Taktische Spielereien dominieren den Dakar-Auftakt
Als die Ultimate-Teams heute Morgen um 7.30 Uhr das Biwak in Bisha verließen, war die Strategie für die Gesamtsiegaspiranten klar. Die erste richtige Etappe der diesjährigen Veranstaltung zu gewinnen war einfach keine Option. So wurde von den Favoriten kein Tagessieg angestrebt, sondern stellte die Strategie in den Vordergrund, die die Ausgangsposition für den morgigen Doppeltag-Marathon optimieren sollte.
Die zweite Etappe ist die 48-Stunden-Mammautprüfung über 960 Kilometer, bei der die Teams bis auf einen Reifenwechsel auf halber Strecke ohne jegliche technische Hilfe auskommen müssen. Diese Prüfung könnte schon eine Vorentscheidung für den Rest der Dakar sein. So wird von den Toppiloten vermieden als erste Autos als eine Art Spuren suchende Kehrmaschine auf die Prüfung zu gehen und dabei schwere Zeitverluste zu riskieren. Über rund 250 Kilometer hinweg haben es die zuerst startenden Fahrer besonders schwer ob Sand und Dünen überhaupt den schnellsten Fahrweg zu erkennen.
Zu denjenigen, die heute das Taktikspiel mitmachten und die Sache etwas ruhiger und gelassener anging, gehörte der fünfmalige Dakar-Sieger Al-Attiyah. Für den Dacia Sandrider-Piloten stellte die langsame Herangehensweise der einzig logische Weg dar. Al-Attiyah hatte keinen auch keinen Grund zur hektischen Eile, als er auf der heutigen Etappe einen Reifenschaden erlitt.
«Auf den letzten zehn Kilometern hatten wir eine Reifenpanne, so dass wir anhalten mussten. Wir trafen die Entscheidung danach für weitee 15 Minuten zu warten. Dafür sicherten wir uns eine eine gute Ausgangsposition für morgen», erklärte Al-Attiyah. Dem Dacia Sandrider-Piloten fehlten über sechs Minuten auf den Etappensieger Chicherit im heutigen Ziel. «Ich weiß, dass wir heute viel Zeit verloren haben, aber das haben wir wegen morgen bewusst in Kauf gemnommen. Wenn ich als 50. starte, wäre das sehr schön. Ich habe viel aus dem letzten Jahr gelernt. Dieses Mal brauchen wir nichts mehr zu lernen, sondern müssen einfach clever sein».
Dacia-Teamkollege Loeb war ebenfalls der Meinung, dass der Verzicht auf eine gute heutige Etappenplazierung notwendig war, um bessere Chancen zu haben im 48-Stunden-Chrono vorne dabei zu sein.
«Es war heute ein ziemlich langweiliger Tag, weil wir strategisch an morgen denken wollten», gab unumwunden Loeb zu. «Keiner von uns wollte heute die Etappe gewinnen, das ist klar. Wir wollten eine gute Ausgangsposition für die morgige 48-Stunden-Etappe haben, also haben wir es ruhig angehen lassen. Wir haben sogar gegen Ende der Etappe angehalten, um noch mehr Zeit zu verlieren. Daher sind wir mit der Position recht zufrieden. Wir haben zehn Minuten verloren und liegen ziemlich weit hinter dem Führenden. Wir werden morgen um den 15. Platz herum unterwegs sein, das ist gut so».
Mattias Ekström war der schnellste Ford im Prolog gewesen und sollte das auch auf WP1 sein - bis die Strategie ins Spiel kam und der Schwede am Ende der Etappe ebenfalls verlangsamte.
«Es war eine gute Etappe für uns. Wie jeder weiß, steht morgen die 48-Stunden-Etappe an und ich denke, dass deshalb im Moment halt die Strategie im Spiel sein muss», meinte der Ex-DTM-Champion. «Wir sind einfach die Etappe gefahren, ohne Fehler. Wir haben zwar einmal ein paar Büsche getroffen, aber dabei nichts kaputt gemacht. Wir hatten heute wirklich Spaß».
Es ist selten, dass so drastische strategische Entscheidungen so früh bei der Dakar getroffen werden. Indes: Die Position auf der Straße ist morgen wohl so wichtig wie die Zuverlässigkeit. Die diesjährige Dakar besteht dieses Jahr zu fast der Hälfte aus für Motorrad- und die Autokategorie völlig unterschiedlich konzepierten Streckenverläufen. So können die Autobesatzungen vor allem am Anfang der diesjährigen Dakar nicht von den Spuren der vorausfahrenden Biker profitieren.
Der heutige Sieg auf der Eröffnungsetappe relativiert sich daher ein Stück weit für Guerlain Chicherit und seine X-raid-Mannschaft.
Für die Spitzenreiter wird die Freude über die heute gute Platzierung durch die vordere Startposition beim Etappenstart getrübt. Mini-Pilot Chicherit gewann die Etappe mit knapp einer Minute Vorsprung vor den beiden Toyota-Fahrern Seth Quintero und Saood Variawa. Mit denen Hilux-Piloten hatte der Franzose sich über die heutigen viereinhalb Stunden ein enges Fernduell geliefert..
Carlos Sainz im M-Sport-Raptor ließ sich einen Rückstand von 2.32 Minuten notieren, während Al-Attiyah und Loeb 10.28 bzw. 11.31 Minuten zurücklagen.
Ergebnis der 1. Etappe Bisha-Bisha (WP 413 Kilometer)
1. Chicherit/Winocq (X-raid Mini) - 4:35:53 Stunden
2. Quintero/Zenz (Toyota Hilux) +50 Sekunden
3. Variawa/Cazalet (Toyota Hilux) +1:03 Minuten
4. Prokop/Chytka (MP-Sports Ford Raptor) +1:04 Minuten
5. Gutierrez/Moreno (Dacia Sandrider) +1:28 Minuten
6. Ferreira/Palmeiro (X-raid Mini) +1:53 Minuten
7. Sainz/Cruz (M-Sport Ford Raptor) +2:32 Minuten