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AF Corse nach Eklat: Titel mit bitterem Beigeschmack

Von Andreas Reiners
AF Corse holte 2021 den Teamtitel

AF Corse holte 2021 den Teamtitel

Für den ganz großen Wurf hat es in der DTM-Saison 2021 nicht gereicht. Deshalb ist der Team-Titel nur ein Trostpflaster für den Rennstall AF Corse.

Vor dem großen Showdown auf dem Norisring hob Ron Reichert den Stellenwert der DTM heraus. «Unser Team war schon in so vielen Meisterschaften am Start, auch bei Weltmeisterschaften, aber ein solches Ausmaß an Berichterstattung überall auf der Welt ist für uns eine absolut neue, großartige Erfahrung. Auch in Italien ist die DTM zunehmend populär», sagte er. Das war am Freitag vor dem Rennwochenende.

Zwei Tage später sprach er erneut über die DTM und sorgte selbst für ein erhöhtes Ausmaß an Berichterstattung. Denn er kritisierte das letzte Rennen der Saison scharf.

Schande für den Sport

«Wir wollen uns nicht zu einer bestimmten Situation, die auf der Strecke passiert ist, äußern. Was hier heute passiert ist, ist eine Schande für den Sport. Das gesamte Rennen ist nicht gut für den Sport, den wir betreiben», sagte Reichert in Sat.1: «Wir hätten das heute fair und sauber ausfahren können, das war aber leider nicht der Fall.»

Was passiert ist, ist bekannt: Liam Lawson, der bereits eine Hand am Pokal hatte, wurde von seinem Titelrivalen Kelvin van der Linde in der ersten Kurve eher mehr als weniger aus dem Rennen befördert. Den Teamtitel hatte sich AF Corse bereits am Samstag gesichert, Lawsons Krönung wäre auch für den Rennstall die Krönung gewesen.

Doch stattdessen nutzte Mercedes die Chance und manövrierte per Teamorder Maximilian Götz zum Champion.

«AF Corse hat die Teammeisterschaft verdient gewonnen, genauso wie Mercedes den Herstellertitel. Wenn einem aber im letzten Rennen auf diese Art und Weise die Titelchancen genommen werden, kann man sicher verstehen, dass sich die Freude bei Ferrari in Grenzen hält», sagte DTM-Chef Gerhard Berger der Bild: «Das Team bzw. die beiden Fahrer Lawson und Cassidy hätten verschiedene Möglichkeiten gehabt, den Rennverlauf nach diesem Manöver noch zu beeinflussen, zum Beispiel auch mit der Provokation eines Safety Car-Einsatzes. Das ist nicht passiert. Daher muss ich an dieser Stelle den Hut vor Ferrari und AF Corse ziehen: Sie haben gezeigt, was sportliche Fairness ausmacht.»

«Der beste Sieg ist immer der nächste», meinte Teamgründer und Chef Amato Ferrari (seine Initialen bilden den Teamnamen) einmal.

Den wichtigsten Sieg, den Fahrertitel, feiern jetzt aber Götz und Mercedes-AMG. Ob AF Corse auch 2022 an den Start gehen wird, hängt auch von der Zusammenarbeit mit Red Bull ab, der Konzern hatte den Einsatz 2021 möglich gemacht.

Bei Red Bull will man die Saison und vor allem die Geschehnisse auf dem Norisring in Ruhe und ohne Emotionen analysieren und dann eine Entscheidung treffen, ob und wie es weitergeht. Ein mögliches Aus ist weiterhin nicht vom Tisch.,

Doch Frust hin oder her: Wer ist AF Corse, wer sind die Italiener, die 2021 Top-Teams wie Abt, Rosberg, Rowe oder Mücke hinter sich gelassen haben?

Amato Ferrari (keine Verwandtschaft mit Enzo Ferrari und seiner Familie) war selbst Tourenwagen-Pilot, entschied sich aber schon im jungen Alter von 28 Jahren, den Helm an den Nagel zu hängen. Das war 1994. Er machte mit dem Management seiner eigenen Crew in Piacenza weiter und baute enge Verbindungen zu Maserati und Ferrari auf.

Große Ehre für AF Corse

Über die Zusammenarbeit mit Ferrari sagt er: «Es ist eine große Ehre, mit Ferrari, der wichtigsten Automarke der Welt, zu arbeiten, der eine einzigartige Erfolgsstory dank harter Arbeit gelang.»

Nach drei Jahren in der italienischen Supertouring-Meisterschaft formte er jene Mannschaft, die seither als AF Corse Furore macht. Sie wurde von Maserati zur Durchführung des Markenpokals Trofeo Cup engagiert. Ab 2004 setzte AF Corse Maserati MC 12-Sportwagen in der FIA-GT-Meisterschaft ein. 2006 auch Ferrari F430, die auf Anhieb das erste Rennen in Silverstone und später die 24 Stunden von Spa gewannen. Als der Weltverband (FIA) die Serie 2010 einstellte, wechselte AF Corse in die Le-Mans-Serie in der GT2-Klasse und ist seither ein Eckpfeiler im GT-Sport.

In dieser Saison bestritt AF Corse Einsätze in der Langstrecken-WM (WEC mit dem Höhepunkt Le Mans), in der GT World Challenge Europe, in der europäischen und asiatischen Le Mans-Serie, in der amerikanischen IMSA-Meisterschaft, der International GT Open und natürlich in der DTM. In Le Mans gelangen 2021 Siege in der GTE Pro- und -AM-Klasse.

Der DTM-Fahrertitel fehlt – vielleicht wagt AF Corse 2022 einen neuen Anlauf – Frust hin oder her.


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