, denn er ist sehr gut gefahren. Ich konnte bis zur letzten Runde angreifen.»
Joker-Lane: Villopoto wird zweites Opfer
Der zweite Lauf war schlicht fantastisch. Stewarts Holeshot brachte ihn in eine gute Ausgangslage, bald befand er sich im Duell mit Villopoto, das Duo wechselte vier Mal die Führung. Erneut liessen die beiden Führenden die Joker-Lane bis zur letzten Runde aus, als Stewart als Leader abbog. Unglaublicherweise unterlief Villopoto derselbe Fehler wie seinem Namensvetter 45 Minuten zuvor und fuhr an der Kreuzung vorbei! Der Kawasaki-Star musste seinen Fehler sofort an der Reaktion der Fans bemerkt haben. Die Million-Dollar-Chance war futsch, genauso wie wenig später der mögliche Cupsieg: Villopoto rutschte weg, verlor im der Rhythmussektion die Kontrolle und stürzte schwer. Der Rotschopf hatte dabei noch Glück, nicht von seiner eigenen herumwirbelnden Maschine getroffen worden zu sein. Nach mehr als fünf Minuten am Boden konnte «RV» aufstehen und die Unfallstelle verlassen.
Damit führte Ken Roczen nach zwei von drei Läufen das Gesamtklassement dank seinen zwei soliden vierten Plätzen an. Die Joker-Lane hatte sich als lästiges Zusatzelement ins Gerede gebracht, auch Marvin Musquin schilderte nach dem ersten Lauf: «Ich habe diese Schlaufe beinahe vergessen. Mein Mechaniker schrieb in der letzten Runde auf das Pitboard ‹Joker Lane jetzt!› und ich bin froh, dass er das gemacht hat.»
Grosses Duell zwischen Stewart und Roczen
Stewart – der im ersten Lauf stürzte und dann noch bis auf Rang 8 nach vorne kam – war Roczens gefährlichster Rivale im Kampf um die gigantische Trophäe, die von fünf Leuten auf das Podest gebracht werden musste. Die beiden duellierten sich über die ganze Renndistanz, Stewarts Einfahrt in der letzten Runde in die Joker-Lane war fehlerlos und schnell, während Roczen nicht schnell genug herausbeschleunigen konnte. Bei seiner Joker-Lane-Ausfahrt konnten Dungey und Eli Tomac vorbeigehen und sich die Ränge 2 und 3 holen. Damit schloss der Thüringer auch das letzte Rennen auf Rang 4 ab.
Roczen: Gefühl für 450er KTM wird immer besser
«Das waren gute Rennen und ich bin glücklich, dass ich zwei gute Starts hinlegen konnte. Am Ende ist mir einfach nur die Zeit ausgegangen», sagte Roczen. «Ich bin diese Maschine (Anm.: die KTM 450 SX-F) nur während vier Tagen vorher gefahren, aber es wird besser und besser, ich gewöhne mich immer mehr daran. Insgesamt war es ein super-spassiger Event.»
Für Stewart war der Sieg ein gehöriger Schub nach einigen unkonstanten Jahren mit Verletzungen und Teamwechseln, das Genie und der Speed des vielfachen Champions war nicht mehr oft zu sehen. Der 27-Jährige wurde inspiriert durch den Sieg im zweiten Lauf gegen Villopoto und seine Dreifachsprünge über den Table-Top zeigten, dass seine Fähigkeiten und sein Mut nach wie vor vorhanden sind. «Mann, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie speziell dies ist», sagte der Suzuki-Star. «Dieses Jahr sind einige merkwürdige Dinge passiert, aber wir haben als Team gekämpft. Du musst Vetrauen haben und darfst nicht aufhören, daran zu glauben. Ich bin im Moment ziemlich sprachlos, aber extrem glücklich. Alle Rennen waren sehr unterhaltsam. Es war ein cooler Event.»
Trotz seines Patzers konnte Dungey auf das Podest steigen. «Alles in allem war es gut. Das Problemchen im ersten Lauf hat uns zurückgeworfen, aber wir haben uns danach den Hintern abgefahren. Es war gutes Racing und machte viel Spass», erklärte der KTM-Pilot.
Weil Justin Barcia (Honda) wegen eines Sturzes im letzten Lauf nicht ins Ziel kam, rundeten Tomac und Musquin die Top-5 ab. Villopoto konnte zum letzten Rennen nicht antreten und verliess das Stadion für eine medizinische Untersuchung.
Der vierte Monster Energy Cup ist bereits für den 18. Oktober 2014 terminiert. Aber Dave Prater von Organisator Feld Motorsports erklärte, dass der Event in Zukunft auch woanders als in Las Vegas stattfinden könnte. Der Aufbau der Veranstaltung macht den «MEC» zum idealen Showdown zum Saisonende für die US-Szene inklusive der Fans.