DTM: Ist ein BMW-Titel wirklich weniger wert?
Marco Wittmann
Nach der Kritik vor Saisonbeginn verstummte das Thema zunächst. Immer wieder flammte es in der Folgezeit jedoch auf, wenn BMW die Konkurrenz mal dominiert hatte.
Ein heißes Thema wurde es schließlich, als alle drei Hersteller vor dem Rennwochenende in Zandvoort im Juli per Antrag versuchten, einen Teil der Zugeständnisse, genauer gesagt den Gewichtsvorteil, zurückzunehmen. Der DMSB sah allerdings keinerlei Veranlassung dazu, daran etwas zu ändern, da genau das erreicht wurde, was man ursprünglich damit angedacht hatte: Dass alle drei Hersteller in etwas auf einem Niveau unterwegs seien.
Für BMW-Pilot Timo Glock ein Unding, dass der Versuch überhaupt gestartet wurde: «Wenn sich alle die Hände geben und sagen: „So machen wir es“ und mitten im Jahr meinen, weil sie so viel Scheiße bauen: „Es war alles falsch, das drehen wir zurück“: Das macht die DTM kaputt. Das Hin und Her, denn wir müssen in eine Richtung gehen und zusammen an einem Strang ziehen», sagte Glock SPEEDWEEK.com.
Gary Paffett stellte im Interview mit SPEEDWEEK.com jüngst klar: «Wenn man ihnen schon einen Vorteil verschafft, sollte es einer sein, durch den sie mithalten können. Sie können aber durch den Vorteil alle anderen schlagen. Sie führen alle drei Wertungen an.» Der Brite erklärte zudem auch, dass ein eventueller BMW-Titel einen faden Beigeschmack hätte.
Zuvor hatte Audi-Pilot Edoardo Mortara erklärt, BMW spiele Spielchen und habe erst in Moskau so wirklich gezeigt, wie viel Potenzial wirklich im Auto stecke. «Vielleicht haben sie tatsächlich die ganze Zeit Spielchen mit uns gespielt oder sie haben an besagten Wochenenden einfach einen schlechten Job gemacht. Dass ihr Auto nicht schnell genug ist, war definitiv nicht der Grund», sagte Paffett.
Fakt ist, dass sich alle drei Hersteller auf diese Zugeständnisse geeinigt haben, um die Konkurrenzfähigkeit der Münchner zu gewährleisten. Die hatten 2015 Performance-Probleme, auch wenn der Herstellertitel gewonnen wurde. Nun gehen die Meinungen ein wenig auseinander, ob die Zugeständnisse nicht zu viel des Guten waren. Durch erwähnten Antrag taten sich die Hersteller keinen Gefallen und verstärkten selbst diesen Eindruck.
Fakt ist allerdings auch, dass Marco Wittmann in zehn von zwölf Rennen konstant gepunktet hat und selbst seine eigenen Markenkollegen in die Tasche steckt, der Ex-Meister kam schon bei seinem Titelgewinn 2014 mit dem M4 am besten zurecht. Außerdem: Die Titelkandidaten der anderen beiden Hersteller standen sich selbst im Weg oder hatten Pech.
Zur Erinnerung: Mattias Ekström schoss am Norisring Christian Vietoris und Robert Wickens aus dem Rennen, dem Kanadier platzte zudem in Zandvoort kurz vor dem Ziel der Reifen. In Spielberg bekam Mercedes gar nichts auf die Reihe, Wickens ging komplett leer aus. Das schmälert nicht die Wirksamkeit der Zugeständnisse an sich, die Beispiele zeigen aber auch deutlich, dass die aktuellen Tabellenstände nicht nur durch eine BMW-Dominanz zustande kamen. «Wir als BMW können ja nichts dafür, dass andere so viele Punkte auf der Strecke liegen lassen. Und wenn wir Marco nicht hätten, wären wir auch nicht wirklich dabei», sagte Glock.
Man kann von diesen Zugeständnissen halten, was man will: Ob das noch Motorsport ist oder nicht oder ob der Wettbewerbsgedanke ad absurdum geführt wird - am Ende muss man mit der Entscheidung leben. Es ist angesichts der Diskussionen wohl nicht die glücklichste in der Geschichte der DTM.
Wittmann selbst sieht das ganze Thema gelassen. «Effektiv wurde die Entscheidung in Absprache mit allen Herstellern getroffen und mit der fahren wir. Blöd gesagt: Wir haben auch Mercedes Zugeständnisse gemacht, und die wurden 2015 Meister und niemand hat gemeckert», sagte Wittmann und betonte, dass es derzeit im Titelkampf so spannend und abwechslungsreich sei wie noch nie, was bei fünf Titelkandidaten nicht von der Hand zu weisen ist. «Für mich hat es keinen faden oder blöden Beigeschmack, wenn ein oder mehrere Titel dabei herausspringen», stellte Wittmann klar.