DTM-Zukunft: Das ist der Stand der Dinge
Wann kommt der neue Hersteller?
Gerhard Berger war klar, dass die Nachfragen kommen würden. Immerhin hatte er vor rund acht Wochen angekündigt, dass es in möglicherweise acht Wochen etwas Neues zu verkünden gebe.
Nun, zu verkünden gab es in Spielberg offiziell nichts. Was zwar zu Gerüchten und Spekulationen führt, im Motorsport aber nichts Ungewöhnliches ist. Gut Ding will eben manchmal Weile haben. Die Saison 2019 ist mit Audi und BMW als Übergangsjahr zwar gesichert, ein Nachfolger für Mercedes und damit grünes Licht für die Zeit ab 2020 fehlt aber noch. Wie ist die aktuelle Situation der DTM? SPEEDWEEK.com gibt einen Überblick.
Neue Hersteller: Sie lassen noch auf sich warten, Berger verweist auf laufende Gespräche, auf Schritte nach vorne und Schritte zurück. Nichts Konkretes also. Die Kultmarke Aston Martin wird seit Monaten mit einem Einstieg in Verbindung gebracht, doch weil das Ganze ein durchaus komplexes Konstrukt mit mehreren Beteiligten ist, wird die Sache nicht beschleunigt.
Hinzu kommt: Der Autobauer gab am 20. September die Voraussetzungen für den milliardenschweren Börsengang bekannt. Man wolle das Börsenprospekt ausgeben, in dem die Angebotsspanne zwischen 17,50 Pfund bis 22,50 Pfund je Aktie festgelegt worden sei, teilte Aston Martin mit. Wichtig dabei: Der Börsengang selbst ist erst für den 8. Oktober geplant. Da der nicht durch eine Verkündung eines DTM-Engagements oder eine Absage beeinflusst werden soll, ist klar: Vor dem Gang an die Börse wird es keine Neuigkeiten dazu geben. Eventuell dann aber danach.
Red Bull: Kehrt der Getränkeriese zurück? Motorsportberater Helmut Marko war in Spielberg. Was er sah, befand er als «besser als vorher, unberechenbarer. Ich finde, dass es mit der DTM weitergehen muss. Der Bedarf ist sicher da. Ich bin sicher, dass Gerhard es schafft. Was man im Hintergrund hört, gibt es schon einige Ansätze, dass Mercedes ersetzt werden wird.» Auch eine Rückkehr von Red Bull ist wieder ein Thema, für 2020.
Angesprochen auf die in den Red-Bull-Farben lackierten Boliden, die es 2018 erstmals seit einer halben Ewigkeit nicht im Starterfeld der DTM gibt, sagte Marko: «Es ist generell ein Thema. Mit der Arbeit, die Gerhard leistet, ist der Sport wieder attraktiver. Und damit ist es ganz klar ein Punkt, den Red Bull berücksichtigen wird.»
Gut möglich, dass mit der Marko-Aussage sowieso nicht nur die Lackierung der Autos gemeint ist. Denn Red Bull soll auch in den Deal um Aston Martin involviert sein, als Partner fungieren. Außerdem war man ja auch langjähriger Partner von Mattias Ekström, der nach dem Audi-Ausstieg von Audi aus der Rallycross-WM seine Optionen sondiert und auch mit einem DTM-Comeback in Verbindung gebracht wird. Fakt ist: Red Bull hätte mehrere Möglichkeiten, in die DTM zurückzukehren.
Privatteams: Das konkreteste Thema im Moment. Sie sollen nicht nur das Feld von zwölf Werksautos erweitern, sondern auch als «Underdogs» eine besondere Würze in den Wettbewerb bringen. Bei Audi ist man optimistisch, dass man mindestens zwei Autos durch Kundenteams an den Start bringen kann.
Motorsportchef Dieter Gass will nicht ausschließen, dass auch ein zweites Team mit Audi-Boliden versorgt werden könnte. Bis zum Finale in Hockenheim könnte eine Entscheidung fallen. Im Gespräch: Die Teams WRT und Mücke, zu Namen äußert sich der Audi-Boss allerdings grundsätzlich nicht. Auch BMW führt Gespräche mit mehreren Interessenten, wird aber nicht mehr als zwei Autos abstellen können. «Wir sind auf einem guten Weg, benötigen aber noch etwas Zeit.»
BMW-Boss Jens Marquardt spricht dabei nicht in Wochen, sondern von bis zu drei Monaten. Bei BMW werden vor allem ROWE und Walkenhorst gehandelt. Auch hier: Kein Kommentar zu konkreten Namen.Die Teams erhalten das gleiche Material wie die Werksteams. Die weitere Unterstützung wie Knowhow oder auch durch Personal soll durch das Reglement festgelegt werden. Gass spricht von einem Mittelweg. «Wir werden sie nicht komplett alleine im Regen stehen lassen. Wir haben ein Interesse daran, dass sie performen und werden ihnen unter die Arme greifen. In welcher Form das passieren wird, ist noch in der Diskussion.»
Marquardt stellte klar: «Es macht Sinn, dass gleiche Verhältnisse geschaffen werden. Unabhängige Privatteams sollen auf gleichem Niveau mit den Werksteams antreten können. Man möchte als Team Unterstützung, aber auch eine Eigenständigkeit.»
Was die Fahrer betrifft, könnten die einen Großteil des Knackpunkts lösen: die Finanzierung, denn angeblich soll ein Auto für eine Saison rund drei Millionen Euro kosten. Ob die Summe nun passt oder nicht, klar ist: Günstig wird es nicht, Sponsoren müssen her.
Eine Idee sind Nachwuchspiloten, die mit einem Budget in der Formel 2 fahren, den Sprung in die Formel 1 aber nicht schaffen. Gass: «Für die könnte es überlegenswert sein, ob sie das Geld in die DTM investieren.» Bei einer starken Leistung als «Paydriver» winkt dann womöglich ein Werksvertrag.
Autos aus Japan: Wie im Fahrerlager in Spielberg zu hören war, gibt es aber noch eine andere Möglichkeit: Unabhängige Privatteams, die nichts mit Audi und BMW zu tun haben und die mit Autos aus Japan ausgestattet werden könnten. Gespräche über diese Möglichkeiten werden angeblich bereits intensiv geführt. Das interessierte Team würde dann als Einsatzauto einen Lexus oder Nissan bekommen.
Möglich macht es bekanntlich das neue Class-One-Reglement, mit dem die DTM 2019 fährt, die Super GT ab 2020. Ein Ausgleich könnte durch eine Balance of Performance geschaffen werden. Die Überlegung dahinter: Selbst wenn es nur jeweils ein Auto wäre - alleine die Teilnahme der beiden Marken würde einen weiteren Schub bedeuten, mehr Vielfalt bringen. Klar ist aber: Auch bei diesen Teams ist wie bei den Privatteams eine solide Finanzierung die Voraussetzung und auch die Herausforderung.