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Wissenswertes über die Rennen zur Tourist Trophy

Von Helmut Ohner
Siegfried Schauzu/Horst Schneider (BMW) 1967 auf ihrem Weg zum TT-Sieg

Siegfried Schauzu/Horst Schneider (BMW) 1967 auf ihrem Weg zum TT-Sieg

Die Rennen zur Tourist Trophy auf der Insel Man sind in vielerlei Hinsicht unvergleichlich. Nicht nur, dass seit 115 Jahren dort gefahren wird und die Strecke über 37 Meilen misst, auch drumherum ist vieles einzigartig.

Im Jahr 1907 wurden auf der Isle of Man erstmals Motorradrennen ausgetragen. Dass es überhaupt Rennen auf dem kleinen Eiland zwischen Großbritannien und Irland gibt, liegt am so genannten «Red Flag Act». In ihm legte die britische Regierung fest, dass jedem motorisierten Fahrzeug eine Person mit roter Flagge voranzugehen habe, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Nach Aufheben dieser Regel durften sich Autos und Motorräder zwar frei, aber nur mit maximal 20 Meilen pro Stunde auf den Straßen bewegen.

Auch für Rennen wurde keine Ausnahme gemacht. Man suchte man nach Alternativen und wurde in der Isle of Man fündig, auf der diese Regel nicht galt. Der erste Rundkurs verband die Ortschaften St. John (Start und Ziel), Ballacraine, Kirk Michael und Peel. Bis 1910 wurden auf dieser Strecke die Rennen abgewickelt, danach wechselte man auf den 37,73 Meilen (entspricht 60,725 Kilometer) langen Snaefell Mountain Course, der damals wegen der Steigung von Ramsey Richtung Bungalow für die Motorräder eine echte Herausforderung darstellte.

Anfänglich wurden die öffentlichen Straßen für das Training nicht abgesperrt, man musste sich die Streckenführung im Berufsverkehr einprägen. Erst der verhängnisvolle Unfall von Archie Birkin 1927 führte beim Veranstalter zu einem Umdenkprozess. Der 22-jährige Unglücksrabe war am frühen Morgen des 7. Juni auf einer schnellen Runde unterwegs, als er beim Versuch einem Fischtransporter auszuweichen gegen eine Hecke prallte und noch an der Unfallstelle verstarb. Heute ist die Stelle außerhalb von Rhencullen als «Birkin´s Bend» bekannt.

Weil sich immer mehr Menschen auf der Isle of Man ansiedelten und sie sich nicht durch gesperrte Straßen daran hindern lassen wollten, zu ihren Arbeitsstellen zu gelangen, wurden die Trainings zeitlich in der Früh oder spätabends durchgeführt. Nach einigen schweren Stürzen, die darauf zurückzuführen waren, dass ein Fahrer durch die aufgehende Sonne geblendet wurde und deshalb von der Strecke abgekommen war, wird auf das Morgentraining verzichtet. In der ersten TT-Woche wird trainiert, in der zweiten werden die Rennen gefahren.

Lange Zeit wurden die Rennfahrer paarweise ins Rennen geschickt, heutzutage gibt es nur noch Einzelstarts. Im Abstand von zehn Sekunden jagt ein Pilot dem anderen hinterher. «Echte» Zweikämpfe finden nicht statt, im Team muss man ein waches Auge auf die Uhr haben, um ihrem Schützling den Vorsprung oder Rückstand anzuzeigen. Erst nach der Zielankunft kann man sich sicher sein, ein Rennen gewonnen zu haben oder aber eben nicht. Nicht selten entschieden am Ende wenige Zehntelsekunden über Sieg oder Niederlage.

Die Weiterentwicklung der Technik, aber auch die ständige Verbesserung an der Strecke ließen in der Vergangenheit die Rekorde nur so purzeln. 50 Jahre nach dem ersten Rennen durchbrach 1957 Bob McIntyre auf seinem Weg zum Sieg bei der Senior-TT als Erster die 100-Meilen-Schallmauer. Weitere 50 Jahre später war es John McGuinness, der eine Runde mit einem Schnitt von über 130 Meilen pro Stunde fuhr. Der aktuelle Rundenrekord wurde 2018 von Peter Hickman aufgestellt und steht derzeit bei 16:42,778 (Schnitt 135,452 mph oder 217,989 km/h!).

Von 1949 bis einschließlich 1976 war die Tourist Trophy Bestanteil der Motorrad-Weltmeisterschaft. Die vielen Unfälle veranlassten einige der Spitzenfahrer die Veranstaltung zu boykottieren, deshalb wurde sie aus dem WM-Kalender gekippt. Gefahren wird heute in den Klassen Supertwin, Supersport (2 Rennen), Superbike, Superstock sowie Seitenwagen (2 Rennen). Den prominenten Abschluss der Rennwoche bildet die prestigeträchtige Senior-TT, die eigentlich ein zweites Superbike-Rennen darstellt, bis in die Achtzigerjahre aber hauptsächlich den Halbliter-Maschinen vorbehalten war.

Auch 22 Jahre nach seinem Todessturz bei einem Rennen in Estland führt Joey Dunlop die ewige Bestenliste mit 26 Siegen an. Ihm dicht auf den Fersen sind John McGuinness (23) und sein Neffe Michael Dunlop (20), dem am ehesten zugetraut wird, diesen Rekord zu überbieten. Erst vor zwei Tagen gewann der vergleichsweise junge Nordire das erste Supersport-Rennen. Von den deutschsprachigen Piloten ist nach wie vor das Seitenwagen-Ass Siegfried Schauzu mit neun Siegen das Maß aller Dinge.

Erfolgreichste Fahrer
Joey Dunlop 26 Siege, John McGuinness, 23, Michael Dunlop 20, Dave Molyneaux 17, Ian Hutchinson 16, Mike Hailwood 14, Bruce Anstey 12, Phillip McCallen, Bob Heath, Steve Hislop, Ben Birchall, je 11, Giacomo Agostini, Rob Fisher und Stanley Woods je 10. Siegfried Schauzu 9. Ferner: Klaus Enders 4, Max Deubel, Walter Schneider, Rolf Steinhausen und Luigi Taveri 3, Fritz Hillebrand 2, Georg Auerbacher, Dieter Braun, Florian Camathias, Ernst Degner, Helmut Fath, Werner Haas, Rupert Hollaus, Ewald Kluge, Heinz Luthringshauser, Georg Meier und Fritz Scheidegger je 1 Sieg.

TT-Rekorde
Peter Hickman in 16:42,778 Minuten (Schnitt 217,989 km/h). Schnellster Newcomer: Glenn Irwin in 17:26,049 min. (Schnitt 208,972 km/h). Schnellste Dame: Jenny Tinmouth in 18:52,42 min (Schnitt 193,032 km/h). Schnellster Seitenwagen: Ben und Tom Birchall 18:59,49 (Schnitt 191,914 km/h), Ben und Tom Birchall.

Prominente TT-Opfer
1911 Victor Surridge, 1929 Cecil Ashby, 1931 Freddie Hicks, 1933 Syd Crabtree, 1939 Karl Gall (A), 1953 Les Graham (GB), 1961 Marie Laure Lambert (CH), 1962 Tom Phillis (AUS), 1970 Santiago Herrero (E), 1972 Gilberto Parlotti (I), 1976 Walter Wörner (D), 1978 Malcolm Hobson/Kenny Birch (GB) und Ernst Trachsel (CH), 1989 Phil Mellor (GB), 1992 Manfred Stengl (A), 2003 David Jefferies (GB) und Peter Järmann (CH), 2010 Martin Loicht (A), 2014 Karl Harris (GB), 2016 Ian Bell (GB).

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