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Eng emotional über Lamm: Es war ein schwerer Verlust

Von Rob La Salle
Philipp Eng

Philipp Eng

Im großen Interview spricht DTM-Spitzenreiter Philipp Eng über den Tod von Charly Lamm, seinen schwierigen sportlichen Weg und seine Ziele für die restliche Saison.

Seine Emotionen im Cockpit nach der Zieldurchfahrt ließen keinen Zweifel aufkommen: Mit seinem ersten DTM-Sieg im Samstagsrennen in Zolder wurde für BMW-Werksfahrer Philipp Eng ein Traum wahr.

Am Sonntag fuhr der 29-jährige Österreicher, der im BMW Team RBM seine zweite DTM-Saison bestreitet, als Zweiter erneut auf das Podium und übernahm die Führung in der DTM-Fahrerwertung.

Eng machte seine ersten Schritte im Motorsport in der Formel BMW und kehrte nach einigen Jahren in anderen Rennserien und Fahrzeugen 2016 zu BMW zurück. Gleich in seinem ersten Jahr als BMW Werksfahrer feierte er im BMW M6 GT3 den Sieg bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps. 2017 kämpfte er im ADAC GT Masters mit dem BMW Team Schnitzer bis zum Saisonfinale um den Titel.

2018 wurde Eng in den DTM-Fahrerkader von BMW berufen. In seinem erst dritten DTM-Rennen feierte er auf dem Lausitzring seinen ersten Podiumsplatz, einen Tag später fuhr er an gleicher Stelle seine erste Poleposition ein. Ein Rennwochenende später ließ Eng in Budapest (HUN) seinen zweiten Podestplatz folgen. Neben seinem Engagement im BMW DTM-Team fährt Eng auch weiter GT-Einsätze. So trat er 2018 im BMW M8 GTE des BMW Team MTEK bei den berühmten 24 Stunden von Le Mans an – und feierte im BMW M6 GT3 von Walkenhorst Motorsport seinen zweiten Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps.

Das Jahr 2019 begann für Eng mit einem weiteren Triumph: Mit seinen Fahrerkollegen Augusto Farfus, Connor De Philippi und Colton Herta (USA) fuhr er bei den 24 Stunden von Daytona (USA) im BMW M8 GTE des BMW Team RLL zum Sieg in der GTLM-Klasse. In der DTM sorgte Eng gleich beim Auftaktwochenende in Hockenheim in seinem ZF BMW M4 DTM für einen neuen Rundenrekord für geschlossene Fahrzeuge – als er sich am Sonntag die Poleposition sicherte. Es folgte das erfolgreiche Wochenende in Zolder.

Philipp, in Zolder haben Sie Ihren ersten DTM-Sieg gefeiert. Was ging Ihnen bei der Zieldurchfahrt durch den Kopf?

Ich habe einfach nur geschrien. Da ist eine große Last von mir abgefallen. Einen DTM-Sieg habe ich mir gewünscht, seit ich mit dem Rennfahren angefangen habe. Und da ist mir persönlich einfach ein großer Stein vom Herzen gefallen. Nicht, weil ich von irgendjemandem oder irgendetwas Druck hatte, sondern weil ich es einfach extrem wollte. Es war ein so cooles Gefühl. Und alle haben sich richtig mit mir gefreut – das war wirklich schön zu sehen.

Nach diesem Sieg haben Sie viel über Charly Lamm gesprochen. Was bedeutet er Ihnen?

Sehr viel. Charly war ein guter Freund und ein sehr wichtiger Wegbegleiter. Er war einfach ein unglaublich großer Mensch. In dem Jahr, in dem ich für ihn im ADAC GT Masters gefahren bin, habe ich sehr viel gelernt. Nicht nur, was den Motorsport betrifft. Er hat immer gesagt: ‚Man muss im richtigen Mindset sein’. Das war immer unser Running Gag, aber es war auch viel mehr als das. Wir hatten eine sehr spezielle und sehr enge Bindung. Es war ein schwerer Verlust, und ich habe in Zolder gemerkt, dass er auf dem Beifahrersitz mit mir mitgefahren ist und mir die Daumen gedrückt hat.

In Ihrem zweiten DTM-Jahr sind Sie nun DTM-Sieger und aktuell Führender der Fahrerwertung. Doch der Weg dahin war alles andere als einfach. In Ihrer Karriere mussten Sie auch die eine oder andere Hürde überwinden, um dorthin zu kommen, wo Sie jetzt sind?

Angefangen hat alles, weil ich Kartsport im Fernsehen gesehen habe, und da habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich das gern einmal probieren möchte. Dem Wunsch sind sie nachgekommen, und ich bin schon bald jeden Dienstag in der Nähe von Salzburg in die Kartschule gegangen. Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. So bin ich richtig in den Kartsport eingestiegen und war dort international sehr gut unterwegs. Nach meinem Sieg 2004 bei der Italian Open Masters wurde ich von Red Bull ins Junior Team aufgenommen. Das hat mir den Einstieg in den Formelsport ermöglicht. Ohne diese Förderung wäre ich nie in ein Rennauto gekommen, denn meine Eltern sind ganz normale Leute. Sie haben immer alles für mich getan, was in ihren Möglichkeiten stand, aber es war von Anfang an klar, dass sie nicht das letzte Hemd verkaufen würden. Es war dann eine schwierige Zeit für mich, als ich den Red Bull Drive verloren habe. Ich war zu dieser Zeit einfach nicht gut genug. Die Entscheidung war für mich absolut nachvollziehbar, weil ich damals einfach nicht das war, was sie gesucht haben. Doch danach war es natürlich wieder schwierig, ein Budget zu finden.

Wie ging es dann für Sie weiter?

Peter Mücke hat uns in dieser Zeit sehr geholfen, und ich konnte weiter in der Formel BMW fahren. Ich wurde Dritter der Gesamtwertung und habe das Formel BMW Weltfinale gewonnen. Die Belohnung war die Fahrt im Formel-1-Auto in Mexico City, und diesen Tag werde ich nie vergessen. Aus Plänen, danach Formel 3 zu fahren, wurde nichts, und so bin ich wieder mit Peter Mücke in der Formel BMW angetreten. Er war ein wichtiger Begleiter auf meinem Weg. 2009 und 2010 bin ich dann in der Formel 2 gefahren, doch auch da war die finanzielle Situation teilweise angespannt. Da haben meine Eltern wieder mit angepackt, mal hat der geholfen, mal der. 2010 war ein extrem charakterbildendes Jahr, weil ich zu den Rennen gereist bin und teilweise am Donnerstag nicht wusste, ob ich am Freitag fahren kann. Da war mir klar, dass es mit der Formel 1 nichts wird. Damals war ich auch schon 21. Und ab da wollte ich unbedingt in Richtung DTM gehen, das war mein großes Ziel. Ich bin zunächst verschiedene Porsche-Markenpokale und GT Masters gefahren – und wurde dann BMW Werksfahrer.

War die Verpflichtung als BMW Werksfahrer der Durchbruch in Ihrer Karriere?

Unbedingt. Ich war 2014 und 2015 in den Markenpokalen erfolgreich, aber der große Durchbruch war ganz klar die Unterschrift unter meinem Werksvertrag. Ich wollte immer für BMW fahren, auch weil ich Formel BMW Junior war. Ich hatte also meine ersten Gehversuche mit BMW Motorsport gemacht, und dass sich der Kreis jetzt so wieder schließt, bis hin zum DTM-Sieg, ist schon eine extrem coole Geschichte. Und ich hoffe, dass da noch viel mehr kommt.

Was haben Sie in Ihrem ersten DTM-Jahr gelernt, das Sie jetzt umsetzen können?

Sehr viel. Ein großer Teil davon ist, dass ich alle Prozesse und Abläufe an einem DTM-Wochenende kennengelernt habe. Es spielt eine wesentliche Rolle für den jetzigen Erfolg, dass ich weiß: Das und das ist dann und dann zu tun. Vor allem auch, was die Arbeit mit meinem Ingenieur betrifft. Dass wir immer gut kommunizieren und auch immer die richtige Zeit finden, um einen Schritt weiter zu gehen. Das war ganz am Anfang schwierig, weil ich gelernt habe, dass das an einem DTM-Rennwochenende einfach viel mit Selbstorganisation zu tun hat. Da musste ich mich erst einmal reinfinden. Das alles gibt dir Routine und Selbstsicherheit. Und ich denke, das ist heuer ein großer Unterschied zum vergangenen Jahr.

Wie arbeiten Sie an sich, um ein noch besserer Fahrer zu werden?

Ich bin extrem motiviert, mich ständig zu verbessern. Ich verbringe viel Zeit beim Team, ich verbringe viel Zeit im Simulator, ich bin viel auf dem Fahrrad oder draußen in den Bergen unterwegs. Ich möchte jeden Tag besser werden und ständig etwas Neues lernen. Das macht mich hoffentlich am Ende wieder um ein halbes Zehntel schneller.

Was ist Ihre Strategie, wenn es mal nicht rund läuft?

Ich stelle mir dann immer die Frage: Habe ich Einfluss darauf – ja oder nein? Wenn, wie zum Beispiel zu Beginn des Rennwochenendes in Hockenheim, irgendwas am Auto ist, habe ich überhaupt keinen Einfluss darauf. Da vertraue ich einfach meinen Ingenieuren und Mechanikern. Das ist das Einzige, was ich da machen kann – und natürlich, positive Stimmung zu verbreiten. Was mich selbst angeht: Mit einem Misserfolg gehe ich mittlerweile wesentlich abgeklärter um. Das kommt einfach mit den Erfolgen und mit der Erfahrung, wie man mit Misserfolgen umgehen muss. Das passiert zum Glück nicht so oft, aber ich habe einen ganz guten Weg, wie ich da schnell wieder rauskomme. Denn oft ist zwischen zwei Rennen wenig Zeit. Da bringt es nichts, wenn du drei Tage lang den Kopf in den Sand steckst. Sondern du musst das, nachdem du die Rennstrecke verlassen hast, abschütteln und dir sagen: Das war jetzt so und beim nächsten Mal wird es wieder besser. Ich versuche einfach immer, extrem positiv zu sein.

Im Januar der Klassensieg in Daytona, jetzt der erste DTM-Sieg und die Tabellenführung, dazu stehen neben der DTM auch noch Klassiker wie Le Mans und die 24 Stunden auf dem Nürburgring auf Ihrem Programm. Ist es bisher ein Traumjahr für Sie?

Nicht nur wegen der Ergebnisse ist es für mich ein absolutes Traumjahr. Ich fahre DTM und werde bei den Hauptevents in den GT-Werkseinsätzen eingesetzt – schon allein das ist fantastisch. Dass wir das Jahr dann gleich mit dem Klassensieg in Daytona begonnen haben, war schon eine extrem coole Geschichte. Ich hoffe, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange war. Wir haben noch zwei sehr wichtige 24-Stunden-Rennen direkt hintereinander, aber erst einmal liegt der Fokus ganz auf Misano.

Wie lautet Ihre Zielsetzung für Misano und die weitere Saison?

Ich denke, dass man in der DTM einfach versuchen muss, konstant vorn dabei zu sein und konstant zu punkten. Du musst nicht unbedingt jedes Rennen gewinnen, sondern einfach immer in den Top-4 oder Top-5 sein. Es ist auch wichtig, im Qualifying Punkte zu sammeln. Das ist mein primäres Ziel.

Wie erreicht man das?

Indem wir einfach so weitermachen wie bisher, nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden, sondern uns auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist gute Vorbereitung und eine einfache, aber selbstbewusste Herangehensweise bei den Rennen.

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