Spielberg-Skandal: Wie geht die DTM heute damit um?
Wie geht die DTM mit dem Skandal um?
Pascal Wehrlein musste lachen, als es um Timo Scheider ging. Mal wieder. Beziehungsweise immer noch. «An ihn habe ich oft gedacht», sagte der amtierende Champion bei seinem Besuch beim DTM-Saisonauftakt in Hockenheim von SPEEDWEEK.com auf seinen speziellen Freund angesprochen. Während Wehrlein inzwischen in der Formel 1 bei Manor fährt und den Audi-Piloten größtenteils nur noch im Fernsehen sieht, kehrt die DTM erstmals seit dem «Schieb-ihn-raus»-Skandal an diesem Wochenende zum zweiten Event der Saison nach Spielberg zurück.
Und natürlich ist der Skandal in der Tourenwagenserie immer noch präsent, schließlich war es derjenige mit der größten Sprengkraft in der Geschichte der DTM. Im August vergangenen Jahres hatte der Funkspruch von Audis Motorsportchef Wolfgang Ullrich zu der skandalträchtigen Kettenreaktion geführt, in deren Folge Timo Scheider die Mercedes-Konkurrenten Robert Wickens und Wehrlein von der Strecke schob.
Die Geschichte ist hinlänglich bekannt, die Folgen inklusive der Rekordstrafe für Audi (200.000 Euro) und der Sperre für Scheider ebenso. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Scheider wurden ebenfalls vor längerer Zeit eingestellt.
Doch wie geht die Serie inzwischen mit ihrem größten Skandal um?
Timo Scheider spricht nur noch ungern über die emotional intensivsten Monate seiner Karriere. Er steckte für die Aktion eine Menge Prügel ein, sein bis dahin einwandfreier Ruf als Rennfahrer hatte einige Kratzer abbekommen. Der zweimalige Meister will endlich wieder sportliche Schlagzeilen schreiben.
Einige andere nehmen es, wie man es heute wohl am besten auch nehmen sollte. Mit einer Portion Humor. Wie Wehrlein, der sich nach dem Skandal einige verbale Scharmützel mit Scheider lieferte. Freunde werden die beiden freilich nicht mehr, abgehakt ist der Skandal für sie trotzdem. Erst recht, nachdem Wehrlein am Ende dann doch den Titel holte.
Auch Mattias Ekström kann darüber lachen. Der Schwede hatte das Rennen damals gewonnen. Sein Problem: Aufgrund des Skandals erinnern sich wahrscheinlich nur noch die Statistiker an seinen Sieg. «Das war wohl der einzige Sieg meiner Karriere, der kaum Aufmerksamkeit bekommen hat. Es gab da ja andere Themen», sagte der zweimalige Meister.
Und auch der damals Geschädigte Wickens sagt heute augenzwinkernd: «Am liebsten wäre es mir, das ganze Feld im Rückspiegel zu sehen. Solange Timo dort nicht auftaucht, könnte es dann ein schönes Wochenende geben.»
Der Kanadier gehörte 2014 ebenfalls zu den Hauptdarstellern einer unschönen Spielberg-Affäre. Er bekam in Führung liegend nach einem Unsafe Release (Unsichere Freigabe beim Boxenstopp) eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt. Mercedes diskutierte mit der Rennleitung über die Richtigkeit der Strafe, Wickens wurde nicht informiert, trat diese nicht innerhalb der vorgeschrieben Zeit an und wurde schließlich disqualifiziert. Die Mercedes-Verantwortlichen tobten, bezeichneten dies als «krasseste Fehlentscheidung in der DTM».
Spielberg hat der DTM in den vergangenen beiden Jahren also reichlich Schlagzeilen beschert, 2015 seit Ewigkeiten sogar mal wieder weltweite. Doch auch wenn negative PR besser als gar keine PR ist, sind solche Skandale in einer Serie, in der es auch um die Vermarktung der Marken geht, für die Hersteller auf Dauer unschön. Denn mehr Aufmerksamkeit hat es im Endeffekt langfristig auch nicht gebracht. Dafür aber immerhin die Botschaft, dass in der Serie nicht immer alles eitel Sonnenschein ist.
Dann lieber ein actionreicher Auftakt mit viel Kleinholz wie in Hockenheim. Mit Adrenalin und Testosteron im Überfluss, mit Lackaustausch, hin und wieder auch mal an der Grenze des Erlaubten. «Das sind die Rennen in der DTM. Das ist kein Kinderspielplatz», sagte Ekström. Erst recht nicht in Spielberg.