Rallye-Star Matthias Walkner: Er wurde zwangsbeglückt
Der Österreicher Matthias Walkner, 1986 in Kuchl im Bundesland Salzburg geboren, plante als Jugendlicher eine Karriere als Skirennläufer. Mit 14 Jahren stieg er von den Skiern auf eine Motocross-Maschine. Seine kühne Schwester Eva blieb den zwei Brettern treu – sie ist zweifache Freeride-Weltmeisterin. KTM-Fahrer Matthias Walkner hingegen gewann als erster Österreicher den Weltmeistertitel in der MX3-Klasse und im darauffolgenden Jahr sicherte er sich den Vize-Weltmeistertitel.
Niemand nahm diese Erfolge in der kleinsten der drei Motocross-WM-Klassen in Österreich wirklich wahr. Außerdem wurde die MX3-WM von der FIM nach der Saison 2013 gestrichen.
Jetzt war im Hause Walkner guter Rat teuer. Der Salzburger stand mit 27 Jahren vor dem motorsportlichen Nichts. In den Klassen MX2 und MXGP wurden ihm keine Verträge angeboten. Er war zwar seit 2004 KTM-Testfahrer, aber das betrachtete nur als Nebenjob. Sein Förderer Heinz Kinigadner, Motocross-Weltmeister 1984 und 1985, musste «Hiasi» danach mit sanften Druck dazu überreden, sich mit dem Thema Motorrad-Rallye-Sport zu befassen. Gleich 2015 im ersten kompletten Jahr krönte sich Red Bull-KTM-Fahrer Walkner zum Rallye-Weltmeister.
Der Rest ist bekannt: Walkner stürzte 2016 beim Dakar-Debüt, 2017 und 2019 schaffte er zwei grandiose zweite Plätze, 2018 triumphierte er bei der längsten Rallye der Welt. Walkner ist durch die Dakar-Erfolge inzwischen zu einem der populärsten Sportler Österreichs aufgestiegen. Er ist eng mit Ski-Star Marcel Hirscher befreundet und mischt in Österreich regelmäßig bei der Wahl zum Sportler des Jahres vorne mit.
Matthias Walkner fährt in der Offroad-Bekleidung, die Heinz’ Sohn Hannes Kinigadner designt, das ist vielleicht eine Geste der Dankbarkeit von Walkner, denn er hat Heinz Kinigadner einiges zu verdanken.
«Hiasi ist 2012 MX3-Weltmeister geworden, er hat sich damals alles selbst finanzieren müssen, das war ja eine Art Cross-Weltmeisterschaft für Amateure gewesen, an der sich die Werke nicht engagiert haben», blendet Heinz Kinigadner zurück. «Er hat als Weltmeister nichts verdient und ist mir leeren Händen dagestanden. Nach 2013 wurde diese Kategorie sogar noch vom WM-Kalender gestrichen. Hiasi hat mich gefragt, was er tun soll. Er meinte, er könnte Enduro-Fahrer werden. Ich habe entgegnet: 'Da hast du noch weniger Aussichten, dir etwas aufzubauen als beim Motocross-Fahren in der MX3.' Ich habe Hiasi empfohlen: ‚Probier’ Rallye.’»
Kini weiter: «Wir haben ihn und Lettenbichler nach Tunesien mitgenommen. Nach dem ersten Tag sind die beiden im Hotel am Abend zu uns gekommen und haben gefragt, ob wir einen kompletten Vogel haben. Sie sagten, im Rallyesport gehe es nur ums Geradeausfahren, das sei uninteressant und technisch überhaupt keine Herausforderung. Lettenbichler und Walkner haben gesagt, sie möchten das nicht weiterverfolgen.»
«Aber wir haben Hiasi Walkner dann überredet, er soll zur Hellas-Rallye nach Griechenland mitfahren», erinnert sich Heinz Kinigadner. «Das ist eine optimale Einsteiger-Rallye, bei der die Kosten überschaubar sind und die Navigation sehr wichtig ist. Hiasi hat diese Rallye auf Anhieb gewonnen. Wir haben uns gedacht: Wenn er das Navigieren halbwegs beherrscht und imstande ist, beim Fahren auf das Roadbook runterzuschauen, sollte er eine Rallye-Laufbahn einschlagen.»
KTM-Berater Heinz Kinigadner («Als Berater darf man überall seinen Senf dazugeben, trägt aber keine Verantwortung») musste aber noch KTM-Firmenchef Stefan Pierer und KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer überzeugen. Und so wie der Tiroler den KTM-Chef einst überredet hatte, ein Werksteam zur Dakar zu schicken, was bisher in 18 Gesamtsiegen in Serie gipfelte, so machte er ihm auch einen Werksvertrag mit Walkner schmackhaft.
Kinigadner: «Wir haben zu Stefan Pierer und zu Pit gesagt: Wie wäre es mit einem österreichischen Rallye-Werksfahrer? Und ohne jegliche weitere Vorbereitungen ist dann entschieden worden: ‚Let’s go, Dakar!’»